PetitionTausende fordern Schweizer Flagge für Flüchtlingsrettungsschiff
Nicolai Morawitz (mit sda)
9.10.2018
Das Rettungsschiff «Aquarius» ist derzeit im Hafen von Marseille blockiert. Über 27'000 Menschen fordern in einer Petition an den Bundesrat und das Parlament, dass es unter Schweizer Flagge in See stechen solle, um Flüchtlinge zu retten.
Am Dienstagmorgen haben sich die grösstenteils aus der Westschweiz stammenden Aktivisten vor dem Bundeshaus versammelt, um die Petition einzureichen. Dabei waren sie in Wärmedecken gehüllt und trugen orangefarbene Rettungswesten. Dies sollte veranschaulichen, was derzeit nicht möglich ist: die Rettung von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer.
Denn das Rettungsschiff «Aquarius» liegt seit letztem Donnerstag im südfranzösischen Marseille und sucht einen neuen Flaggenstaat – es ist eines der letzten privaten Schiffe überhaupt, das Flüchtlinge aus dem Mittelmeer aus Seenot rettet. «Wir rufen die europäischen Regierungen auf, es uns zu ermöglichen, unsere lebensrettende Arbeit fortzusetzen, indem sie der «Aquarius» eine Flagge geben», teilte die Hilfsorganisation SOS Méditerranée mit. Sie hat die «Aquarius» gechartert und betreibt sie zusammen mit der Organisation Ärzte ohne Grenzen.
Panama entzieht Flagge
Zuvor hatte der bisherige Flaggenstaat Panama angekündigt, das Schiff aus seinem Schifffahrtsregister zu streichen und ihm somit die Flagge zu entziehen.
Wenn es nach den Unterzeichnern der Petition geht, soll die Aquarius nun eine Schweizer Flagge bekommen. Letzte Woche hatten bereits vier Nationalräte eine entsprechende Interpellation hinterlegt. «Nun liegt es am Bundesrat und Parlament, sich mit unserem Anliegen auseinanderzusetzen», sagt Ilias Panchard von den Grünen. Der Westschweizer ist am Dienstagmorgen nach Bern gereist, um die Petition zusammen mit Gleichgesinnten einzureichen.
Hohe Dunkelziffer befürchtet
Um die Rettung von Bootsflüchtlingen auf dem Mittelmeer ist in der EU ein heftiger Streit entbrannt. Die italienische Regierung lässt keine privaten Rettungsschiffe mit Migranten mehr in die Häfen des Landes. Mehrere NGO-Boote wurden in den vergangenen Monaten tagelang auf dem Meer blockiert, nur noch ein Schiff von Proactiva ist derzeit vor Libyen unterwegs.
Mittlerweile kommen wesentlich weniger Migranten in Italien an. Doch in Relation zu den Abfahrten wird die Überfahrt immer gefährlicher. In diesem Jahr kamen bereits mehr als 1'700 Menschen im Mittelmeer auf der Flucht Richtung Europa ums Leben, 1'260 alleine auf der zentralen Route zwischen Libyen und Italien.
Die Dunkelziffer liegt nach Angaben von NGOs aber weit höher. Es sei niemand mehr vor Ort, um zu sehen, wie viele Menschen wirklich untergingen, heisst es dazu.
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