Umstrittene Wahlrechtsreform US-Regierung verklagt Texas

dpa

5.11.2021 - 04:22

Symbolträchtig, die Statue eines kämpferischen Cowboys vor dem texanischen Parlamentsgebäude, dem Kapitol in Austin.
Symbolträchtig, die Statue eines kämpferischen Cowboys vor dem texanischen Parlamentsgebäude, dem Kapitol in Austin.
Getty Images

Im Sommer stand Texas im Zentrum landesweiter politischer Kämpfe ums US-Wahlrecht. Nun gibt es eine neue Runde in dem Streit. Das Justizministerium hat Klage gegen den Südstaat eingereicht.

Das US-Justizministerium hat den Staat Texas wegen einer umstrittenen Wahlrechtsreform verklagt. Damit geht der Disput, der im Sommer einen dramatischen Nervenkrieg im texanischen Kapitol zur Folge hatte, in eine neue Runde. Die Klage vom Donnerstag richtet sich nicht gegen das gesamte Reformpaket, das Texas' Gouverneur Greg Abbott im September unterzeichnete. Der Fokus liegt vielmehr auf Vorgaben rund um Briefwahl und Regeln zu Hilfen für Wähler, die das Justizministerium als Verstösse gegen Bürgerrechte einstuft.

«Unsere Demokratie hängt von dem Recht zugelassener Wähler ab, eine Stimme abgeben zu dürfen und dass diese Stimme auch zählt», erklärte Justizminister Merrick Garland. «Das Justizministerium wird auch weiterhin alle ihm zur Verfügung stehenden Befugnisse nutzen, um diese fundamentale Säule unserer Gesellschaft zu schützen.»

Gegner der als Senat Bill 1 bekannten Wahlrechtsreform in Texas haben bereits Klage gegen den Südstaat eingereicht. Sie werfen den dort regierenden Republikanern vor, das Ziel zu verfolgen, Minderheiten und andere zu den Demokraten tendierende Wählergruppen an den Rand drängen zu wollen. Gouverneur Abbott und andere Republikaner in Texas argumentieren, dass die Änderungen vor Wahlbetrug schützten.

Nach den neuen Gesetzen müssen Bürger, die hilfsbedürftigen Wählern beim Ausfüllen ihrer Stimmzettel helfen, einen längeren Eid ablegen, bei dem sie eine mögliche Strafe bei Meineid anerkennen. Beseitigt werden zudem ältere Antworten auf Wählerfragen, was laut Kritikern Wähler mit Behinderungen benachteiligt. Bei der Briefwahl müssen ausserdem die die Führerscheinnummer oder die letzten vier Ziffern der Sozialversicherungsnummer mit angegeben werden, was nach Auffassung des Justizministeriums das Risiko erhöht, dass Stimmzettel zu Unrecht abgewiesen und einige rechtmässige Wähler ausgeschlossen werden.

Wahllokale in Texas dürfen am Wahltag nicht mehr 24 Stunden geöffnet sein, und Abgaben von Stimmen aus dem Auto an Drive-Thru-Schaltern werden verboten – diese Vorgaben werden in der Klage des Ministeriums aber nicht angefochten. Texas gehört zu mindestens 18 anderen Staaten, die seit der Präsidentschaftswahl 2020 ähnliche Reformen eingeführt haben. Befeuert werden die Vorstösse zum Teil von den falschen Behauptungen von Expräsident Donald Trump, wonach ihm die Wahl gestohlen worden sei.

Aus Protest gegen die texanische Reform waren mehr als 50 Abgeordnete der Demokraten im Sommer dem Kapitol in Austin ferngeblieben und in Privatjets nach Washington geflogen. Damit sorgten sie dafür, dass im texanischen Parlament mehr als einen Monat lang Stillstand herrschte. Entrüstete Republikaner veranlassten Haftbefehle gegen ihre demokratischen Kollegen, um deren Rückkehr zu erzwingen. Die Demokraten wollten wiederum mit ihrer Aktion Zeit gewinnen. Sie hofften, dass Präsident Joe Biden und der Kongress das Wahlrecht auf Bundesebene regeln würden. Diese Bemühungen wurden aber wiederholt blockiert.

Abbott zeigte sich in einer Reaktion auf die Klage kampfeslustig. «Nur her damit», schrieb der Gouverneur auf Twitter. Die neuen Regeln seien legal. Die Demokraten begrüssten die Klage hingegen. Die Führung in Texas müsse für «deren krassen Machtmissbrauch» zur Rechenschaft gezogen werden, sagte Gilberto Hinojosa, Vorsitzender der Demokraten in Texas. Das Vorgehen der Republikaner sei ein «schamloser Versuch, sich an der Macht zu halten».