Bern
Tierversuchen sollen in der Schweiz ein Riegel geschoben werden. Dies fordert eine Volksinitiative, die am Dienstag in Bern lanciert wurde. Die 100'000 Unterschriften müssen bis zum 3. April 2019 gesammelt werden.
"Viele Tiere sterben einen qualvollen, einsamen und häufig vollkommen sinnlosen Tod", sagte Simon Kälin-Werth am Dienstag in Bern. Dort stellte er zusammen mit weiteren Komiteemitgliedern die Initiative "Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot - Ja zu Forschungswegen mit Impulsen für Sicherheit und Fortschritt" vor.
Rund 80 Organisationen und Unternehmen unterstützen das Anliegen - darunter Vertreter von SP und Grünen sowie verschiedene Tierschutzgruppen und Tierparteien. Ziel der Initiative ist es, Tierversuche als Quälerei und "Verbrechen" einzustufen. Auch Versuche an Menschen sollen verboten werden.
Nach einem Ja zur Initiative sollen auch der Handel sowie die Ein- und Ausfuhr von Produkten verboten werden, für die Tierversuche durchgeführt werden mussten. Die Schweiz könne so "international ein Vorzeigebeispiel" sein und sich durch eine "ethisch hochstehende" Forschung auszeichnen, sagte Kälin-Werth.
Ersatzmethoden vorhanden
Laut den Initianten sind Tierversuche wissenschaftlich umstritten. Es gebe keine Erfolgskontrolle bei den sogenannten "Tiermodellen". Viele Substanzen, die im Tierversuch erfolgversprechend gewesen seien, könnten die Hoffnungen bei der Verabreichung am Menschen nicht erfüllen.
Tiere seien komplexe Wesen und passten sich laufend an ihre Umwelt an, sagte Luzia Osterwalder vom Initiativkomitee. Trotzdem würden an ihnen häufig nur einzelne Organe und Funktionen untersucht.
Deshalb sei es auch verfehlt, Tierversuche immer noch als "Goldstandard" anzusehen und "Alternativmethoden" zu ignorieren. Denn diese sind laut dem Komitee durchaus vorhanden.
In Computermodellen könnten innert einen Tages Tausende von Substanzen getestet werden, wofür im Tierversuch Jahre benötigt würden.
Abhilfe schaffen könnten auch so genannte "Bio-Dummy-Systeme". Diese sind computergestützt und funktionieren auf der Grundlage von menschlichen Zellen und Geweben. Zum Beispiel könnten Kosmetika auf gezüchteter Haut getestet werden anstatt auf der Rückenhaut von Kaninchen oder Meerschweinchen. Als Vorbild dienen dabei die Crash-Test-Dummys in der Automobilindustrie.
Die neuen Massnahmen sollten laut den Initianten mindestens die gleiche Unterstützung der öffentlichen Hand erhalten wie heute die Tierversuche.
Zahl der Tierversuche rückläufig
Laut dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) dürfen Tierversuche in der Schweiz bislang nur durchgeführt werden, wenn "keine Alternativen zur Verfügung stehen".
Die Schweiz habe schon heute eine der umfassendsten Tierschutzgesetzgebungen weltweit, so das BLV. Jeder einzelne beantragte Tierversuch müsse von einer kantonalen Tierversuchskommission begutachtet werden.
Die Gesamtzahl der Versuchstiere ist hierzulande rückläufig: Waren es 1983 noch fast zwei Millionen, wurde im Jahr 2000 ein Tiefstand von circa 566'000 Tieren erreicht. Im neuen Jahrtausend stieg die Zahl der Versuchstiere jedoch wieder und erreichte 2016 629'773.
Dies entspricht laut BLV einem Rückgang von 7,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Drei Viertel der Tiere seien dabei "keiner oder einer leichten Belastung ausgesetzt" gewesen. Zwei Drittel der verwendeten Tiere waren Mäuse.
Tierversuchsverbot an der Urne gescheitert
Es ist nicht die erste Initiative in der Schweiz, die sich mit dem Verbot von Tierversuchen beschäftigt: 1992 wurde eine Vorlage abgelehnt, die eine "drastische und schrittweise Einschränkung der Tierversuche" vorgesehen hätte. 2007 kam im Kanton Genf eine Initiative gegen Tierversuche nicht zustande. Die Schweizer Liga gegen Vivisektion (SLGV) hatte zu wenig Unterschriften eingereicht.
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