Interne Dokumente SBB & Co.: Generalabonnement bald zehn Prozent teurer?

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9.5.2019

Das Generalabonnement könnte deutlich teurer werden.
Das Generalabonnement könnte deutlich teurer werden.
Keystone

Das Generalabonnement ist zu lukrativ – für die Kunden. In einem internen Dokument schmieden SBB & Co. nun Pläne für eine saftige Preiserhöhung.

Einmal tiefer in die Tasche greifen und dafür dann den Rest des Jahres so oft Bahn fahren, wie man möchte – ein Angebot der SBB und ihrer Partner, das inzwischen fast eine halbe Million Schweizer nutzen. Doch genau das scheint CH-Direct zu stören. Aus einem internen Papier geht hervor, dass das Generalabonnement in seiner jetzigen Form dem Zusammenschluss von rund 250 Transportunternehmen zu lukrativ für die Kunden ist: «Gegenüber dem restlichen ÖV-Sortiment ist der GA-Preis verhältnismässig tief beziehungsweise das Preis-Leistungs-Verhältnis zu gut», zitiert der «Beobachter» aus dem Papier.

Vor allem an Abonennten, die so oft Bahn fahren, dass sie den Preis für ihr Generalabonnement schon binnen weniger Monate wieder «eingefahren» haben, verdienen die Anbieter zu wenig: Pro gefahrenen Kilometer bringen Besitzer eines Erste-Klasse-GAs nur einen Erlös von 19,2 Rappen ein, Besitzer eines Zweite-Klasse-GAs sogar nur 13,8 Rappen. Noch in diesem Jahr will CH-Direct dem internen Dokument zufolge beginnen, Konsequenzen zu ziehen – und Generalabonnements verteuern beziehungsweise Vergünstigungen streichen.

Zunächst trifft es Studierende

Noch gibt es für Studierende über 25 ein eigenes GA. Damit könnte schon am Jahresende Schluss sein.
Noch gibt es für Studierende über 25 ein eigenes GA. Damit könnte schon am Jahresende Schluss sein.
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Bereits per Dezember 2019 möchte CH-Direct demnach das GA Junior für Studierende abschaffen. Damit durften Studenten, die zwischen 25 und 30 Jahre alt sind, bisher vergünstigt fahren: Statt 3860 Franken, die normalerweise für ein GA für Erwachsene in der Zweiten Klasse fällig werden, müssen Studenten nur 2650 Franken zahlen. «Neu sollen alle 25-Jährigen einen Rabatt von 500 Franken beim GA erhalten im Übergang zwischen GA Jugend und GA Erwachsene», schwebt den Anbietern vor.

Doch nicht nur auf Studenten über 25 kommen Mehrkosten zu, sollte CH-Direct seine Pläne in die Tat umsetzen: Die zuständigen Transportunternehmen halten «eine (differenzierte) GA-Preiserhöhung von zehn Prozent» für «eine geeignete Massnahme, um die aktuellen Herausforderungen zu adressieren» und räumt sich dafür bis zum Dezember 2021 Zeit ein. Ab dem Fahrplanwechsel würde ein GA Erwachsene in der Zweiten Klasse dann 4250 Franken statt 3860 Franken kosten.

Mit Kritik wird gerechnet

Dass diese Pläne auf Protest stossen dürften, ist CH-Direct bewusst. In dem internen Schriftstück wird deshalb empfohlen, die Preiserhöhung «in einem Schritt» zu vollziehen, um «negative Kunden- und Pressereaktionen» zu bündeln. Doch mit negativen Reaktionen sehen sich die Transportunternehmen bereits jetzt konfrontiert.

So sieht Preisüberwacher Stefan Meierhans schon jetzt zu wenige Anreize für Schweizer, dass Auto zugunsten der Bahn stehen zu lassen: «Die Kostenschere zwischen dem Individual- und dem öffentlichen Verkehr geht immer weiter auf», beklagt er im «Beobachter». «Schockierend» und «komplett verquer zur Klimadiskussion» nennt Grünen-Nationalrat Michael Töngi die Pläne im «Tagesanzeiger»: «Es kann ja nicht sein, dass man ein so attraktives Angebot auf diese Art schwächt». SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher, Gewerkschaftssekretärin des Eisenbahnpersonalverbands, kündigte an, «das Thema für eine der nächsten Kommissionssitzungen zu traktandieren».

Grünen-Nationalrat Michael Töngi reagiert mit Unverständnis.
Grünen-Nationalrat Michael Töngi reagiert mit Unverständnis.
Keystone

Es gibt auch Gegenstimmen

Rückendeckung bekommen SBB und Co. hingegen von Kurt Fluri: «In Anbetracht der in den letzten Jahren erzielten Angebotssteigerungen sind Tarifer­höhungen nicht unberechtigt. Jedenfalls wären solche logischer als die kürzlich bekannt gewordenen Absichten, beim Personal wieder an der Sparschraube zu drehen», sagte der FDP-Nationalrat dem «Tagesanzeiger».

Sein grünliberaler Kollege Jürg Grossen hält Mobilität für grundsätzlich zu günstig und hält eine Preissteigerung für «vertretbar», wenn gleichzeitig auch Auto- und Flugreisen teurer werden würden: «Ein Mobility-Pricing ist die Lösung, denn damit können Zeitpunkt und Umweltfreundlichkeit im Preis abgebildet werden».

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