Kritik an Schwarzen Listen Schwarze Listen: Krankenkasse zahlte Rechnung für Geburt nicht

SDA

6.5.2018

Eine Hebamme hört in ihrer Praxis mit einem CTG die Herztöne eines Babys ab. (Symbolbild)
Eine Hebamme hört in ihrer Praxis mit einem CTG die Herztöne eines Babys ab. (Symbolbild)
Foto: Uli Deck/DPA

Wer seine Krankenkassenprämien nicht bezahlt, wird in einigen Kantonen nur noch in Notfällen medizinisch versorgt. Die «SonntagsZeitung» kritisiert solche Leistungsverweigerungen und beruft sich auf ein neues Urteil des St. Galler Versicherungsgerichts.

In der Schweiz führen gegenwärtig neun Kantone schwarze Listen mit säumigen Zahlerinnen und Zahlern von Krankenkassenprämien. Wer dort aufgeführt ist, kann nur noch in Notfällen medizinische Leistungen in Anspruch nehmen.

Diese Praxis löst immer wieder Kritik aus. In der aktuellen Ausgabe der "SonntagsZeitung" wird auf einen Entscheid des St. Galler Versicherungsgerichts vom 26. April zu diesem Thema verwiesen.

Entbindung als Notfall eingestuft

Im strittigen Fall geht es um eine Frau, die für eine Entbindung ins Spital musste. Weil sie zuvor ihre Prämien nicht bezahlt hatte und deswegen betrieben worden war, weigerte sich der Krankenversicherer, die Kosten dafür zu übernehmen. Das St. Galler Kantonsspital wollte nicht auf der Rechnung sitzen bleiben und klagte gegen die Krankenkasse.

Das Versicherungsgericht musste entscheiden, ob es sich bei der Entbindung um eine Notfallbehandlung gehandelt hatte.

Der Krankenversicherer argumentierte unter anderem, die Frau habe vor dem Geburtstermin vier Monate Zeit gehabt, ihre ausstehenden Prämien zu zahlen. Es mute falsch an, in dieser Konstellation den Termin abzuwarten und dann einen Notfall geltend zu machen.

In seinem im Internet veröffentlichen Urteil kommt das St. Galler Versicherungsgericht zum Schluss, die Entbindung sei im Zeitpunkt des Eintritts ins Spital notwendig und unaufschiebbar gewesen. Es habe sich dabei um eine Notfallbehandlung gehandelt.

Zu eng gefasst

Auf den schwarzen Listen würden nicht nur zahlungsunwillige, sondern auch zahlungsunfähige Personen aufgeführt. Dem Eintrag gehe schliesslich eine erfolglose Betreibung voraus.

Grundsätzlich hält das Versicherungsgericht fest, eine zu enge Auslegung des Notfallbegriffs würde das Ziel der obligatorischen Krankenversicherung und damit die Gewährleistung einer umfassenden Grundversorgung für alle aushöhlen. In Fällen, "in denen Medizinalpersonen eine Beistandspflicht zukommt", sei von einer Notfallbehandlung auszugehen.

Die Klage des Kantonsspitals wurde gutgeheissen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann weitergezogen werden.

Umstrittene Listen

Sinn und Zweck der schwarzen Listen sind in verschiedenen Kantonen umstritten. Der Kanton Graubünden hat kürzlich angekündigt, dass man die Liste wieder abschaffen werde. Die Mehrheit der Krankenversicherer unterlasse eine Meldung, hatte der zuständige Regierungsrat erklärt. Dies führe zu einer Ungleichbehandlung

Im Kanton St. Gallen werden ähnliche Erfahrungen gemacht. Das Meldesystem funktioniere schlecht, dies zeige die Zahl der Personen auf der Liste, beantwortete das Amt für Gesundheitsversorgung letzte Woche eine Anfrage der Nachrichtenagentur SDA.

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