Abo-Fallen und falsche Betreibungen So reagierst du richtig auf betrügerische Rechnungen

Von Stefan Michel

22.2.2024

Ob eine völlig aus der Luft gegriffene Forderung oder überzogene Mahngebühren: Missbräuchliche Rechnungen können einigen finanziellen Schaden anrichten. 
Ob eine völlig aus der Luft gegriffene Forderung oder überzogene Mahngebühren: Missbräuchliche Rechnungen können einigen finanziellen Schaden anrichten. 
Bild: KEYSTONE

Was tun bei missbräuchlichen Rechnungen und überzogenen Mahngebühren? Christian Jenny von der Reklamationszentrale hat blue News erklärt, wie du aus der Bezahl-Falle wieder herauskommst.

Von Stefan Michel

22.2.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Missbräuchliche Rechnungen und ergaunerte Abos sind zu einem Geschäftszweig für dubiose Firmen geworden.
  • Auch wenn sie keine rechtliche Grundlage haben, kommst du nicht darm herum, dich dagegen zu wehren.
  • Jurist Christian Jenny von der Reklamationszentrale AG erklärt blue News, was du tun musst, wenn unberechtigte Rechnungen oder überhöhte Mahngebühren in deiner Post liegen.

In Zeiten des schnellen Online-Shoppings ist es nicht einfach, den Überblick zu behalten. Habe ich diese Rechnung bezahlt oder nicht? Habe ich bei jenem Unternehmen überhaupt etwas bestellt oder einen Dienst abonniert? Diese Unsicherheit machen sich unseriöse Unternehmen zunutze – die einen mit frei erfundenen Forderungen, andere, indem sie User in eine Abo-Falle locken. 

Letztere bewegen sich nicht selten in einer rechtlichen Grauzone. Oft verstecken sich in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) jene Bestimmungen, in die die betroffene Person – unwissentlich oder unwillentlich – eingewilligt hat. Ein Dauerbrenner in dieser Kategorie ist die Firma Obligo, welche seit Jahren Leute für Porno-Abos bezahlen lässt, die diese unabsichtlich eingegangen sein wollen.

Bisweilen kommen missbräuchliche Forderungen auch in seriösem Kleid daher. Etwa jene Nachforderung für angeblich nicht bezahlte Zollgebühren, die der Autor dieses Beitrags per Briefpost erhalten hat. Ein bekanntes internationales Kurier-Unternehmen soll das Inkasso-Büro beauftragt haben, den ausstehenden Betrag einzutreiben.

Telefonisch lässt sich die Sache nicht klären. Beim Kurier-Unternehmen endet die Anfrage in der Warteschlaufe. Der Inkasso-Dienstleister nimmt den Anruf gar nicht erst entgegen. Die Web-Recherche zeigt, dass dieser Dienstleister schon andere mit Rechnungen bedacht hat, für die diese keine Grundlage sahen. Auch der Beobachter berichtet über eine gegenstandslose Geldforderung des betreffenden Instituts. 

Ignorieren ist keine gute Idee

Was also musst du tun, wenn du eine Rechnung erhalten hast, für die du keine Gegenleistung in Anspruch genommen hast? Christian Jenny, Jurist bei der Reklamationszentrale AG, erklärt: «Mögliche Merkmale für ungerechtfertigte Rechnungen sind ein unbekannter Absender, fehlende Angaben wie die Mehrwertsteuernummer, überhöhte Forderungen, schwammige Leistungsbeschreibungen oder auch Druckmittel und Drohungen.»

Die Aufzählung des Juristen ist noch länger. Wer mit einer ungerechtfertigten Forderung konfrontiert ist, kann sich an die Reklamationszentrale wenden und dort weitere Tipps erhalten.

Keine gute Idee ist es, eine ungerechtfertigte Rechnung einfach zu ignorieren, betont Jurist Jenny: «Auch nicht berechtigte Forderungen können letztlich rechtliche Konsequenzen haben, einschliesslich Betreibungen. Das kann zusätzliche Kosten und einen erheblichen Aufwand nach sich ziehen.» Ein Eintrag im Betreibungsregister, ob gerechtfertigt oder nicht, kann dazu führen, dass dir ein Kredit nicht gewährt oder ein Mietvertrag verweigert wird.

Darum empfiehlt Jenny, mit dem Rechnungssteller Kontakt aufzunehmen. Natürlich musst du dir sicher sein, dass die Forderung wirklich ungerechtfertigt ist, um letztlich Recht zu bekommen. «Halten Sie alle Kommunikationen mit dem Gläubiger schriftlich fest. Senden Sie Einwände gegen die Forderung schriftlich und bewahren Sie Kopien dieser Schreiben sowie jegliche Antwort des Gläubigers auf», rät Jenny.

Auch ungerechtfertigte Betreibungen schaden

Liegt tatsächlich ein Zahlungsbefehl in der Post, gilt es innert zehn Tagen Rechtsvorschlag zu erheben – beim Betreibungsamt, das den Zahlungsbefehl ausgestellt hat. «Dieser Schritt stoppt das Verfahren vorläufig, bis die Rechtmässigkeit der Forderung geklärt ist», beschreibt Jenny.

Im ganzen Prozess gilt: Sammle Beweise, die belegen, dass eine Forderung unrechtmässig ist. Stellst du dich auf den Standpunkt, dass du gar nie eine Geschäftsbeziehung mit dem Rechnungssteller eingegangen bist, muss er das Gegenteil beweisen.

Ein anderer Fall sind überhöhte Verzugszinsen, Mahn-, Service- oder Dossier-Führungs-Gebühren oder gar ein «Verzugsschaden». Die Fantasie der Rechnungssteller für angeblich kostenpflichtige Dienstleistungen ist gross. Fakt ist: Rechtens sind in der Schweiz 5 Prozent Verzugszins pro Jahr. Diese Gebühr muss den Schaden decken, der dem Rechnungssteller entstanden ist, weil du zu lange mit dem Begleichen der Rechnung gewartet hast. Doch es gibt ein gewichtiges Aber.

Firmen können darüber hinausgehende Gebühren für zu spät bezahlte Rechnungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen festhalten. Zwar ist auch da nicht alles legal, dennoch kann es sein, dass du mit einer Bestellung und einem beiläufig gesetzten Häkchen die AGB akzeptiert hast.

Die AGB komplett durchzulesen und in all ihren Konsequenzen zu erfassen, kann anspruchsvoll sein. Jurist Jenny empfiehlt deshalb, im Dokument nach den folgenden Punkten zu suchen, und diese Abschnitte aufmerksam zu lesen: Widerrufs- oder Rücktrittsrechte, automatische Vertragsverlängerungen, Datenschutz und Datennutzung sowie Kündigungsbedingungen. 

Hol dir Hilfe

Das Unternehmen Reklamationszentrale bietet Kund*innen Beratung und Musterschreiben, die sich gegen Forderungen wehren oder mit einem Service oder einem Produkt nicht zufrieden sind, für die sie bezahlt haben.

Dies ist jedoch kostenpflichtig. Die Reklamationszentrale ist ein privates Unternehmen, das mit seiner Beratung Geld verdient. Die ungerechtfertigte Forderung hat in dem Fall also doch Geld gekostet. Je nach Höhe der Forderung kann sich dies freilich lohnen, wie auch für ein weiterhin makelloses Betreibungsregister.

Christian Jenny nennt es eine «Convenience-Dienstleistung». Kunden müssten sich nicht selbst mit komplexen rechtlichen Fragen auseinandersetzen oder umfangreiche Korrespondenzen mit Gegenseiten führen. «Die Reklamationszentrale kann eine hohe Erfolgsquote vorweisen», nennt der Jurist einen weiteren Vorteil.

Auch die Stiftung Konsumentenschutz hilft dir, wenn du dich gegen unrechtmässige Rechnungen wehren willst.

Ein anderer Weg, mit dem auch immer wieder von Rechnungsstellern drangsalierte Personen Erfolg haben, ist es, bekannte Konsument*innen-Medien wie Beobachter, Kassensturz oder Espresso zu informieren. Manchmal reicht auch etwas öffentlicher Druck, gebündelt durch ein nationales Medium, um betrügerische Geschäftemacher in die Flucht zu schlagen.