Gegenoffensive fordert viele VerlusteUkrainischer Soldat (23): «Ich bin bereit zu sterben»
toko
6.9.2023
Bei Robotyne gelang den Truppen von Kiew vor wenigen Tagen ein grosser Erfolg. Einer britischen Zeitung berichten ukrainische Elitesoldaten nun von hohen Verlusten — und ihrer Unzufriedenheit.
toko
06.09.2023, 15:48
06.09.2023, 17:19
toko
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
An der Südfront bei Robotyne konnten ukrainische Streitkräfte einen Durchbruch russischer Verteidigungslinien erzielen.
Der Erfolg wurde offenbar jedoch mit hohen Verlusten erkauft.
Ukrainische Elitesoldaten berichten der englischen «Times» vom Fronteinsatz und den erlittenen Verlusten. Zugleich äussern sie sich unzufrieden mit der Durchführung der Gegenoffensive.
«Ich wünschte, diese Menschen würden an die Front kommen, um die Realität unseres Kampfes zu sehen»: Das sagt ein junger Elitesoldat der ukrainischen Streitkräfte über die Beobachter «daheim auf dem Sofa», die zu dem Schluss kämen, dank der westlichen Panzer würde es nun besser laufen mit der Gegenoffensive.
Dieser Erfolg markiert einen wichtigen Wendepunkt in den wochenlangen Kämpfen und könnte dazu beitragen, die Landverbindung zwischen Russland und der besetzten Krim zu unterbrechen, was für die russischen Versorgungsrouten entscheidend ist.
Die Verluste an der Surowikin-Linie sowie an weiteren Frontabschnitten wurden jedoch offenbar unter hohen Verlusten erkauft. Der russische Verteidigungsminister Schoigu sprach gar von 66’000 Soldaten, die im Rahmen der Offensive gestorben sein sollen. Zwar ist diese Zahl wie alle Aussagen zum Kriegsverlauf mit grosser Vorsicht zu interpretieren.
Gleichwohl häufen sich Meldungen über verheerende Verluste auch aus anderen Quellen. Darauf deuten etwa auch Berichte von Soldaten hin.
Ukraine meldet wichtigen Erfolg bei Gegenoffensive
Nach ukrainischen Angaben und nach Einschätzung von Militärexperten haben ukrainische Truppen bei ihrer Gegenoffensive einen wichtigen Erfolg erzielt. Es sei den ukrainischen Soldaten gelungen, die ersten Elemente der wichtigsten russischen Befestigungsanlagen, der sogenannten «Surowikin-Linie» zu durchbrechen.
31.08.2023
«Ich bin bereit zu sterben»
Massgeblich beteiligt am Erfolg bei Robotyne war das Battalion Skala, eine Eliteeinheit, deren Soldaten an vorderster Front kämpfen. Einige von Ihnen haben nun mit der englischen «Times» gesprochen, um Erschreckendes zu berichten.
So seien die Verluste gross, und es würden noch mehr Todesopfer und Verletzte erwartet. Zuvor hatte die Zeitung berichtet, für die Offensive habe die Armee gar Einheiten einsetzen müssen, die eigentlich als Reserve gedacht waren.
Die Ukrainer sind sich dabei wohl bewusst, dass es nur langsam vorangeht und die Aktion mit Opfern verbunden ist. Auf ihrem Weg stossen sie auf Minen, Panzersperren und andere Verteidigungsanlagen.
Die Infanteristen operieren meist im Schutz der Dunkelheit – auf Unterstützung von IFVs (Schützenpanzer) oder anderem schwerem Gerät dürfen sie gleichwohl nicht hoffen.
Einer der Soldaten wird von seinen Kameraden Boyets (dt. Krieger) genannt und berichtet, seine Einheit habe bereits drei Viertel seiner Soldaten verloren. Er sagt: «Ich bin bereit zu sterben, jedoch nur, weil ich es muss.»
Boyets erzählt weiter, er und seine Kameraden wüssten, dass neunzig Prozent sterben würden. «Ja, wir haben die Linie der Russen durchbrochen — aber verdammt noch mal, zu welchem Preis?», fragt der 23-Jährige.
Ohne Infanterie geht es nicht
Die Berichte der Soldaten über das Ausmass der Verluste sind erschreckend. Ein weiterer erzählt, dass man an einem Tag 24 Verwundete in einem gepanzerten Truppentransporter vom Typ M-113 gestapelt habe. «Normalerweise kannst du vier Verwundete in einem M-113 retten.»
Wie die jungen Männer andeuten, sind viele von ihnen unzufrieden mit der Durchführung der Gegenoffensive. So habe die Armeeführung auf Panzereinheiten gesetzt, in der Hoffnung, das schwere Gerät aus dem Westen würde den Durchbruch bringen.
Das habe jedoch nicht funktioniert, wie die Soldaten des Skala-Battalions offenbar aus erster Hand wissen. Bradleys und Leopards seien grossartig, sagt Boyets – «bis sie über eine Mine fahren». Die grosse Lektion des Sommers sei, dass zunächst die Infanterie angreifen müsse, um den Weg für die Panzer freizumachen.