Minderjährigen missbraucht Verurteilter Lehrer steht nicht auf «schwarzer Liste»

uri

2.5.2023

Ein verurteilter Lehrer, der Sex mit einem Minderjährigen hatte und ein lebenslanges Verbot für das Ausüben des Lehrerberufs erhalten hat, steht nicht auf der sogenannten «schwarzen Liste». 
Ein verurteilter Lehrer, der Sex mit einem Minderjährigen hatte und ein lebenslanges Verbot für das Ausüben des Lehrerberufs erhalten hat, steht nicht auf der sogenannten «schwarzen Liste». 
Bild: Keystone

Kantone müssen seit 15 Jahren pädophile Pädagogen melden. Die werden danach auf einer «schwarzen Liste» vermerkt. Doch: Vorfälle werden nicht konsequent gemeldet und können ohne Konsequenzen bleiben.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Ein 2022 verurteilter Lehrer, der Sex mit einem Minderjährigen hatte und ein lebenslanges Verbot für das Ausüben des Lehrerberufs erhalten hat, steht nicht auf der sogenannten «schwarzen Liste» der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektor*innen (EDK).
  • Obwohl die EDK bereits vor 15 Jahren das lückenlose Melden von Fällen für verbindlich erklärt hat, zeigt ein aktueller Bericht, dass das nicht geschieht.
  • Entsprechend bestehe das Risiko, dass Sexualstraftäter den Kanton wechselten und womöglich wieder unterrichten dürften.

Im Jahr 2022 verurteilte das Bezirksgericht Bremgarten einen Lehrer zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Zudem erhielt der Mann ein lebenslanges Tätigkeitsverbot mit Minderjährigen.

Der Grund: Er hatte sexuelle Kontakte mit einem ehemaligen Schüler, der erst 15 Jahre alt war, also noch im schutzbedürftigen Alter.

Verurteilter Lehrer steht nicht auf «schwarzer Liste»

Der Pädagoge erscheint allerdings nicht auf der sogenannten «schwarzen Liste», die die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren (EDK) für «Lehrpersonen ohne Unterrichtsberechtigung» führt, wie die Tamedia-Titel recherchiert haben.

Demnach stehen von über 125'000 Schweizer Lehrkräften derzeit nur 92 im Register. Dabei müssen die Kantone hier eigentlich sämtliche Lehrkräfte eintragen, denen sie die Unterrichtsberechtigung entzogen haben. Das Instrument sei seit Jahren verbindlich. Dennoch hielten sich – so der Bericht – längst nicht alle Behörden daran.

So waren zu Anfang dieses Jahres dort nur Namen entsprechender Lehrerinnen und Lehrer aus zwölf Kantonen zu finden, wie die Einsicht auf eine anonymisierte Version der Liste ergab. Während Zürich 24 Lehrpersonen eingetragen hatte, fehlten das Tessin oder die Waadt etwa komplett – und das, obwohl dort in den letzten Jahren verschiedene Fälle von übergriffigen Pädagogen bekannt geworden waren.

Fälle werden nicht lückenlos gemeldet

Zwar habe die EDK bereits vor 15 Jahren für verbindlich erklärt, dass die Fälle eigentlich lückenlos zu melden seien. Umgesetzt sei das, wie die aktuelle Liste belege, allerdings immer noch nicht, so der Bericht. Der Kanton Waadt begründete das unter anderem damit, dass eine gesetzliche Grundlage dafür fehle.

Entsprechend bestehe das Risiko, dass Sexualstraftäter den Kanton wechselten und hier womöglich wieder unterrichten dürften. Das sei etwa auch im erwähnten Fall des Pädagogen aus dem Aargau möglich.

Die Kommunikationsleiterin des Aargauer Bildungsdepartements, Simone Strub Larcher, erklärte dem «Tages-Anzeiger»: Die Gefahr, «dass die verurteilte Person erneut unterrichten oder einer sonstigen Tätigkeit mit Minderjährigen nachgehen kann» sei «aufgrund des vom Gericht ausgesprochenen lebenslänglichen Tätigkeitsverbots bereits äusserst gering.» Wegen Besonderheiten im konkreten Fall habe man jedoch auf einen Eintrag in der Liste verzichtet.