Folge des KlimawandelsSchmelzende Gletscher: Immer mehr Felsstürze drohen in der Schweiz
tmxh
2.10.2019
In der Schweiz steigt die Bedrohung durch lebensgefährliche Felsstürze immer weiter an. Ursache ist das Schmelzen der Gletscher infolge des Klimawandels.
Über zwei Jahre ist es her, dass beim Felssturz am Piz Cengalo bei Bondo acht Wanderer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ums Leben kamen. Jener 23. August 2017, der einen der grössten Felsstürze der Schweiz seit über 130 Jahren mit sich brachte, zeigte auch: Mit dem Abschmelzen der Schweizer Gletscher werden hierzulande gefährliche Felsstürze wahrscheinlicher. Städte und Gemeinden sind gezwungen, unter einer existenziellen Bedrohung zu leben.
Nachdem vor zwei Jahren bei Bondo drei Millionen Kubikmeter Gestein den Berg hinunter stürzten und eine Kettenreaktion auslösten, die massive Überschwemmungen verursachte und Brücken, Strassen und Häuser zerstörte, war es vergangenen Monat wieder so weit: Der Donner tönte abermals, wieder fielen Steine vom Gipfel des Piz Cengalo.
«Du hörst es, und du weisst sofort, was es ist. Dann sieht man den ganzen Staub», zitiert der britische «Guardian» in einer Reportage den stellvertretenden Bürgermeister der Gemeinde, Fernando Giovanoli. Er hatte den Steinschlag von seinem Haus am Berghang beobachten können. Derlei Felsstürze sind in dem Tal, in dem seit über 1'000 Jahren Menschen leben, in der vergangenen Zeit häufiger geworden.
Schockierende NASA-Aufnahmen zeigen Folgen des Klimawandels
Regelmässig publiziert die US-Raumfahrtbehörde NASA im Bildarchiv «Images of Change» frappierende Vorher/Nachher-Aufnahmen aus dem All von zahlreichen Regionen der Welt. Diese Satellitenbilder zeigen den Süden Sri Lankas am 29. Januar 2017 (links) und am 28. Mai 2018 (rechts) nach 48-stündigem Extremregen. Die dadurch hervorgerufenen Überflutungen kosteten hunderte Menschen das Leben, Tausende verloren ihr Zuhause. Insgesamt wurden 630'000 Menschen von den Überschwemmungen betroffen.
Bild: NASA
Die Provinz Westkap in Südafrika leidet seit 2015 unter einer Dürre. Entsprechend stark nahm der grösste Wasserspeicher der Gegend, das Theewaterskloof-Reservoir, zwischen 18. Oktober 2014 (links) und dem 10. Oktober 2017 (rechts) ab.
Bild: NASA
Die höchsten Gipfel des Sudirman-Gebirges im indonesischen Teil der Insel Neuguinea waren trotz der äquatorialen Lage kalt genug, dass sich hier Gletscher (blau) bilden konnten. Zwischen dem 19. März 1988 (links) sind dem 30. Januar 2017 (rechts) sind die Eismassen jedoch dramatisch geschmolzen.
Bild: NASA
Die Gegend um die Hamrin-Berge im Nordirak am 18. Juni 2014 (links) und während des Brandes an einem Ölbohrloch (rechts) am 29. September 2017. Mit «Oil Spill» gekennzeichnet ist der Austritt von Öl im Ackerland auf einer Länge von rund 11 Kilometern.
Bild: NASA
Wo im Jahr 2011 im US-Bundesstaat Kalifornien noch Landwirtschaft betrieben wird (links), ist 2015 die «Topaz Solar Farm» aus dem Boden geschossen. Ihre Panele bedecken 24,6 Quadratkilometer Fläche und liefern genug Strom für 160'000 Haushalte.
Bild: NASA
Städtisches Wachstum: In den 1980er Jahren lebten im ägyptischen Städtchen Hurghada am Roten Meer rund 12’000 Menschen (links: Aufnahme vom 28. Januar 1985), heute (rechts: Am 28. November 2014) sind es 250’000 Personen, rund eine Millionen Touristen kommen jährlich.
Bild: NASA
Schmelzende Eismassen: Der Mýrdalsjökull, der viertgrösste Gletscher Islands, bedeckt den Vulkan Katla. Links sieht man ihn im Jahr 1986, rechts im September 2014 – vulkanische Aktivität und der Klimawandel haben ihm stark zugesetzt.
Bild: NASA
Der Columbia-Gletscher in Alaska im Jahr 1986 (links) wurde bis 2014 (rechts) stark dezimiert.
Bild: NASA
Vertrocknende Seen: Der Aral-See zwischen Kasachstan und Usbekistan war bis 1960 der viertgrösste See der Welt, seit damals zweigt man Wasser aus dem Zufluss für die Landwirtschaft ab. Wo 2000 (links) noch grünes Wasser zu erkennen ist, kann man nach einer Trockenperiode im Jahr 2014 trockenen Fusses spazieren gehen.
Bild: NASA
Der Lake Powell im US-Bundesstaat Utah im Jahr 1999 (links) hat nach Jahren der Dürre und stetiger Wasserentnahme im Jahr 2014 nur noch 42 Prozent seiner Kapazität.
Bild: NASA
Bevölkerungswachstum: Ägyptens Hauptstadt Kairo ist zwischen 1987 (links) und 2014 (rechts) von 6 Millionen Einwohnern auf 15 Millionen angewachsen.
Bild: NASA
Ausbau der Infrastruktur: Der Dallas-Fort Worth International Airport bei seiner Eröffnung im Jahr 1974 und mit neuen Runways im Jahr 2013 (rechts). Der Flughafen ist heute einer der grössten der USA und bedeckt eine Fläche von 78 Quadratkilometern.
Bild: NASA
Der See Urmia im Iran im Jahr 2000 (links) und im Jahr 2013 (rechts) schrumpft beständig. Seit der Steinzeit ein Ort für menschliche Ansiedlungen, dreht man ihm durch Dämme und Wasserentnahme aus den Zuflüssen zusehends das Wasser ab.
Bild: NASA
Schmelzende Eismassen: Der Mýrdalsjökull, der viertgrösste Gletscher Islands, bedeckt den Vulkan Katla. Links sieht man ihn im Jahr 1986, rechts im September 2014 – vulkanische Aktivität und der Klimawandel haben ihm stark zugesetzt.
Bild: NASA
Abholzung: Die Region Rondônia im Nordwesten von Brasilien ist von einer halben Million Einwohnern in den 1980ern auf 1,5 Millionen im Jahr 2009 angewachsen – der Amazonas-Regenwald (links im Jahr 1975) wurde hier dramatisch reduziert.
Bild: NASA
In den Rwenzori-Bergen zwischen Uganda und Kongo bedecken Gletscher die Berggipfel (links im Jahr 1987). Durch verschiedene Klimaeinflüsse sind die Gletscher bis 2003 um die Hälfte geschrumpft., durch verschiedene Klimaeinflüsse.
Bild: NASA
Der Northwestern-Gletscher in Alaska im Jahr 1940 (links) hat sich bis zum Jahr 2005 (rechts) sehr weit zurückgezogen.
Bild: NASA
Rohstoff-Ausbeute: Die La Escondida-Mine in Chile ist die grösste Kupfermine der Erde. Sie frisst sich auf einem riesigen Gebiet durch die Atacama-Wüste: Links im Jahr 1975, rechts 2008.
Bild: NASA
Immer mehr Steinschläge
In der ganzen Schweiz häufen sich die Berichte über Steinschläge, die zum Teil Strassen blockiert und die Infrastruktur zerstört haben. Für die Schweizer Behörden stellen die immer häufiger auftretenden Steinschläge eine grosse Herausforderung dar. Wesentlicher Grund sind die schmelzenden Gletscher der Schweizer Alpen, deren Böden tauen und damit verbundene Naturkatastrophen wahrscheinlicher machen.
Die Gründe dafür sind komplex. Die Struktur der Berge und ihre Erosion über Jahrtausende hinweg, spielen ebenso eine Rolle wie das sich erwärmende Klima. In den letzten 120 Jahren sind die Temperaturen in den Alpen um knapp zwei Grad Celsius – doppelt so viel wie im globalen Durchschnitt. «Der Klimawandel hat direkte Auswirkungen auf die Eismassen und die schmelzenden Gletscher», zititert der «Guardian» Andreas Bauder, Glaziologe an der ETH Zürich.
Gletscher, erklärt der Wissenschaftler, tragen zur Stabilität der Alpen bei, weil sie einerseits den Fels stabilisieren können und weil sie andererseits die Berge vor Niederschlägen schützen. Wenn Wasser in den Berg sickert, kann das zu Erosion und Steinschlag führen. Die Folge: Katastrophen wie jene bei Bondo.
«Wenn wir unsere Klimaziele erreichen, hoffen wir, dass sich die Gletscher erholen», sagt Bauder. «Aber selbst wenn wir sie erreichen, wird es eine Weile dauern, bis sich das Klima erholt hat. Die Gletscher werden erst danach reagieren.» Aufgrund des Klimawandels, so der Experte, seien die Hälfte unserer Gletscher bereits verloren und werden bis 2050 vollständig geschmolzen sein.
Immer wieder gehen in der Schweiz und auf der ganzen Welt tausende Schüler und Schülerinnen für das Klima auf die Strasse. Aber was passiert da überhaupt mit unserem Klima? Wissen Sie Bescheid?
Bild: Keystone
In Europa gab es bis vor rund 250 Jahren noch eine kleine Eiszeit. Das Klima hat sich also immer schon gewandelt. Wo liegt das Problem?
Bild: Keystone
Menschgemachter Klimawandel ist ein Problem, weil er viel schneller passiert als der natürliche. Die Natur kann sich nicht so schnell anpassen. Deswegen kommt es zu immer extremeren Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Stürmen oder Erdrutschen, wie 2017 in Bondo im Tessin.
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Erdöl kommt ja auch aus der Natur. Warum ist es so schädlich für das Klima?
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Durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Erdöl, Stein- und Braunkohle sowie Erdgas werden unnatürlich grosse Mengen CO2 ausgestossen. Zum Vergleich: Alle Vulkane auf der Welt stossen jährlich etwa 200 Millionen Tonnen CO2 aus, während unsere Automobil- und Industrieaktivitäten jedes Jahr weltweit rund 24 Milliarden Tonnen CO2-Emissionen verursachen.
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Und weshalb ist CO2 so gefährlich für das Klima?
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In sehr kleinen Mengen produziert jeder Mensch CO2, wenn er ausatmet. Das Problem ist die Menge. Weil CO2 Wärme speichert, gilt also: Je mehr CO2 in der Atmosphäre, desto wärmer wird es auf der Erde. Solche Gase nennt man auch Treibhausgase.
Bild: Keystone
Was genau ist der Treibhaus-Effekt?
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Wie die Glasfassade beim Treibhaus lässt die Atmosphäre Sonnenstrahlen hinein, die dann in Wärme umgewandelt werden. Ohne diesen Effekt wäre es -18°C kalt auf der Erde. Prinzipiell braucht es den Treibhauseffekt also. Durch das viele CO2 in der Luft wird dieser Effekt aber zusätzlich verstärkt und es wird zu warm.
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Kann CO2 auch wieder aus der Luft herausgefiltert werden?
Bild: Keystone
Ja. Das Edelgas ist die «Nahrung» der Bäume. Diese nehmen CO2 auf und wandeln es in Sauerstoff um (Photosynthese). Heute wird aber viel mehr CO2 produziert, als die Bäume der Welt wieder abbauen können. Zudem werden auch immer mehr Wälder abgeholzt.
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Welche anderen wichtigen klimaschädlichen Gase gibt es neben CO2 noch?
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Zum Beispiel Methan (CH4). Es speichert 25 Mal mehr Wärme als CO2 und ist deshalb auch noch gefährlicher. Methan entsteht in grossen Mengen in der Fleischproduktion, nämlich durch die Verdauung der Kühe. Weiter ist Lachgas (N2O) problematisch. Es entsteht in überdüngten Feldern wenn der Stickstoffdünger nicht richtig von den Pflanzen abgebaut wird. Lachgas ist sogar 250 Mal stärker als CO2 in seiner Treibhausgaswirkung!
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Wieviel wärmer ist es schon geworden durch uns Menschen in den letzten 100 Jahren?
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Weltweit ist es durchschnittlich bereits 0.9°C wärmer geworden. In der Schweiz sogar ganze 1.4°C. Das ist so warm, dass wir unsere Gletscher mit Vlies abdecken müssen, damit sie etwas weniger schnell dahinschmelzen.
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