OECD-Mindeststeuer Wie fair das Geld unter den Kantonen verteilt wird, ist strittig

aru

11.5.2023

Finanzministerin legt Argumente für die OECD-Mindeststeuer vor

Finanzministerin legt Argumente für die OECD-Mindeststeuer vor

Stabile Rahmenbedingungen schaffen und Steuereinnahmen und Arbeitsplätze für die Schweiz sichern: Mit diesen Begründungen empfehlen Bundesrat und Parlament ein Ja zur Mindestbesteuerung von international tätigen Konzernen gemäss OECD und G20-Regeln.Finanzministerin Karin Keller-Sutter stellte am Montag in Bern die Argumente für ein Ja am 18. Juni vor. Umgesetzt werden soll die OECD/G20-Mindeststeuer auf der Grundlage einer Verfassungsänderung, über die Volk und Stände an der Urne entscheiden.

24.04.2023

Die Erhöhung der Steuern auf OECD-Niveau bringt Milliarden an Mehreinnahmen – doch nicht alle Kantone profitieren: Eine Erhebung kommt zum Schluss, dass Basel und Zug die grossen Gewinner sind.

aru

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Mit der neuen OECD-Mindeststeuer fliessen zwischen 1,2 und 2,5 Milliarden zusätzlich in die Schweizer Steuerkassen.
  • Wie dieses Geld verteilt wird, ist der Streitpunkt bei der Abstimmung vom 18. Juni. Geht es nach der Vorlage, erhält der Bund 25 Prozent und die Kantone 75 Prozent. Die SP ergriff gegen dieses Modell das Referendum.
  • Die Gelder würden dennoch auf gerechte Weise unter den Kantonen verteilt, duch den nationalen Finanzausgleich. Das sagt der Bundesrat.
  • Neue Zahlen zeigen nun aber, dass Basel-Stadt und der Kanton Zug nur einen Bruchteil der Mehreinnahmen wieder abgeben müssten.
  • Weniger gut begüterte Kantone würden damit nicht vom Geldsegen profitieren.

Wie viele Milliarden es genau sein werden, ist noch unklar. Fest steht: Die Anpassung des Steuersatzes für grosse Unternehmen (OECD-Mindeststeuer) auf 15 Prozent spült viel Geld in die Kassen der Schweizer Steuerämter.

Annahmen gehen von 1,2 bis 2,5 Milliarden Franken aus. Unbestritten ist, dass diese Steuererhöhung kommt (siehe Box). Wie die Milliarden aber an Bund und Kantone verteilt werden, ist eine Knacknuss. Das Stimmvolk hat am 18. Juni das letzte Wort dazu.

Die SP ergriff das Referendum, weil sie den Verteilschlüssel für ungeeignet hält. So würde der Bund 25 Prozent der Mehreinnahmen erhalten, während 75 Prozent bei den Kantonen bleibt, die sie generiert haben.

OECD-Mindeststeuer

Die 38 Mitgliedstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) einigten sich gemeinsam mit rund 100 weiteren Ländern auf eine Mindeststeuer von 15 Prozent für grosse Unternehmen. Betroffen sind solche, die in mehreren Ländern tätig sind und mindestens einen Umsatz von 750 Millionen Franken aufweisen. In der Schweiz wären rund 2000 Unternehmen davon tangiert und müssten somit mehr Steuern zahlen. Alles Wissenswerte zur OECD-Mindeststeuer findest du hier.

Weil es in Basel-Stadt und im Kanton Zug besonders viele Grossunternehmen gibt, die weniger als 15 Prozent Steuern zahlen, zählen sie zu den Gewinnern.

Diese Handhabung ist teils auch so gewollt, denn die finanziellen Mittel könnten dort eingesetzt werden, wo Massnahmen gegen die verminderte Standortattraktivität ergriffen werden müssen, heisst es sinngemäss im Abstimmungbüchlein des Bundes.

An der Medienkonferenz zur Vorlage sagte Finanzministerin Karin Keller-Sutter, dass diese Mehreinnahmen auch im nationalen Finanzausgleich berücksichtigt würden. «Ein Teil der Gelder wird also über diesen bewährten Mechanismus zwischen finanzstarken und finanzschwachen Kantonen umverteilt», sagte die FDP-Bundesrätin.

Wie nun eine Erhebung der Wochenzeitung «Woz» zeigt, greift diese Umverteilung keineswegs. Teilweise werde die Ungleichheit sogar verschlimmert.

Zug müsste nur 31 von 242 Millionen abgeben

Würden die Mehreinnahmen schweizweit rund 1,2 Milliarden Franken betragen, erhielten Basel-Stadt und Zug rund die Hälfte davon. Der Kanton Zug müsste von seinen 242 Millionen Franken lediglich 31 Millionen mittels Finanzausgleich abgeben. 

Im Fall von Basel-Stadt wäre es noch extremer. Von den 272 Millionen Franken Zusatzeinnahmen würde der Halbkanton lediglich deren 8 abgeben müssen.

16 Kantone würden aus dem Finanzausgleichs-Topf etwas erhalten. Rund 1625 Franken pro Einwohner*in würden nach den Steuer-Mehreinnahmen beispielsweise im Kanton Zug bleiben, während über 20 Kantone weit weniger als 200 Franken pro Einwohner*in erhielten. Die Zeitung kommt zum Schluss: «Für 7,5 Millionen Menschen ist dies ein schlechter Deal.»

Diese Kantone sind die Verlierer

Für die Kantone Schwyz, Schaffhausen und Waadt ergebe sich eine absurde Situation. Einerseits könnten sie nur mit geringen Zusatzeinnahmen aufgrund der OECD-Steuer rechnen, müssten aber Geld in den Finanzausgleich abgeben. Der Grund hierfür sei, dass sich der Kantonale Finanzausgleich nicht an den Mehreinnahmen orientiert, sondern an einem fixen Schlüssel.

Basel-Stadt und Zug dürfte gemeinsam also rund eine halbe Milliarde Franken zur Verfügung stehen, um Massnahmen gegen die «verminderte Standortattraktivität» zu ergreifen. So könnte der interkantonale Steuerwettbewerb angeheizt werden. Zudem plane Basel-Stadt bereits Subventionen für die Pharmabranche und Steuersenkungen für Fachkräfte.

Das Finanzdepartement von Bundesrätin Karin Keller-Sutter kommentiert die Zahlen derweil nicht, weil die Unsicherheiten der Schätzungen zu gross seien. Die Zahlen würden sich aber in etwa mit jenen decken, die der Kanton Zug für sich selbst geschätzt hat.