Thierry Burkart «Wir wollen die liberale Gesellschaft verteidigen»

Von Alex Rudolf

16.8.2021

Der Aargauer Ständerat Thierry Burkart will das Erbe von Petra Gössi antreten.
Der Aargauer Ständerat Thierry Burkart will das Erbe von Petra Gössi antreten.
KEYSTONE/PETER KLAUNZER

Thierry Burkart will der Chef des Freisinns werden. In dieser Funktion müsste er zwischen linkem und rechtem Parteiflügel vermitteln, was ihm dank seines Vize-Teams gelingen soll.

Von Alex Rudolf

Bern «Es gibt viele einfachere Jobs, aber auch viele bedeutend langweiligere», sagt der Aargauer Ständerat Thierry Burkart. Heute lancierte er seine Kandidatur für das FDP-Präsidium. Am Montagmittag stellte der 45-Jährige in Bern sein Team aus vier Vizepräsident*innen vor, mit dem er Petra Gössi beerben will.

«Parteipräsident*innen haben beinahe dieselbe Verantwortung wie Bundesräte, aber nicht deren Team – und bezahlt sind sie ohnehin nicht.»

Bemerkenswert ist, dass Burkart betont, es handle sich nicht um eine Einzelkandidatur, sondern um ein Fünferticket. Er wolle seine Vizepräsident*innen im Falle einer Wahl strategisch und operativ einbinden. «Der Präsident ist aber der Kopf der Partei.»

Neben dem Zürcher Nationalrat Andri Silberschmidt sind die Freiburger Ständerätin Johanna Gapany, der Appenzeller Ständerat Andrea Caroni sowie der Walliser Nationalrat Philippe Nantermod mit an Bord. Die beiden Letzteren bekleiden heute das FDP-Vizepräsidium.

Ein Mann, der die Ochsentour hinter sich hat

Burkart absolvierte ein Jurastudium an der HSG, ist Hauptmann im Militär und hat die politische Ochsentour hinter sich. 2001 trat er ins Aargauer Kantonsparlament ein und 2015 schaffte er den Sprung in den Nationalrat. Vor zwei Jahren folgte dann die Wahl in den Ständerat. «Er hat einen unglaublichen Leistungsausweis und ein gutes strategisches Gespür», sagt Caroni über den Kandidaten.

FDP-intern gehört Burkart dem rechten Parteiflügel an. So setzte er sich gegen die Annahme des CO2-Gesetzes ein und war schon früh für einen Abbruch der Rahmenabkommen-Verhandlungen mit der EU. Beides entgegen der Parteileitung.

Heute äussert er sich gemässigter. So brauche die Schweiz ein stabiles Verhältnis mit der EU und die FDP wolle den bilateralen Weg in die Zukunft tragen. Das sei auch im Interesse der EU. Und bezüglich des Klimas verweist Burkart darauf, dass man sich klar für das Pariser Klimaabkommen ausspreche. «Wir wollen aber Massnahmen, die nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch vertretbar sind.»

«Liberales Feuer» soll entfacht werden

Gleich mehrmals bedient sich Burkart der Metapher, er wolle das liberale Feuer wieder entfachen. «Wir haben Lust dazu, die liberale Gesellschaft zu verteidigen und in die Zukunft zu führen. Dies kann nur die FDP. Wir stehen vor einem Aufbruch», sagt Burkart.

Wie soll ein solcher Aufbruch aussehen? Folgt nun ein FDP-interner Rechtsrutsch? Eine Vielfalt an Meinungen habe es im Freisinn schon immer gegeben und diese sei auch willkommen. «Es ist aber zentral, dass man als liberale Volkspartei Antworten auf alle drängenden Fragen hat», sagt Burkart. Damit meine er nicht nur die Klimapolitik oder die Beziehungen mit der EU.

Zwar besteht keine Forderung nach einem weiblichen Präsidium, da Gössi fünf Jahre die Zügel in der Hand hatte. Schafft Burkart am 2. Oktober aber die Wahl zum Präsidenten, wird die Elefantenrunde Männersache. Dies vorausgesetzt, SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer verzichtet und lässt Cédric Wermuth den Vortritt bei den Diskussionsrunden der Parteipräsidenten. «Bei der Zusammenstellung meines Teams dachte ich nicht primär an die Elefantenrunde», sagt Burkart.

Es kann noch eine Frau dazustossen

Gaspany ist aktuell noch die einzige Frau unter den Vizepräsident*innen, dies könne sich aber noch ändern. «Das Team kann erweitert werden», sagt sie. Zudem sei die Gleichberechtigung nicht nur Sache der Frau, sondern auch Sache des Mannes.

Neben jener von Burkart ging keine andere Kandidatur mehr bei der Findungskommission ein. Die Meldefrist verstrich gestern Sonntag. In den vergangenen Tagen zogen sich alle anderen möglichen Interessent*innen zurück. Neben dem St. Galler Nationalrat Marcel Dobler waren dies auch die Waadtländer Nationalrätin Jacqueline de Quattro, der Luzerner Ständerat Damian Müller und die St. Galler Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher.

Caroni erklärt sich das mangelnde Interesse an diesem Posten so: «Parteipräsident*innen haben beinahe dieselbe Verantwortung wie Bundesräte, aber nicht deren Team – und bezahlt sind sie ohnehin nicht.»

«Ich überarbeite mein Engagementsportfolio und werde einige Aktivitäten niederlegen.»

Burkarts Leben wird sich bei einer Wahl drastisch verändern. Er wolle möglichst viel Zeit für die Leitung der Partei einsetzen. «Daher überarbeite ich mein Engagementsportfolio und werde einige Aktivitäten niederlegen.» Schlagzeilen machte besonders, dass er vor knapp einem Jahr zum Präsidenten des Nutzfahrzeugverbands Astag ernannt wurde. Kann er in dieser Funktion glaubhafte Klimapolitik an der FDP-Spitze machen? «Bei der Astag ging ich eine Verpflichtung ein, weshalb ich das Mandat behalten werde.» Er sehe denn auch keinen Widerspruch zwischen den beiden Funktionen.

FDP will wieder in den Städten punkten

Einen weiteren Fokus legt Burkarts Team auf Schweizer Städte, wo Grüne und SP derzeit den Ton angeben. Dafür holte er den 27-jährigen Silberschmidt ins Team, der den urbanen Freisinn wieder auf die Erfolgsstrasse bringen soll. «In den Schweizer Grossstädten werden die Bürger*innen von den linken Parteien bevormundet. Es wird entschieden, wo gebaut werden darf und welches Verkehrsmittel genehm ist», sagt er. Doch gebe es auch dort, wo Rot-Grün stark sei, viele potenzielle FDP-Wähler*innen.