«Klar rassistisch» Vermieter von Bündner Ferienwohnungen weist orthodoxe Juden ab

smi

20.7.2023

Die Schweiz ist ein beliebtes Reiseland für orthodoxe jüdische Familien aus aller Welt (Symbolbild).
Die Schweiz ist ein beliebtes Reiseland für orthodoxe jüdische Familien aus aller Welt (Symbolbild).
Keystone

Ein Vermieter von Feriendomizilen weist eine orthodoxe jüdische Familie ab. Es habe in der Vergangenheit zu grosse Schäden gegeben. Die Eidgenössische Rassismus-Kommission stuft das als diskriminierend ein. 

smi

20.7.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Eine orthodoxe jüdische Familie will eine Gruppenunterkunft in Parpan mieten. Der Vermittler weist sie ab, weil es mit orthodoxen Juden zu viele Schäden und Beschwerden gegeben habe.
  • Die Familie beschwert sich bei der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus. Diese stuft die Antwort des Vermittlers als «rassistisch/antisemitisch» ein.
  • Schweiz Tourismus betont, die Schweiz sei beliebt bei orthodoxen jüdischen Familien. Ihre Beherbergung sei anspruchsvoll, aber in der Schweiz sei Platz für Menschen jeder Religion und Herkunft.

Eine orthodoxe jüdische Familie will in Parpan GR eine Gruppenunterkunft mieten. Der Vermittler, ein Unternehmen in Deutschland mit Sitz in der Schweiz, schickt der Familie eine Absage.

Der Vermieter begründet, das Haus sei «nicht geeignet für die Bedürfnisse orthodox-jüdischer Familien», es habe in der Vergangenheit nach der Benutzung durch Gruppen dieser Glaubenspraxis wie auch durch «Abigruppen» Schäden und Beschwerden gegeben, berichtet der «Blick». 

Manny Feldinger, Mitglied der Familie und in England in der Immobilienbranche tätig, bezeichnet die Absage als «klar rassistisch und diskriminierend». Natürlich dürfe ein Vermieter entscheiden, wem er seine Liegenschaft anbiete, aber diese Antwort sei verletzend formuliert.

Antwort ist rassistisch und diskriminierend

Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus bestätigt Feldingers Einschätzung. Sie stuft gemäss «Blick» die Antwort als «rassistisch/diskriminierend» ein.

Nicht zuletzt irritiert die Gleichsetzung mit «Abigruppen», also Jugendlichen, die ihre bestandene Matur feiern. Der nicht namentlich genannte Anbieter von Ferienwohnungen erklärt dem «Blick», er habe während Jahren Unterkünfte an jüdisch-orthodoxe Familien vermietet. Jedoch seien die Schäden oft so schwerwiegend gewesen, dass sie bis zur Ankunft der folgenden Gruppe nicht hätten behoben werden können. Als Beispiel nennt er Herdplatten, die während mehr als 24 Stunden dauerhaft eingeschaltet gewesen seien. 

Feldinger betont, alle in seiner Familie arbeiteten in der Immobilienbranche und wüssten, wie man mit einem Haus umgehen müsse, damit es keinen Schaden nehme. Er habe schon zweimal beim gleichen Anbieter für seine und weitere Familien Unterkünfte in der Schweiz gemietet. Sie hätten in jenen Ferien keine Probleme verursacht. 

Anspruchsvolle Sabbat-Regeln

Schweiz Tourismus bestätigt dem «Blick», dass die Schweiz unter jüdisch-orthodoxen Familien ein beliebtes Reiseland sei. Mit Angehörigen von Minderheiten habe es nur in wenigen Einzelfällen Probleme gegeben, hält eine Sprecherin fest. 

Es sei durchaus anspruchsvoll, Unterkünfte so auszustatten, dass jüdische Gäste die Sabbat-Regeln einhalten können. Dazu gehörten Bewegungsmelder für das Licht, Schaltuhren, Warmhalteplatten und automatische Schiebetüren. 

Schweiz Tourismus engagiere sich dafür, dass sich Menschen jeder Religion und Herkunft in der Schweiz wohlfühlten. Die Ferien der Feldingers seien 2023 auch an Terminproblemen gescheitert. Manny Feldinger will im kommenden Jahr wieder in der Schweiz Ferien machen. Es gebe genügend geeignete Häuser und anständige Vermieter, die diese auch an jüdische Familien vermieteten.