Vorwurf der Rassendiskriminierung Gericht spricht SVP-Kantonsrat Claudio Schmid frei

leph, sda

17.2.2022 - 15:15

Der Zürcher SVP-Kantonsrat Claudio Schmid muss sich am Donnerstag vor dem Bezirksgericht Bülach wegen Rassendiskriminierung verantworten. (Symbolbild)
Der Zürcher SVP-Kantonsrat Claudio Schmid muss sich am Donnerstag vor dem Bezirksgericht Bülach wegen Rassendiskriminierung verantworten. (Symbolbild)
Keystone

Wegen eines Tweets musste sich der Zürcher SVP-Politiker Claudio Schmid vor dem Bezirksgericht Bülach verantworten. Die Richterin sah indes keinen Verstoss gegen die Antirassismusstrafnorm und sprach Schmid frei.

Keystone-SDA, leph, sda

Das Bezirksgericht Bülach hat den Zürcher SVP-Kantonsrat Claudio Schmid vom Vorwurf der Rassendiskriminierung freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte ihn wegen eines Tweets zu einem Attentat angeklagt.

Die Verhandlung am Bezirksgericht Bülach am Donnerstagmorgen dauerte lediglich zwei Stunden und endete mit einem Freispruch.

Claudio Schmid erhält eine Prozessentschädigung von rund 7500 Franken. (Archiv)
Claudio Schmid erhält eine Prozessentschädigung von rund 7500 Franken. (Archiv)
Bild: Keystone

Schmid kommentierte auf Twitter das Attentat von Hanau in der Nähe von Frankfurt am Main (D). Am 19. Februar 2020 hatte dort ein 43-jähriger Mann bei einem Terrorakt neun Menschen mit Migrationshintergrund getötet. Anschliessend tötete er seine Mutter und sich selbst.

Die Details und Hintergründe der Tat waren noch nicht bekannt, als Schmid dazu am frühen Morgen des 20. Februar 2020 auf Twitter schrieb: «In Hanau am ‹Bosporus› zu Frankfurt kam es offenbar zur grossen Bereicherung. Hat natürlich nichts mit der unkontrollierten Masseneinwanderung zu tun und auch nicht mit importierter Gewalt- und Bandenkriminalität.»

Nicht gegen das Gesetz verstossen

Gemäss dem Entscheid der zuständigen Einzelrichterin am Bezirksgericht Bülach hat Schmid damit nicht gegen die Antirassismusstrafnorm verstossen. Das Gericht hat ihn deshalb freigesprochen. Schmid erhält eine Prozessentschädigung in der Höhe von knapp 7500 Franken.

Wenn man Schmids Äusserung in ihrem gesamten Kontext betrachte, liege kein Fall von Rassendiskriminierung gemäss Strafgesetzbuch vor, so die Richterin. Der Interpretation der Staatsanwaltschaft könne deshalb nicht gefolgt werden.

Die Staatsanwaltschaft argumentierte in der Anklage, indem Schmid die Tat als «Bereicherung» bezeichnet habe, habe er sämtlichen Menschen mit Migrationshintergrund die Existenzberechtigung abgesprochen. Mit «Bosporus» habe er zudem speziell Bezug auf Personen aus der Türkei genommen, hiess es in der Anklageschrift.

Insgesamt soll er mit seiner Äusserung andere Personen in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Art und Weise herabgewürdigt haben. Dafür forderte die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu 110 Franken, sowie eine Busse von 2500 Franken. Die Geldstrafe sollte nur bedingt vollzogen werden bei einer Probezeit von vier Jahren. Hinzu wären Kosten in der Höhe von 1500 Franken gekommen.

Schmid bestritt rassistisches Motiv

Schmid wies den Vorwurf an der Verhandlung zurück. «Ich habe damit ein Ereignis kommentiert, es war keinesfalls als rassistische Wertung gedacht», sagte er. Zudem habe er nicht über die Herkunft der Opfer, sondern über diejenige der Täter gemutmasst.

Schmid und sein Verteidiger, der bekannte Thurgauer SVP-Politiker und Anwalt Hermann Lei, kritisierten insbesondere, dass die Staatsanwaltschaft den Begriff «Bereicherung» so interpretiere, als hätte sich Schmid darüber gefreut, dass Menschen umgebracht worden seien.

«Das ist natürlich Unsinn», sagte Lei. Es sei hinreichend bekannt, dass der Begriff «Bereicherung» oft satirisch verwendet werde, wenn es um negative Folgen von Migration gehe. Lei forderte einen Freispruch für Schmid.

Auch Schmid sagte, er habe im ersten Moment tatsächlich vermutet, dass Personen mit Migrationshintergrund hinter der Tat stecken könnten, etwa Bandenkriminelle oder terroristische Täter.

Tatsächlich kursierten unmittelbar nach der Tat Vermutungen über einen solchen Hintergrund. Dass ein 43-jähriger Deutscher alleiniger Täter war, stand erst später fest. Das Bundeskriminalamt kam zum Schluss, dass die Tat rechtsextremistisch motiviert war.

Schmid, der seit 19 Jahren für die SVP im Zürcher Kantonsrat sitzt, gilt als eifriger Nutzer des Kurznachrichtendienstes Twitter. Er kommentiert vorwiegend politische Themen und eckt mit pointierten Äusserungen an. Zwischenzeitlich wurde er von der Plattform verbannt.

Das Urteil des Bezirksgerichts Bülach ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft könnte es ans Zürcher Obergericht weiterziehen.