AusländerbewilligungenTessiner Migrationsamt auf dem Prüfstand
SDA
28.10.2020 - 15:48
Der Tessiner Regierungspräsident Norman Gobbi steht in der Kritik: Sein Justizdepartement soll bei der Vergabe von Ausländerbewilligungen mit zweifelhaften Methoden arbeiten. Jetzt hat die zuständige Kommission die parlamentarische Oberaufsicht eingeschaltet.
Die Oberaufsicht soll «vertiefte Anhörungen» durchführen, wie Matteo Quadranti, Präsident der zuständigen Finanz- und Geschäftsprüfungskommission, gegenüber Keystone-SDA bestätigte. Dem Einschalten der parlamentarischen Oberaufsicht waren zahlreiche Vorstösse im Tessiner Grossen Rat vorangegangen.
Dem Migrationsamt werden zum Teil unverhältnismässige und demütigende Kontrollen bei der Vergabe von Ausländerbewilligungen vorgeworfen.
Publik wurden die Vorgänge durch die Hintergrundsendung «Falò» von Radiotelevisione Svizzera RSI. Im Beitrag «La vita degli altri» erzählen betroffene italienische Staatsbürger von demütigenden Fragen, unangemeldeten Besuchen und Haushaltsinspektionen durch die Tessiner Polizei. Das Ziel: Feststellen, ob die betreffende Person ihren Lebensmittelpunkt auch wirklich in der Südschweiz hat.
Mit dem Titel des Beitrags spielen die Autorinnen auf den gleichnamigen Spielfilm «Das Leben der anderen» an. Dieser handelt von den Bespitzelungen in der ehemaligen DDR.
Fragwürdige Methoden der Polizei
Einem in der Sendung porträtierten Mann wird vorgeworfen, zu oft bei seiner Partnerin in Como zu übernachten. Ein anderer muss der Polizei angeben, wie viele Autos er besitzt. Danach lässt der Polizeibeamte durchblicken, dass ihm die Autonummern der Fahrzeuge längst bekannt sind.
Neben unverhältnismässigen Befragungen durch die Polizei soll gemäss «Falò» auch der Anteil der abgelehnten Verlängerungen von Aufenthalts- beziehungsweise Grenzgängerbewilligungen zugenommen haben. Auch gebe es seit 2015 deutlich mehr Rekurse im Bereich Ausländerbewilligungen.
Der Kanton Tessin verlangt seit 2015 beim Antrag einer Aufenthaltsbewilligung einen Strafregisterauszug, obwohl diese Praxis gegen die bilaterale Verträge verstösst.
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