460 Millionen für Villenbesitzer?Der Kampf ums Zürcher Seeufer geht in die heisse Phase
Von Alex Rudolf
16.1.2024
Am 3. März entscheidet das Zürcher Stimmvolk, ob es einen durchgehenden Seeuferweg am Zürichsee will. Die Befürworter werfen den Gegnern nun vor, mit dem Zweihänder zu argumentieren.
Von Alex Rudolf
16.01.2024, 19:18
Alex Rudolf
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Soll der Zürichsee mit einem Seeuferweg für Fussgänger*innen erschlossen werden? Diese Frage entscheidet sich am 3. März an der Urne.
Die Gegner*innen formieren sich in einem Komitee und argumentieren gegen das Projekt. Es sei zu teuer und schädlich für die Umwelt.
Doch die Befürworter monieren nun, dass mit fehlerhaften Argumenten hantiert werde.
Benötigt der Zürichsee einen Uferweg? Seit Langem wird im Kanton genau über diese Frage gestritten. Nun hat die Stimmbevölkerung am 3. März an der Urne das letzte Wort und entscheidet über die Uferinitiative.
Konkret verlangt die Initiative, dass See- und Flussufer freigehalten und der öffentliche Zugang sowie die Begehung erleichtert werden. Finanziert würden solche Projekte aus dem Strassenfonds, wie es in der Abstimmungszeitung heisst.
Ziel ist es, dass der Zürichsee bis 2050 über einen durchgehenden Seeuferweg verfügt. Falls nötig, würde dieser auch durch private Gärten führen. Wo dies nicht möglich ist, würden Stege erstellt, wie oben im Bild der Cassiopeiasteg in Zürich. Denn Gewässer seien öffentlich und Ufer müssten es demnach auch sein.
Dafür sind die Kantonale SP, die Grünen des Kantons Zürich und die AL. Kantonsrat und Regierungsrat empfehlen den Stimmberechtigten, ein Nein in die Urne zu legen. Auch ein überparteiliches Komitee aus Vertreter*innen der SVP, FDP, Mitte, GLP und EDU wurde gegründet. Mitglieder des Gegenkomitees sind aber auch die Berufsfischer und zwei Dutzend Gemeinde- und Stadtpräsident*innen.
«Initiative ist gefährlich»
Die Initiative töne gut, sagt der Herrliberger Domenik Ledergerber. Er ist Präsident der Zürcher SVP und sagt zum «Tages-Anzeiger» über die Initiative: «Aber sie ist gefährlich.»
Denn ein durchgehender Uferweg wäre schädlich für die Natur und Landschaft und darüber hinaus unverhältnismässig teuer. Gegen 500 Personen sind dem Komitee bereits beigetreten.
Sind Pfahlbauer-Fundstellen noch sicher?
Eine Steglösung sei nicht über jeden Zweifel erhaben, moniert der Gemeindepräsident von Horgen Beat Nüesch (FDP). «Vor Horgen gibt es Fundstellen mit Pfahlbauten. Sollte da ein Steg gebaut werden, wäre der Schutz der Fundstellen nicht mehr gewährleistet.»
Der Kanton geht von Kosten von rund einer halben Milliarde für die zu bauenden 12,6 Kilometer Seeuferweg aus. «Warum sollen wir anderen Gemeinden der Goldküste einen Goldküstenweg finanzieren?», fragte Nationalrätin Yvonne Bürgin (Mitte).
Der Verein «Ja zum Seeuferweg» reagiert prompt auf diese Kritikpunkte. So würden die Gegner*innen der Initiative zum Zweihänder greifen, Tatsachen verdrehen und bestehendes Recht verschweigen, heisst es in einer Medienmitteilung.
Initianten: Baukosten betragen 40 Millionen Franken
Dass die Baukosten rund eine halbe Milliarde Franken betragen sollen, sei falsch. Die effektiven Baukosten würden sich auf 38,2 Millionen Franken belaufen. Dies habe eine vom Regierungsrat in Auftrag gegebene Studie ergeben.
Die restlichen 460 Millionen Franken seien für die Entschädigungsforderungen von Villenbesitzer*innen veranschlagt worden. Dies sei aber nichts anderes als eine Drohkulisse, die der Regierungsrat aufbauen wolle. Überhöhte Forderungen würden vor Gericht wenig Bestand haben, heisst es in der Mitteilung.
Darüber hinaus belaste die Uferweginitiative die Flora und Fauna nicht. Denn «wildes Parkieren, Lärm, Littering und die Spassgesellschaft» seien gesamtgesellschaftliche Probleme und könnten der Initiative nicht angelastet werden. Zudem seien Privatgärten entlang des Zürichsees nicht zwingend wertvolle Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Dies zeige ein Blick auf die Kunstrasen, Buchshecken und Bambushaine am See.