Eidgenössische Wahlen Trotz des Rechtsrutsches wechseln im Parlament die Allianzen

SDA

12.10.2017 - 11:00

Bern

Seit dem Rechtsrutsch im Parlament bei den Wahlen 2015 sind zwei Jahre vergangen. SVP und FDP haben ihre Mehrheit im Nationalrat nutzen können - allerdings weniger häufig, als die Linke nach den Wahlen befürchtet hatte.

Die gestärkte Rechte demonstrierte ihre neue Macht im Parlament, das immer schon bürgerlich dominiert war, gleich in der ersten Session: SVP und FDP versenkten in der Schlussabstimmung überraschend den Zulassungsstopp für Ärzte.

Ihren Stempel aufgedrückt haben die Rechtsbürgerlichen in der Folge vor allem der Unternehmenssteuerreform III. Beflügelt vom Wahlsieg ergänzten sie die Vorlage mit einer Reihe zusätzlicher Steuererleichterungen. Dabei vergassen sie, dass die Linke im Parlament zwar geschwächt war, als Oppositionskraft aber mächtig blieb: Das Stimmvolk lehnte die Reform deutlich ab.

Nicht besser erging es allerdings vor kurzem Mitte-Links mit der Rentenreform. In den Räten hatte die Vorlage noch eine knappe Mehrheit gefunden: Weil die beiden Lega-Mitglieder der SVP-Fraktion zusammen mit den geschlossenen Fraktionen von SP, CVP, Grünen, GLP und BDP dafür stimmten, reichte es im Nationalrat exakt für die nötige Stimmenzahl. An der Urne scheiterte die Reform jedoch.

SVP alleine chancenlos

Sämtliche Hürden genommen haben in der laufenden Legislatur bislang zwei grosse Reformprojekte: die Energiestrategie und die Asylreform, wobei das Parlament letztere noch vor den Wahlen verabschiedet hatte. Bei beiden Vorlagen kämpfte die SVP alleine gegen alle anderen - und unterlag in der Volksabstimmung klar.

Bei der Energiestrategie war die FDP gespalten, fasste aber die Ja-Parole. Die Machtverschiebung zugunsten der Rechten wirkte sich allerdings auf den Inhalt aus. Vor den Wahlen hatte sich der Nationalrat beispielsweise dafür ausgesprochen, die Laufzeit der ältesten AKW auf sechzig Jahre zu beschränken. In neuer Zusammensetzung wollte er davon nichts mehr wissen.

Zuwanderung: SP mit FDP

In Asyl- und Ausländerfragen erzielte der rechtsbürgerliche Block ebenfalls punktuell Erfolge. So verschärfte das Parlament etwa im Integrationsgesetz die Bedingungen für eine Niederlassungsbewilligung, ohne im Gegenzug einen Rechtsanspruch darauf einzuführen, wie der Bundesrat vorgeschlagen hatte.

Bei der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative dagegen setzte sich eine Allianz von SP und FDP durch, deren Ziel es war, die bilateralen Verträge mit der EU nicht zu gefährden. Anstelle von Höchstzahlen und Kontingenten beschloss das Parlament lediglich eine Vorzugsbehandlung für inländische Stellensuchende.

Bauern: SVP mit CVP

In gesellschaftspolitischen Fragen wiederum spielt oft eine konservative Allianz von SVP und CVP. So kam im Nationalrat eine Mehrheit für ein Burka-Verbot zusammen, mit Hilfe einiger Stimmen aus FDP und BDP.

Erfolglos kämpfte die SVP/CVP-Allianz gegen die Stiefkindadoption für gleichgeschlechtliche Paare oder Pläne für eine rechtliche Absicherung von Partnerschaften, die weniger weit geht als die Ehe. Durchsetzen konnte sie sich dagegen oft in Landwirtschaftsfragen, da jeweils auch einige Mitglieder anderer Fraktionen für die Interessen der Bauern stimmen.

Kürzungen und Mehrausgaben

Am Erfolgreichsten agiert die SVP/FDP-Allianz in finanz- und wirtschaftspolitischen Geschäften, häufig zusammen mit der CVP. Am Bankgeheimnis im Inland wird nicht gerüttelt. Und den Anlegerschutz, den der Bundesrat stärken wollte, hat das Parlament eher geschwächt.

Im Budget 2017 setzten SVP und FDP Kürzungen von 128 Millionen Franken durch. Gleichzeitig hat das Parlament trotz bürgerlicher Mehrheit und Spar-Plädoyers aber erhebliche Mehrausgaben beschlossen, zum Beispiel für den Strassenfonds NAF und den Regionalverkehr.

Abweichler und zwei Kammern

Wenn die SVP und die FDP keine weitere Unterstützung erhalten, sind sie nicht immer erfolgreich. Zum einen müssen beide Fraktionen geschlossen stimmen, damit sie sich im Nationalrat durchsetzen können. Bei vielen Themen gibt es aber Abweichler. So stimmen in der FDP-Fraktion jeweils nicht alle gegen Entwicklungshilfe.

Zum anderen kommt den Fraktionen von SVP und FDP das Zwei-Kammer-System in die Quere. Während sie im Nationalrat 101 von 200 Sitzen besetzen, sind es im Ständerat lediglich 19 von 46. In der kleinen Kammer gibt die CVP zusammen mit der FDP oder der SP den Ton an.

Schwierige Entscheidfindung

Parlamentarische Vorstösse, die der Nationalrat dank der SVP/FDP-Mehrheit annimmt, sind daher im Ständerat meistens chancenlos. Bei komplexen Geschäften haben die unterschiedlichen Machtverhältnisse in den Räten die Entscheidfindung komplizierter gemacht.

Einigungskonferenzen sind nun häufiger nötig als früher, und in manchen Fragen scheint eine Einigung zum Vornherein aussichtslos. So hat sich der Nationalrat für die Individualbesteuerung ausgesprochen, der Ständerat für die gemeinsame Besteuerung von Ehepaaren.

Noch komplizierter wird es dadurch, dass im Ständerat nicht nur parteipolitische, sondern auch föderalistische Überlegungen und kantonale Interessen eine wichtige Rolle spielen. Die Akzente haben sich nach den Wahlen zwar verschoben, doch gibt es nach wie vor wechselnde Allianzen. Die Halbzeit-Bilanz fällt für alle Fraktionen durchzogen aus.

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