Bestechung beim Zürcher StrassenverkehrsamtWer Schmiergeld zahlte, bestand auch die Fahrprüfung
tafi
22.5.2024
Führerausweise gegen Schmiergeld: Ehemalige Mitarbeiter des Strassenverkehrsamts Bassersdorf ZH haben sich jahrelang bestechen lassen. Dahinter steckte ein ausgeklügeltes System.
tafi
22.05.2024, 18:49
23.05.2024, 08:31
Andreas Fischer
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Mitarbeiter des Strassenverkehrsamts Bassersdorf ZH haben sich wahrscheinlich bestechen lassen und führten die Behörde zwei Jahre lang an der Nase herum.
Die Männer sorgten dafür, dass zahlungswillige Kunden auf jeden Fall ihre Fahrausweisprüfung bestehen – gegen Schmiergeld in Höhe von bis zu 3500 Franken.
Mittlerweile wurden ein Dutzend Strafbefehle ausgestellt und drei Anklagen erhoben. Doch die Affäre zieht sogar noch weitere Kreise.
Wer (viel) Geld zahlt, besteht die Fahrprüfung. So einfach lässt sich ein kriminelles Geschäftsmodell beschreiben, mit dem ein Bodenleger und ein Mitarbeiter des Strassenverkehrsamts Bassersdorf ZH ab 2019 zwei Jahre lang Fahrprüfungen manipulierten und die Behörde an der Nase herumführten.
Aufgeflogen sind die beiden Betrüger bereits 2021. Im September des vergangenen Jahres gab es Strafbefehle gegen zwei syrische Brüder, die sich ihre Führerausweise für 1500 beziehungsweise 2000 Franken erkauften.
Gegen Geld wurde die Prüfung auf jeden Fall bestanden
Erst jetzt hat die Staatsanwaltschaft die Untersuchungen weitgehend abgeschlossen, berichtet die «Neue Zürcher Zeitung». Demnach sei in Bassersdorf ein Schwarzmarkt entstanden, ein kriminelles Milieu, in das mehrere dubiose Personen verwickelt waren.
Demnach habe der Bodenleger die zahlungswilligen Kunden akquiriert. Der Mitarbeiter des Strassenverkehrsamtes habe sie dann bei der Fahrprüfung durchgewinkt. Laut Staatsanwaltschaft habe das System aber nur funktionieren können, weil auch andere Personen beteiligt waren.
So hätten in der Behörde zwei weitere Mitarbeiter dafür gesorgt, dass die «bezahlten» Prüfungen auch vom «richtigen» Experten abgenommen werden. Zudem hätten mehrere Mittelsmänner verzweifelte Menschen konkret angesprochen und sie dem Bestechungsapparat vermittelt.
Junge Migranten im Fokus
Ein ausgeklügeltes System mit jungen Migranten als Hauptzielgruppe: 70 Fälle könne die Staatsanwaltschaft dem bestechlichen Duo und ihren Helfern nachweisen. Immer seien mindestens 1500 Franken Schmiergeld geflossen, in einzelnen Fällen auch bis zu 3500 Franken.
Mittlerweile seien, schreibt die NZZ, zwölf Strafbefehle ausgestellt und drei Anklagen erhoben worden. Der Bodenleger sei zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt worden und müsse eine Ersatzforderung von 4000 Franken zahlen.
Bestechungsaffäre weitet sich aus
Der Experte im Strassenverkehrsamt wartet noch auf sein Gerichtsverfahren. Er sei geständig und habe sich mit der Staatsanwaltschaft auf ein sogenanntes abgekürztes Verfahren geeinigt. Im Raum stehen für ihn eine bedingte Freiheitsstrafe von 24 Monaten, eine Busse von 500 Franken sowie eine Ersatzforderung von 4000 Franken.
Die Bestechungsaffäre könnte derweil noch weitere Kreise ziehen. Ins Visier der Ermittler ist auch die Abteilung Administrativmassnahmen geraten. Dort soll ein Mitarbeiter Geld verlangt haben, um bei anstehenden Fahrausweisentzügen ein Auge zuzudrücken. Der Beschuldigte ist den Ermittlern bei einer fingierten Geldübergabe ins Netz gegangen.