Fall «Carlos» Uno-Sonderbeauftragter für Folter kritisiert Schweiz

fn, sda

14.6.2021 - 11:16

Das Urteil gegen «Carlos» wird am 16. Juni eröffnet. Von der UNO kommt derweil Kritik an den Haftbedingungen (Archivbild).
Das Urteil gegen «Carlos» wird am 16. Juni eröffnet. Von der UNO kommt derweil Kritik an den Haftbedingungen (Archivbild).
KEYSTONE/Linda Graedel

Der als «Carlos» bekanntgewordene Wiederholungstäter Brian sitzt in anhaltender Isolationshaft. Scharfe Kritik daran kommt nun vom Uno-Sonderbeauftragten für Folter.

14.6.2021 - 11:16

Der Fall «Carlos», respektive Brian, wie er mittlerweile richtig genannt werden möchte, wird ein Fall für den Bund: Der Uno-Sonderbeauftragte für Folter hat beim Aussendepartement wegen der anhaltenden Isolationshaft für Brian interveniert.

Die Anwälte von Brian hatten es beim Prozess vor dem Zürcher Obergericht Ende Mai angekündigt – nun ist die Intervention eingereicht: Der Uno-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, hat beim Aussendepartement von Bundesrat Ignazio Cassis (FDP) schriftlich eine Stellungnahme zu Brians Haftbedingungen verlangt.



Isolationshaft dürfe gemäss Uno-Standards nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen und in keinem Fall länger als 15 Tage. «Hier sind wir aber bei fast drei Jahren», sagte Melzer am Montag am Radio SRF. Dies liege «weit über dem akzeptablen Mass» und sei eine Verletzung der Anti-Folter-Konvention der Uno. In seinem Schreiben forderte Melzer deshalb, dass das Haftregime von Brian gelockert werden müsse.

Haftbedingungen bleiben unverändert

Es gebe auch Haftformen, mit denen man Gewaltausbrüche verhindern könne, ohne dass es zu einer Total-Isolation kommen müsse. Der Bund wird nun innert zwei Monaten Stellung dazu beziehen. Zudem wird die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter den jungen Gewalttäter besuchen und die Situation im Gefängnis Pöschwies untersuchen.



Bis auf Weiteres wird an den Haftbedingungen jedoch nichts geändert. Brian bleibt also in Isolationshaft, ohne Kontakt zu Mithäftlingen.

Am Mittwoch, 16. Juni, wird das Zürcher Obergericht sein Urteil im Fall «Carlos» eröffnen. Es wird entscheiden, ob der 25-Jährige ordentlich verwahrt, hinter Gittern therapiert oder dann gleich in Freiheit entlassen wird, wie es seine drei Anwälte beim Prozess forderten. Sie bezeichnen die Haftbedingungen ebenfalls als Folter.

Anklageschrift listet 29 einzelne Vorfälle auf

Der Wiederholungstäter muss sich vor Gericht verantworten, weil er im Gefängnis mehrere Polizisten, Mithäftlinge und Mitarbeiter bedrohte, angriff und teilweise verletzte. Die Anklageschrift listet 29 einzelne Vorfälle auf. Die Vorinstanz hatte ihn zu einer «kleinen Verwahrung» verurteilt, also einer Therapie hinter Gittern.

Ist dieses Verfahren einmal rechtskräftig, kommt jedoch bereits das nächste auf ihn zu. Die Staatsanwaltschaft leitete bereits ein neues Verfahren wegen 30 weiteren Angriffen ein. Auch diese richteten sich vor allem gegen das Gefängnispersonal und die Polizei.

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