Neues BuchAndreas Vollenweider: «Im Spiegel der Venus»
SDA
1.10.2020 - 11:05
Wäre Andreas Vollenweiders erster Roman Musik, dann würde sie einen im positiven Sinn in andere Sphären tragen. Nun ist «Im Spiegel der Venus» aber Literatur, und ihr fehlt die Bodenhaftung.
Schon als Sechsjähriger schafft es der Argentinier Armando Hector Ruiz, die Menschen mit seinem Cellospiel nicht nur zu berühren, sondern auch zu heilen. Mit dieser Gabe spaltet er die Gesellschaft: Während ihn die einen wie einen Messias verehren, wird er von anderen verteufelt. Darunter leidet der Junge so sehr, dass er seine Heimat verlassen muss.
Armando zieht mit seiner Mutter nach Bern und lässt vorerst die Hände von der Musik. Bis er vom Leiter des Konservatoriums entdeckt und gefördert wird. Armando absolviert sein Musikstudium im Schnellgang und wird zum Weltstar. Er bereist alle Länder, über die Vollenweider jeweils viel Historisches schreibt, er tritt im Fernsehen auf, begeistert weiter Menschen – und wird gleichermassen gehasst.
Das ist ein Aspekt des Buches. Der andere ist Armandos Fähigkeit, seine Gedanken Realität werden zu lassen. So steht etwa die Frau, die er sich in seinen Träumen erschaffen hat, auf einmal leibhaftig neben ihm. Er stellt die neue Lebenspartnerin seinem Umfeld vor, was ihr Existenz endgültig bestätigt. Doch so schön das alles ist, Armando verliert ob seiner Fähigkeiten beinahe den Verstand.
Die Suche nach einer Erklärung, auf die der Schweizer Musiker und Neuschriftsteller Vollenweider die Leserin über rund 400 Seiten mitnimmt, enthält wohl spannende Gedanken und ist in einer bildstarken Sprache geschrieben. Doch sind es zu viele Schauplätze, zu viele unfertige Handlungsstränge und dadurch auch zu viele Seiten, um Orientierung und Geduld zu behalten.
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