Im Drogenrausch getötet Gericht muss Tötung durch Galeristensohn neu beurteilen

hael, sda

30.5.2022 - 06:02

Die Tat geschah im Dezember 2014 in Küsnacht an der Goldküste. (Archivbild)
Die Tat geschah im Dezember 2014 in Küsnacht an der Goldküste. (Archivbild)
Bild: Keystone/Steffen Schmidt

Auf Geheiss des Bundesgerichts muss sich das Zürcher Obergericht ab heute Montag zum zweiten Mal mit einem Tötungsdelikt befassen, das Ende 2014 in Küsnacht verübt wurde. Beschuldigt ist ein heute 37-jähriger Sohn eines Galeristen. Er hatte im Drogenrausch seinen Freund umgebracht.

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Der Sohn einer wohlhabenden Familie hatte nie bestritten, am 30. Dezember 2014 in der elterlichen Villa an der Zürcher Goldküste seinen Freund getötet zu haben. Er schlug ihm mit einem Kerzenständer den Schädel ein, rammte ihm eine Kerze in den Rachen und erwürgte ihn. Dann rief er selbst die Polizei.

Er machte allerdings geltend, er habe unter dem Einfluss von Kokain und Ketamin gehandelt und nicht gewusst, was er tat. Laut psychiatrischem Gutachten befand er sich zur Tatzeit in einem psychotischen Zustand mit Wahnvorstellungen. Er soll zudem gegenüber seiner Ex-Freundin Sexualdelikte begangen haben, was er bestreitet.

Im August 2017 verurteilte das Bezirksgericht Meilen den Deutschen wegen vorsätzlicher Tötung und wegen der Sexualdelikte zu einer Freiheitsstrafe von 12,5 Jahren. Zudem ordnete es eine ambulante Therapie an.

Schuldunfähig wegen Drogen?

Verteidigung und Ankläger zogen das Urteil jedoch ans Obergericht weiter. Der Staatsanwalt forderte eine Freiheitsstrafe von 16 Jahren. Die Verteidigung plädierte für Freispruch – der Beschuldigte sei zum Tatzeitpunkt vollkommen schuldunfähig gewesen.

Der Beschuldigte hatte Erfolg. Das Obergericht sprach ihn 2019 gemäss dem Prinzip «im Zweifel für den Angeklagten» vom Vorwurf der Sexualdelikte frei. In Bezug auf das Tötungsdelikt attestierte ihm das Gericht Schuldunfähigkeit. Diese habe er wegen der Drogen allerdings selbst verschuldet.

Es verhängte die in einem solchen Fall zulässige Maximalstrafe von drei Jahren Freiheitsentzug und ordnete eine stationäre Behandlung in einer Sucht-Klinik an. Deren Dauer hängt vom Behandlungserfolg ab. Die Staatsanwaltschaft und die Ex-Freundin zogen das Urteil jedoch weiter ans Bundesgericht.

Dieses hob das Urteil auf. Es wies das Obergericht an, die Aussagen des Beschuldigten nochmals zu prüfen. Die vom Obergericht festgestellten Umstände lassen es laut Bundesgericht nicht zu, auf die Schuldunfähigkeit des Mannes zu schliessen. Auch bei den Sexualdelikten muss das Obergericht nochmals über die Bücher.