Sexualaufklärung in der SchweizSexualkundebücher verschweigen die Klitoris
tjb
27.11.2018
Die konservative «Stiftung Schweiz» will mit eigenen Lehrmitteln den Sexualkundeunterricht beeinflussen. Dabei wird das Wort Klitoris nicht einmal erwähnt.
«Wir Powergirls» und «Rakete startklar»: Das sind gemäss der «Tageszeitung» (taz) die Namen der neuen Sexualkunde-Lehrmittel der «Stiftung Zukunft Schweiz». Demnach wolle die konservative Stiftung zehn bis dreizehnjährige Kinder über Sexualität aufklären. Die Publikationen kommen ansprechend daher. Auf den ersten Blick sei wenig zu beanstanden, die Lehrmaterialien würden nach methodischen Standards aufgebaut, so die taz.
Erst der zweite Blick enthülle ihre Rückständigkeit. Während die einzelnen Organe, die der Fortpflanzung dienen, beschriftet werden sollen, bleibt der Bereich zwischen Vagina und Schambein leer. Dort scheine nichts Relevantes zu sein, wie die taz schreibt. Hier gebe es nichts, was man wissen müsse, suggeriere die Auswahl.
«Reaktion auf die zunehmende Islamisierung»
Wie kommt es, dass Lehrmaterialien aus dem Jahr 2018, die von der Stiftung Zukunft Schweiz kürzlich zur Verwendung an Schweizer Schulen zur Sexualaufklärung beworben wurden, das Wort Klitoris nicht einmal erwähnen?
Die Lehrmittel sind ein Projekt der gemeinnützigen Stiftung Zukunft Schweiz, die nach eigenen Angaben um die Zukunft der Schweiz besorgt ist. Die Gründung der Stiftung erfolgte 2006 als «Reaktion auf die zunehmende Islamisierung auch in unserem Land und in Europa», heisst es auf der Website. Mit Vokabeln aus dem rechten Diskurs wie «Kein Gender-Gaga» bewirbt der Verlag die Bücher.
Bewusstes Verschweigen der Klitoris
Sexuelle Gesundheit Schweiz, die Dachorganisation der Beratungsstellen für sexuelle Gesundheit in Beratung und Bildung, verfasste kürzlich einen Brief an die Bildungsdirektorin des Kantons Zürich.
Darin wird das bewusste Verschweigen der Klitoris und die ausschliesslich negative Darstellung von Themen wie Selbstbefriedigung und Pornografie kritisiert. «Eine ganzheitliche Sexualaufklärung enthält den Lustaspekt, also Sexualität als etwas Schönes, als etwas Positives», sagt Annelies Steiner, Sexualpädagogin bei Sexuelle Gesundheits Schweiz gegenüber der taz. «Was auch gar nicht thematisiert wird, ist sexuelle Vielfalt.» Für Steiner erfüllt das Lehrmittel die «Standards für die Sexualaufklärung in Europa» der WHO Europa und der BZgA nicht.
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