Wegen Missbrauchsfällen Schweizer Bischofskonferenz will Strafgericht einrichten

SDA/phi

23.9.2023 - 08:38

Die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) will im Zuge der im Rahmen der unlängst veröffentlichten Studie der Universität Zürich (UZH) über Missbrauchsfälle ein kirchliches Straf- und Disziplinargericht für die Kirche in der Schweiz einrichten. 
Die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) will im Zuge der im Rahmen der unlängst veröffentlichten Studie der Universität Zürich (UZH) über Missbrauchsfälle ein kirchliches Straf- und Disziplinargericht für die Kirche in der Schweiz einrichten. 
Archivbild: Keystone

Die Schweizer Bischofskonferenz will wegen Missbrauchsfällen ein kirchliches Straf- und Disziplinargericht für die römisch-katholische Kirche einrichten.

Keystone-SDA, SDA/phi

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  • Wegen Missbrauchsfällen: Die Schweizer Bischofskonferenz richtet ein kirchliches Straf- und Disziplinargericht ein.
  • Die zivile Strafverfolgung hat weiter Vorrang.
  • Die Missbrauchsstudie der Uni Zürich soll fortgesetzt werden.
  • Eine nationale Dienststelle soll Opfermeldungen sammeln.

Die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) will nach Bekanntwerden der Missbrauchsfälle ein kirchliches Straf- und Disziplinargericht für die römisch-katholische Kirche in der Schweiz einrichten. Das Gericht soll sich bei Verstössen gegen das Kirchengesetz mit Sanktionen befassen, wie die SBK heute mitteilte.

Vorrang hätten weiterhin die zivilen schweizerischen Strafgesetze und die Strafverfolgungsbehörden würden bei allen Fällen von Missbrauch oder anderen Straftaten, die im kirchlichen Umfeld begangen werden oder begangen worden seien, zwingend eingeschaltet.

Das kirchliche Gericht soll sich jedoch zusätzlich dazu mit Sanktionen befassen, die verhängt werden müssen, wenn ein Verstoss gegen ein Kirchengesetz vorliege, hiess es weiter. Um die Einrichtung eines solchen nationalen Gerichts zu konkretisieren, würden die Schweizer Bischöfe laut der Mitteilung in den kommenden Wochen das Gespräch mit den Verantwortlichen des Vatikans suchen.

Sofortmassnahmen bis Ende 2024 umsetzen

Weiter beschlossen die drei Auftraggeberinnen der Studie über die Missbrauchsfälle - die SBK, die römisch-katholische Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ) und die römisch-katholischen Ordensgemeinschaften der Schweiz (KOVOS) - zusätzliche Sofortmassnahmen. Die nationale Studie über Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche soll durch die zwei Historikerinnen der Universität Zürich, welche die Pilotstudie durchgeführt haben, von 2024 bis 2026 weitergeführt werden.

Weiter soll eine nationale Dienststelle zur Sammlung von Opfermeldungen eingerichtet werden, wie die SBK weiter mitteilte. Des Weiteren hätten alle Mitglieder der SBK eine persönliche Verpflichtung unterzeichnet, dass alle kirchlichen Archive unter ihrer Verantwortung weiterhin zugänglich sind und keine Dokumente vernichtet werden.

Die SBK beschloss zudem, ein gründliches psychologisches Abklärungsverfahren für Seminaristen und Noviziatskandidaten sowie für die Ausbildung von anderen Seelsorgerinnen und Seelsorgern einzuführen. Das gebe es bereits in vielen Regionen, doch werde dieses Abklärungsverfahren nun schweizweit standardisiert und professionalisiert und sei überall obligatorisch. Weiter sollen die Personalakten aller pastoralen Mitarbeitenden professionalisiert werden. Die Sofortmassnahmen sollen bis spätestens Ende 2024 umgesetzt werden.

Bericht dokumentiert Missbrauch

Die Forschenden der Universität Zürich zählten in ihrer am 12. September veröffentlichten Pilotstudie mindestens 1002 Fälle von sexuellem Missbrauch durch katholische Kleriker und Ordensangehörige seit 1950. Nach Ansicht der Forschenden handelt es sich dabei nur um die Spitze des Eisbergs, da die meisten Fälle nicht gemeldet und die Dokumente vernichtet wurden.

Die Missbräuche wurden laut dem Studienbericht von 510 Personen an 921 Opfern verübt. Knapp 56 Prozent der Opfer waren männlich. Die Täter waren bis auf wenige Ausnahmen Männer. In 74 Prozent der Fälle waren die Opfer minderjährig.

Der Bericht dokumentiert Missbrauchstaten von problematischen Grenzüberschreitungen bis hin zu schwersten, systematischen Vergewaltigungen und Schändungen. Zahlreiche Fälle seien von der katholischen Kirche verschwiegen, vertuscht oder bagatellisiert worden, sagte eine Studienautorin.