Coronavirus – SchweizSolothurner Regierung tagt ohne Zuschauer
SDA
6.11.2020 - 12:00
Die Corona-Pandemie unterbricht im Kanton Solothurn eine mehr als 100 Jahre alte Tradition: Der Regierungsrat hält seine Sitzungen vorerst bis Ende Januar unter Ausschluss der Öffentlichkeit ab. Es gab nur vereinzelte Besucher.
Der Regierungsrat will damit Ansteckungen verhindern und seine Funktionsfähigkeit aufrecht erhalten, wie die Solothurner Staatskanzlei am Freitag mitteilte: «Die Anordnung erging in der Form der Allgemeinverfügung. Sie wird im nächsten Amtsblatt publiziert.»
Als europaweite Besonderheit sind die Sitzungen der Solothurner Kantonsregierung öffentlich. «Die Beratungen des Kantonsrats und des Regierungsrates sind öffentlich, soweit schützenswerte private oder öffentliche Interessen nicht entgegenstehen», heisst es in der Kantonsverfassung von 1986.
Nur selten wohnen Besucherinnen und Besucher einer Sitzung der Exekutive im dunkel getäfferten Saal 102 im Rathaus bei. Gelegentlich will ein Lokaljournalist aus erster Hand die Entscheide des Regierungsrats erfahren oder ein Rentner versucht, seine Zeit spannend zu verbringen.
Nicht alles ist öffentlich
Die zwei Regierungsrätinnen und drei Regierungsräte sowie der Staatsschreiber sitzen jeweils um einen schweren Holztisch. Die Traktandenliste mit Sachgeschäften und mit Routinegeschäften einer Sitzung, die in der Regel am Dienstag stattfindet, wird im Internet publiziert.
Darin ist dann auch vermerkt, welche Geschäfte «n. öff.» (nicht öffentlich) diskutiert und beschlossen werden – zum Beispiel die Vergabe eines Bauauftrags. Grosse und kontroverse Diskussionen gibt es an den Sitzungen kaum.
Die öffentlichen Regierungssitzungen haben im Kanton Solothurn eine mehr als 100 Jahre alte Tradition. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts räumt die Verfassung den Bürgerinnen und Bürgern das Recht ein, der Exekutive über die Schultern zu schauen.
Was für Stadtkinder die Besichtigung einer Schaukäserei ist, das kann für politisch Interessierte das Mitverfolgen einer Solothurner Regierungssitzung sein. Vorerst ist die besondere Tradition unterbrochen. Das Coronavirus ist schuld.
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