Gstaad BE So billig kommt ausländische Milliardäre die Pauschalbesteuerung

uri

1.4.2019

Besonders schöne Aussichten haben in Gstaad die Superreichen. Im Bild: Die «Mirage Gstaad» des Künstlers Doug Aitken.
Besonders schöne Aussichten haben in Gstaad die Superreichen. Im Bild: Die «Mirage Gstaad» des Künstlers Doug Aitken.
Bild: Keystone

Steuerdaten ausländischer Milliardäre zeigen, wie wenig sie durch den Deal einer Pauschalbesteuerung in Gstaad zu zahlen hatten: Ihr tatsächlicher Lebensaufwand wurde für die Steuerlast nämlich gar nicht herangezogen.

Laut der Berner Steuerverwaltung werden im Kanton keine billigen Deals für vermögende Ausländer ausgehandelt. Steuerdaten von ausländischen Milliardären in Gstaad, die dem Recherchedesk von Tamedia vorlagen, zeigen jedoch eine andere Wahrheit.

Milliardäre wie der französische Zuckerfabrikant Jean Claude Mimran, das griechische Reeder-Paar Theodoros und Gianna Angelopoulos-Daskalaki oder Formel-1-Urgestein Bernie Ecclestone hätten demnach in den Jahren 2008 bis 2011 jeweils nur rund 400'000 bis 500'000 Franken Kantons-, Bundes- und Gemeindesteuern bezahlt. Bei einem zweifachen Milliardär entspräche das etwa lediglich einem Viertausendstel des Vermögens, rechnet der «Tages-Anzeiger» vor.



Zustande kommt ein solch niedriger Steuerbetrag zunächst dadurch, dass Pauschalbesteuerte eben nicht nach ihrem Einkommen und Gesamtvermögen, sondern lediglich nach ihren Lebenshaltungskosten veranlagt werden.

Lebenshaltungskosten im Ausland nicht herangezogen

Obwohl die Eidgenössische Steuerverwaltung bereits 1993 klar festgelegt hat, dass dazu die Lebenshaltungskosten gehörten, die «im In- und Ausland» anfallen, habe man im Kanton Bern laut den Recherchen zwischen 2008 und 2011 nur Ausgaben im Inland zugrunde gelegt. Es seien also viel zu tiefe Lebenshaltungskosten angesetzt worden, denn etwa extrem teure Luxusjachten oder Villen im Ausland seien dabei nicht herangezogen worden.



Bern und andere Kantone hätten mit dieser Praxis auch nach Auffassung des Bundesrates gegen «geltendes Recht» verstossen – und täten es «womöglich bis heute», schreibt der «Tages-Anzeiger». So habe sich etwa der Kanton Jura 2011 beim Bundesrat dafür eingesetzt, dass man den weltweiten Aufwand der Lebenshaltungskosten nicht berechnen wolle, weil gerade dann «ein zentraler Vorteil der Aufwandbesteuerung zunichtegemacht» werde.

Falsche Informationen bei der Abstimmung

Auch hätten die Behörden ihr Vorgehen bis jetzt nicht offengelegt, schreibt die Zeitung. Ebenfalls sei der Stimmbürger in der Abstimmung über die Abschaffung der Pauschalsteuer im Jahr 2014 falsch informiert worden, denn im Abstimmungsbüchlein sei festgehalten worden, reichen Ausländern würden die «Lebenshaltungskosten im In- und Ausland» berechnet. Das Argument der Pauschalsteuer-Gegner war damals, dass Pauschalbesteuerte zu wenig Steuern bezahlten und dadurch die Steuergerechtigkeit verletzt werde.

Obwohl die revidierte Gesetzgebung zur Pauschalsteuer bereits 2016 in Kraft trat und seither explizit im Gesetz steht, dass die weltweiten Lebenshaltungskosten zu gelten haben, sei jedoch noch immer nicht abgemacht, ob die Milliardäre bereits mehr Steuern bezahlten. Noch gelte nämlich eine fünfjährige Übergangsfrist, weshalb die die Kantone bis Ende 2020 lediglich den inländischen Aufwand der Milliardäre heranziehen könnten.

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