An der ETH Lausanne (EPFL) ist in Zusammenarbeit mit der Empa in St. Gallen die erste vollständig transparente Operationsmaske entwickelt worden. Sie bildet eine Barriere für Viren, nicht aber für Emotionen.
Die Idee entstand noch vor der Covid-19-Pandemie. Sie stammt von Diane Baatard, einer ehemaligen Geschichtenerzählerin am Genfer Universitätsspital (HUG). Sie besuchte vier Mal pro Woche krebskranke Kinder, die soeben operiert worden waren oder im Sterben lagen.
Eines Tages sass Bataard mit einer Gesichtsmaske in einem sterilen Zimmer am Bett eines zweijährigen Knaben. Durch die Gitterstäbe hielt sie seine Hand und lächelte ihn an. In diesem Moment wurde ihr bewusst, dass das Kind ihr Lächeln nicht sehen konnte.
Kindern ein Lächeln schenken
Die Genferin fand es traurig, dass die kleinen, schwer kranken Zuhörerinnen und Zuhörer ihren Gesichtsausdruck nicht sehen konnten. So kam ihr der einfache aber geniale Einfall, eine transparente Maske zu entwickeln. Zuerst suchte sie vergeblich nach qualifizierten Personen, welche die Idee umzusetzen im Stande waren. Das änderte sich aber, als sie Sacha Sidjanski, Projektmanager der Fakultät für Biowissenschaften der ETH Lausanne, traf.
Sidjanski glaubte fest an das Projekt und unterbreitete es der Jury des Challenge-Debiopharm-Inartis-Preises für die Lebensqualität des Patienten. Und Bingo! Die Idee wurd 2016 ausgezeichnet.
Dank dem Preis und Geldern von einem Dutzend philanthropischer Stiftungen kamen rund 500'000 Franken zusammen, um zwei Jahre Forschungsarbeit von EPFL und Empa zu finanzieren. Kürzlich wurde für das Projekt, das fortan den Namen Hello Mask trägt, das Start-up HMCARE gegründet, das eine Million Franken sammeln konnte.
«Der Erfolg bei den Investoren hat alle unsere Erwartungen übertroffen», sagt Thierry Pelet, Projektchef und zukünftiger CEO des Jungunternehmens. Ohne es zu wollen, habe das Projekt durch die Covid-19-Pandemie von einem Beschleunigungseffekt profitiert.
Produktion in der Schweiz
Heute steht die vom EssentialTech Center der ETH Lausanne in Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt (Empa) in St. Gallen entwickelte Maske kurz vor der industriellen Herstellung. Die Kontakte mit Kantonen und Schweizer Unternehmen seien geknüpft, und die Markteinführung sei für den Sommer 2021 geplant, sagte Pelet der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Die neue Maske werde sicherlich etwas teurer sein als die herkömmliche. Die vollständig durchsichtige Version besteht aus einem speziellen, biologisch abbaubaren Material.
Es handelt sich um eine Membran aus einem speziell für diese Anwendung entwickelten Polymer, das Luft durchlässt, aber Viren und Bakterien herausfiltert. Um einen optimalen Schutz zu garantieren, sind diese transparenten Masken wie die derzeit vom medizinischen Personal verwendeten für den einmaligen Gebrauch bestimmt.
Lippenlesen möglich
Die weltweit nach Kenntnis ihrer Entwickler einzigartigen Masken richten sich in erster Linie an das medizinische Personal in Spitälern. Interessiert sind laut Pelet aber auch Zahnärzte, Alters- und Pflegeheime, Psychologen oder Gehörlosenvereinigungen.
Das Start-up schliesst auch die Vermarktung für die breite Öffentlichkeit in einem zweiten Schritt nicht aus. Mit transparenten Masken wäre nicht nur das Lippenlesen, sondern auch die Gesichtserkennung bei Smartphones möglich. «Die Erwartungen sind enorm. Sie übersteigen alles, was wir uns vorgestellt haben», sagt Pelet.
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