Geheimnis gelüftet Diese Firmen in der Schweiz profitieren mit Kriegsgeschäften

tafu

16.7.2020

Die Schweizer Rüstungsexporte boomen: Doch welche Firmen profitieren am meisten vom Kriegsmaterialexport? (Symbolbild)
Die Schweizer Rüstungsexporte boomen: Doch welche Firmen profitieren am meisten vom Kriegsmaterialexport? (Symbolbild)
Bild: Keystone

Lange war es ein gut gehütetes Geheimnis, welche Schweizer Firmen Rüstungsgüter exportieren. Nun gibt der Rüstungsreport endlich Aufschluss über die Konzerne und damit die Profiteure des Waffenhandels.

Immer wieder sorgen Schweizer Rüstungsgüter für Skandale, wenn sie im Zusammenhang mit Kriegen auftauchen. Mit den Skandalen flammt auch stets die Diskussion auf: Ist es ethisch vertretbar, Rüstungsgüter in Krisengebiete wie Syrien zu liefern? Befürworter führen Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitsplätze und Innovation als Gegenargumente an.

Die Tatsache, dass die Schweiz Rüstungsgüter exportiert, ist kein Geheimnis, veröffentlicht das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) doch jährlich entsprechende Export-Statistiken über die Zielländer und die Art der Güter. Allerdings fehlen gänzlich Informationen über die am Waffenhandel beteiligten Firmen, auf welche Produkte sie spezialisiert sind und wie sehr sie von ihrem Geschäft mit dem Krieg profitieren. Bis jetzt.



Die «WOZ» führte fünf Jahre lang einen Rechtsstreit mit dem Seco, welches nach einem Urteil des Bundesgerichts nun die Namen der in der Schweiz ansässigen Rüstungsproduzenten an die Zeitung herausgeben musste. Die Daten enthalten Informationen über die bewilligten Exportsummen der rund 150 im Geschäft tätigen Firmen sowie die Kategorie der exportierten Güter oder Bestandteile: Panzer, Munition, Handfeuerwaffen und vieles mehr. Ob die Exporte tatsächlich erfolgt sind und an welche Kunden konkret geliefert wurde, ist allerdings nicht ersichtlich.

Einmalige Daten

Stephan Möhrle vom Rüs­tungs­in­for­ma­ti­ons­büro (Rib) zeigt sich begeistert von der Entwicklung. «Wir haben den Gerichtspro­zess mit grossem Inter­esse ver­folgt und sind hoch­er­freut über den Ausgang.» Im internationalen Vergleich seien die Daten einmalig. «Eine umfas­sende staat­liche Liste, die nach Unter­nehmen und bewil­ligten Exporten auf­ge­schlüs­selt ist, ist meines Wissens in fast keinem anderen Land öffent­lich zugäng­lich.»



RUAG und Rheinmetall weit vorne

Die Angaben zu den Exporten lassen grundsätzliche Erkenntnisse zum Schweizer Rüstungsmarkt zu. Der bestehe aus drei Typen, so die «WOZ»: Rüstungskonzernen, Zulieferern und Waffenhändlern. Der grösste Produzent der Schweiz ist die RUAG im Berner Oberland. Der Konzern stellt Kleinkalibermunition für Europa her und besitzt Niederlassungen in Deutschland, Grossbritannien, Ungarn und in den USA. Auf Platz zwei der Rüstungskonzerne folgt die RWM Schweiz in Altdorf UR und Zürich, die mittelkalibrige Munition herstellt, auf Platz drei die RWM Zaugg im solothurnischen Lohn-Ammannsegg, die Zünder produziert.

Sowohl die RWM Schweiz als auch die RWM Zaugg gehören der deutschen Rheinmetall. Diese ist auch ganz vorne dabei, was die Schweizer Rüstungsexporte angeht. Mit mehreren Niederlassungen in der Schweiz verfügt die Rheinmetall 2017 über Exportbewilligungen in Höhe von 1,1 Milliarden Franken – das entspricht etwa 60 Prozent der gesamten Exportsumme. Weitere Informationen zu den Verflechtungen und Hintergründen in der Schweizer Rüstungsindustrie sowie über Konzerne, Zulieferer und Waffenhändler finden sich auf der Website rüstungsreport.ch.

Schweizer Rüstungsexporte steigen stetig

Gesetzlich ist der Export von Kriegsmaterial aus der Schweiz nur erlaubt, wenn er dem Völ­ker­recht, den inter­na­tio­nalen Ver­pflich­tungen und den Grund­sätzen der schwei­ze­ri­schen Aus­sen­po­litik nicht wider­spricht. In den Jahren 2015 bis 2019 befand sich die Schweiz als Waffenexporteur weltweit auf Rang 13, ihr Anteil am Rüstungsweltmarkt betrug 0,9 Prozent, wie das Stockholmer International Peace Research Institute (Sipri) herausfand.

2017 exportierte die Schweiz Kriegsmaterial in Höhe von 450 Millionen Franken. 2019 stieg nach Angaben des Seco die Summe der erfolgten Exporte deutlich auf 728 Millionen Franken an und kletterte im ersten Halbjahr 2020 noch weiter in neue Höhen: Schweizer Unternehmen exportierten Kriegsmaterial im Wert von 501 Millionen Franken – nahezu doppelt so viel wie in der gleichen Vorjahresperiode.

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