Plötzlicher Kindstod Stirbt das Baby, muss der Vater gleich wieder zur Arbeit

uri

4.10.2022

Ein Mann wartet in einer Geburtsstation eines Schweizer Spitals.
Ein Mann wartet in einer Geburtsstation eines Schweizer Spitals.
Bild: Keystone

Arbeitnehmer in der Schweiz haben Anrecht auf zwei Wochen bezahlten Vaterschaftsurlaub. Allerdings endet dieser, falls das Kind stirbt – das soll sich nun ändern.

uri

4.10.2022

Vor dem Gesetz sollen alle gleich sein – deshalb erscheinen bestimmte Regelungen besonders unmenschlich, wenn sie mit Schicksalsschlägen kollidieren. Einen drastischen Fall in dieser Hinsicht schildern die Tamedia-Titel am Dienstag: Ein Baby stirbt kurz nach der Geburt – noch im Spital erhält der Vater Informationsmaterial, in dem er darauf hingewiesen wird, dass der Vaterschaftsurlaub nun für ihn vorbei ist.

«Bedauerlicherweise endet nach aktueller Gesetzeslage der Anspruch auf einen bezahlten Vaterschaftsurlaub, wenn das Kind vor oder während des Vaterschaftsurlaubs stirbt», heisst es demnach in der ausgehändigten Rechtsbroschüre der Fachstelle Kindsverlust.ch. Dem Mann stehen demnach maximal die drei freien Tage zu, die laut dem Arbeitsgesetz beim Tod des eigenen Kindes gewährt werden.

«Schlag ins Gesicht»

Wie der 37-Jährige den Tamedia-Zeitungen sagte, empfand er die Tatsache, dass er nun sofort wieder zur Arbeit müsse, als «Schlag ins Gesicht» – als würde man ihm dezidiert sagen: «Du bist jetzt nicht mehr Vater.» Auch gibt er zu bedenken, dass nach einem solch tragischen Ereignis sogar die regulären zwei Wochen Vaterschaftsurlaub bei Weitem nicht ausreichen würden, um das Erlebte zu verarbeiten.

Entsprechende Fälle sind als Problem bekannt und werden in der Politik bereits traktiert, schreiben die Tamedia-Zeitungen. So habe die grüne Nationalrätin Greta Gysin schon vor einem Jahr gefordert, die Gesetzgebung analog zum Mutterschaftsurlaub zu ändern. Demnach sollten auch Väter einen Anspruch auf zehn Arbeitstage Vaterschaftsurlaub haben, wenn ihr Kind tot geboren wird oder nach der Geburt stirbt.

Der Bundesrat habe die noch hängige Motion unterdessen zur Ablehnung empfohlen. Dies mit der Begründung, der Vaterschaftsurlaub diene – wie auch bei den Müttern – nicht zuletzt, um sich an die veränderte Familiensituation zu gewöhnen und beim Neugeborenen einzubringen.

Anpassung ist wahrscheinlich

Einen weiteren Anlauf hat die SP-Nationalrätin Sarah Wyss in der nun zu Ende gegangenen Herbstsession mit einer Motion unternommen. Sie will erreichen, «dass der Vaterschaftsurlaub auch bei neonatalem Tod gewährt wird, also wenn das Kind innerhalb der ersten 28 Lebenstage stirbt».

Wyss zeigte sich zuversichtlich, dass ihr Anliegen eine Mehrheit im Parlament finden werde, da es sich um keine grosse Anpassung handle und sich auf die ersten vier Lebenswochen der Neugeborenen beziehe. Das sei auch die Zeit, in der die meisten Männer den Vaterschaftsurlaub beanspruchen würden. Der Missstand müsse «möglichst bald» behoben werden.

In der Schweiz sind gemäss dem Bundesamt für Statistik 2021 167 Kinder neonatal gestorben – davon 139 innerhalb der ersten sieben Tage.