Altersvorsorge Ständerat schickt BVG-Reform noch einmal zurück in die Kommission

bo, sda

15.6.2022 - 11:49

"Wie Zucker in warmem Tee": der Solothurner Mitte-Ständerat Pirmin Bischof (links) im Gespräch mit Gesundheitsminister Alain Berset während der Debatte zur BVG-Reform im Ständerat. Dieser wurde von einer kurzfristig eingereichten Kompromissvariante auf dem falschen Fuss erwischt.
"Wie Zucker in warmem Tee": der Solothurner Mitte-Ständerat Pirmin Bischof (links) im Gespräch mit Gesundheitsminister Alain Berset während der Debatte zur BVG-Reform im Ständerat. Dieser wurde von einer kurzfristig eingereichten Kompromissvariante auf dem falschen Fuss erwischt.
Keystone

Der Ständerat schickt die Reform der beruflichen Vorsorge auf eine Zusatzrunde. Er hat am Mittwoch einen Rückweisungsantrag von Isabelle Chassot (Mitte/FR) angenommen. Die Kommission soll einen Kompromissvorschlag zur Kompensation der Übergangsgeneration prüfen.

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Kurzfristig eingereicht und präsentiert hat ihn zur Überraschung der meisten Ratsmitglieder Josef Dittli (FDP/UR). Er will beim Anrechnungsprinzip für die Übergangsgeneration eine Schwelle einführen: Wer ein Vorsorgekapital von bis zu 215'100 Franken angespart hat bis zur Pensionierung, würde auf jeden Fall einen Kompensationsbeitrag erhalten. Wer über diesem Betrag liegt, für den würde das normale Anrechnungsprinzip gelten, wie es der Nationalrat beschlossen hat.

Der Rat stimmte – nach dem unbestrittenen Eintreten auf die Vorlage – dem Rückweisungsantrag von Chassot nach über dreistündiger Debatte mit 28 zu 15 Stimmen bei 2 Enthaltungen zu. Gegen die Rückweisung stimmten die Vertreter der SVP sowie einige Mandatsträger von Mitte und FDP.

Chancenlos und zu teuer

Sein Kompromissvorschlag würde im Gegensatz zur Lösung der Mehrheit der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S) nur knapp 12 Milliarden statt rund 25 Milliarden Franken kosten, rechnete Dittli vor. Die vom Nationalrat gutgeheissene Version würde mit rund 9 Milliarden Franken zu Buche schlagen.

Die Kommissionsversion habe keine Chance im Ständerat, weil sie zu teuer sei und zu weit gehe, begründete Dittli seinen Einzelantrag. Er hatte bisher den Mehrheitsvorschlag der ständerätlichen Kommission vertreten, meinte nun aber: «Wir brauchen eine bessere Lösung für die Übergangsgeneration.» Die Komplexität des Antrags erlaube keine Kommissionsarbeit im Plenum, deshalb unterstütze er die Rückweisung in die Kommission, sagte Hans Stöckli (SP/BE).

Kritik an Schnellschuss

Die Torpedierung des Mehrheitsvorschlags der Kommission durch den Vertreter eben dieser Kommissionsmehrheit kam im Rat nicht überall gut an. «Wir sind in der Kommissionsarbeit vom Weg abgekommen», kritisierte Hannes Germann (SVP/SH). So etwas habe er bisher noch nie erlebt.

Der Vorschlag der knappen Kommissionsmehrheit verflüchtige sich wie ein Stück Zucker in warmem Tee, brachte auch Pirmin Bischof (Mitte/So) seiner Verwunderung über das ungewöhnliche Vorgehen Dittlis zum Ausdruck. Eine Rückweisung sei aber angezeigt, um keine Kompromisslösung übers Knie zu brechen. Leider habe Dittli wohl kalte Füsse bekommen, bedauerte Paul Rechsteiner (SP/SG).

Alex Kuprecht (SVP/SZ) bat den Rat, nun zu entscheiden. Auch wenn man die Sache nochmals in die Kommission schicke, würden keine neuen Zahlen zu den Kosten herauskommen.

«Stellen Sie sich Diskussion im Plenum vor»

Das Reformpaket müsse am Schluss eine überzeugende Stabilität aufweisen, damit es an der Urne eine Chance habe. Deshalb sprach sich auch Gesundheitsminister Alain Berset für den erneuten Gang des Geschäfts in die Kommission aus. Die Konsequenzen aus Dittlis Vorschlag müsse man genau kennen. «Stellen Sie sich die Diskussion dazu morgen im Plenum vor.»

Mit dem grosszügigeren Paket als der Nationalrat wollte die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S) die Chancen der Reform an der Urne erhöhen. Nicht nur Links-Grün war nach der Diskussion in der grossen Kammer im vergangenen Dezember überzeugt, dass deren Beschlüsse an der Urne nicht mehrheitsfähig seien.

Geringverdiener sollen laut Vorschlag der SGK-S grundsätzlich eine höhere Pensionskassenrente erhalten. Allerdings will sie die Eintrittsschwelle weniger tief ansetzen als der Nationalrat. Grosszügiger will sie dagegen mit der Übergangsgeneration verfahren und 20 statt 15 Jahrgänge in den Genuss eines Kompensationszuschlags kommen lassen.