Schweizer Sanktionen gegen Iran Setzt der Bundesrat die Rolle als Vermittlerin aufs Spiel?

Von Andrea Moser und Alex Rudolf

1.11.2022

Aussenpolitiker*innen sind uneins, was die Sanktionen gegen Iran angeht: Den Linken gehen sie zu wenig weit und die Rechten fürchten um die Neutralität.

Von Andrea Moser und Alex Rudolf

1.11.2022

Die Schweiz übernimmt EU-Sanktionen gegen den Iran. Wer aber glaubt, dass es sich dabei um eine Reaktion auf die blutigen Unterdrückungen von Protesten geht, der irrt.

Mit den Sanktionen soll der Iran wegen der Unterstützung des russischen Kriegs gegen die Ukraine geahndet werden. Konkret geht es um das Unternehmen Shahed Aviation Industries sowie drei ranghohe Militärs. Diese sollen an der Entwicklung und Lieferung von Kampfdrohnen an Russland beteiligt gewesen sein, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) mitteilt.

Bereits am Wochenende wurde bekannt, dass SP-Ständerat Daniel Jositsch der aussenpolitischen Kommission APK beantragt, dass die Schweiz den Iran sanktionieren solle. Dabei handle es sich um jene Sanktionen, welche die EU und die USA bereits verhängt haben.

Doch dies ist kontrovers. Denn die Schweiz vertritt seit 1980 die Interessen der USA im Iran und umgekehrt. Droht dieses sogenannte Schutzmachtmandat zu erodieren mit der Übernahme der Sanktionen?

«Bundesrat soll sich Beispiel an Deutschland nehmen»

Nationalrätin und APK-Mitglied Sibel Arslan (Grüne/BS) ist erfreut darüber, dass der Bundesrat aktiv wird. «Es braucht aber mehr Massnahmen und solche, die auf das iranische Regime zielen», sagt sie. Der Bundesrat solle sich dabei ein Beispiel an Deutschland nehmen, das seine Sanktionen bereits verschärft habe.

APK-Mitglied und Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter unterstützt die Übernahme der EU-Sanktionen. Denn die Militärgüterlieferung an Russland solle so aufs Schärfste verurteilt werden, sagt sie zu blue News.

Anderer Meinung ist APK-Präsident Franz Grüter (SVP/LU). «Das ist sehr mutlos. Ich finde das keine gute Entscheidung. Es wird den Menschen im Land keine Verbesserungen bringen», sagt er. Die Schweiz habe eine ganz spezielle Vermittlerrolle und einen sehr guten Zugang zum Iran und zur iranischen Regierung. «Ich glaube, die Schweiz könnte viel mehr zur Besserung der Situation im Iran beitragen, wenn sie die Sanktionen nicht übernehmen würde», so Grüter.

«Der Bundesrat muss abwägen»

Verspielt die Schweiz so tatsächlich ihren Ruf als Vermittlerin? «Nein», sagt Arslan und betont: «Das Hauptinteresse der Schweiz muss es sein, die eignen Werte zu vertreten. Warum wir länger ein Regime vertreten sollen, das derart erbarmungslos gegen das eigene Volk vorgeht, ist unverständlich.»

Schneider-Schneiter ist vorsichtiger. «Wir sollten alles daran setzen, um das Schutzmachtmandat beizubehalten», sagt sie. «Der Zivilgesellschaft nützen wir damit mehr. Der Bundesrat muss abwägen.»

Für Grüter sind allfällige Konsequenzen schwierig abzuschätzen. «Das Schlimmste wäre, wenn der Iran die Schweiz nicht mehr für das Schutzmachtmandat zwischen dem Iran und der USA akzeptiert.» Dort hat die Schweiz eine spezielle Vertrauensrolle auf beiden Seiten. Die Schweiz sei eine Art Briefträgerin zwischen den beiden Ländern. «Darum haben wir auch einen präferierten Zugang zum Iran. Dieser hat es ermöglicht, Probleme und Missstände im Land anzusprechen.»