Schlammschlacht eskaliert Unia-Führung bringt die eigene Basis gegen sich auf

tafi

9.4.2019

Bei der Unia duellieren sich Basis und Geschäftsführung mit scharfen Worten. In der Gewerkschaft brodelt es.
Bei der Unia duellieren sich Basis und Geschäftsführung mit scharfen Worten. In der Gewerkschaft brodelt es.
Keystone

In der grössten Gewerkschaft der Schweiz eskaliert derzeit ein lange schwelender Konflikt zwischen Basis und Zentrale. Nach seiner Abwahl schiesst der ehemalige Berner Oberländer Regionalpräsident scharf gegen die Zentrale.

Von einem schiefhängenden Haussegen bei der Unia zu sprechen, wäre eine Untertreibung. Wie der «Tages-Anzeiger» berichtet, eskaliert bei der grössten Gewerkschaft der Schweiz gerade ein lange schwelender Konflikt (kostenpflichtiger Artikel). Hans Ulrich Balmer, der langjährige Präsident der Oberländer Gewerkschaftsbasis, wurde am Wochenende von der Delegiertenversammlung seiner Sektion in Thun nicht wiedergewählt – und kritisiert nun die Unia-Zentrale in Bern mit scharfen Worten.

Die Delegiertenversammlung sei unrechtmässig einberufen worden, findet Balmer laut «Tages-Anzeiger», und er behauptet, die Delegierten seien gezielt ausgetauscht worden, um ihn abzuwählen. Er wolle nun Beschwerde einlegen, zunächst einmal «intern». Für die Unia-Chefin Vania Alleva sind diese Vorwürfe nicht nachvollziehabr.

Im Interview (kostenflichtiger Artikel) mit dem «Tages-Anzeiger» weist sie darauf hin, dass die Unia nicht nur nach einem Mehrheitsprinzip funktioniere. «Unsere Organisation hat Statuten, die ebenfalls demokratisch legitimiert sind. Darüber kann sich niemand hinwegsetzen. Weder ich noch sonst irgendjemand.» Die Mitglieder seien das Herz der Organisation, sie gäben die Richtung vor. «Und das ist gut so.»



«Terror-Regime» der Gewerkschaftszentrale

Die Eskalation am Wochenende ist laut «Tages-Anzeiger» nur der Höhepunkt einer Entwicklung, mit der Unia seit Langem kämpft. Hinter Sex- und Mobbingaffären, Streikandrohungen der eigenen Angestellten, plötzlichen Entlassungen und Beschwerden über das «Terror-Regime» der Gewerkschaftszentrale in Bern stecke ein Konflikt zwischen Basis und Geschäftsführung.

«Wer ihnen nicht passt, der wird eliminiert», zitiert der «Tages-Anzeiger» Balmer. «Die Zentrale duldet keinen Widerspruch.» In Bern fürchte man den Machtverlust, wenn die Basis aktiver und damit einflussreicher werde. Das hätte sich deutlich bei der Wahl eines neuen Regionalleiters im Berner Oberland im vergangenen Jahr gezeigt. Damals hätten sich Basis und Zentrale nicht wie üblich auf einen Konsenskandidaten einigen können. Die Basis wählte daraufhin zwei lokale Gewerkschafter, die von der Zentrale nicht bestätigt wurden.

Unia-Chefin Vania Alleva wehrt sich gegen die Vorwürfe aus dem Berner Oberland.
Unia-Chefin Vania Alleva wehrt sich gegen die Vorwürfe aus dem Berner Oberland.
Keystone / Archiv

Schlammschlacht und «Putsch»

Was folgte, gleicht einer Schlammschlacht. Der «Tages-Anzeiger» schreibt, dass die Geschäftsführung den Computer eines der beiden Kandidaten durchsucht und ihm gewerkschaftschädigendes Verhalten vorgeworfen habe. Beide Gewerkschafter seien entlassen und durch einen Interimsleiter ersetzt worden. Dieser hätte dann unter anderem Delegierte ersetzt, um die Mehrheitsverhältnisse zu Balmers Ungunsten zu verändern. Der sprach in der «Berner Zeitung» von einem «Putsch» und einer «Verletzung der gewerkschaftsinternen Demokratie».

Alleva kontert im Interview: «Gegen die Wahl gab es mehrere Beschwerden von Delegierten, und die nationale Geschäftsleitung nahm von einer Anstellung der Kandidaten als Regionalsekretäre Abstand. Wie sich herausstellte, zu Recht. Die Beschwerden sind von der unabhängigen Beschwerdekommission gutgeheissen worden.»

Warum sich der Streit nicht friedlich lösen liess, ist für die Unia-Chefin nicht nachvollziehbar. Sie räumte aber ein: «An Konflikten ist nie nur eine Person schuld.»

Bilder aus der Schweiz

Zurück zur Startseite