Geisterstadt Unbekannte Tragödie: Das ist Australiens Tschernobyl

tsch

2.8.2018

Dass sie im australischen Wittenoom aufwuchs, wird Heather McGarrity bald das Leben kosten. Trotzdem kehrte die todkranke Frau in den asbestverseuchten Ort zurück.

Gerade einmal zwölf Jahre ist es her, dass Wittenoom von der Landkarte verschwand. 2006 erkannte die Regierung dem Ort in Western Australia den Stadtstatus ab, seit 2007 trauen sich nicht einmal mehr Postboten in die Gemeinde. Aus gutem Grund: Der Ort wurde um 1950 auf einem Asbestvorkommen gebaut, der Grossteil der Einwohner bestritt seinen Lebensunterhalt in der örtlichen Mine. Mit fatalen Folgen: Dass Asbest schwer gesundheitsgefährdend ist, sogar Lungenkrebs hervorrufen kann, ist inzwischen unumstritten. Doch als die Mine 1966 schloss, war es für viele Bewohner von Wittenoom schon zu spät.

Etwa für Heather McGarrity, die in der einstigen Boom-Stadt aufgewachsen ist. Beide Elternteile starben an einer Lungenkrankheit, an der sie inzwischen auch selbst erkrankt ist. In dem Wissen, dass sie nichts mehr zu verlieren hat, reiste die 69-Jährige noch einmal an den verhängnisvollen Ort ihrer Kindheit und dokumentierte alles mit der Kamera. «Ich wollte mein altes Haus und damit meinen Frieden finden», zitiert «Story Trender» die sechsfache Grossmutter. «Ich wollte Antworten. Doch all die alten Läden waren verschwunden und ich konnte mein Elternhaus nicht mehr finden.»

Nervenkitzel für Katastrophen-Touristen

Längst ist Wittenoom eine Geisterstadt. «Es war gespenstig, die alten Häuser zu sehen», meint die pensionierte Lehrerin. «In manchen davon leben sogar noch Menschen, die nicht loslassen können. Doch niemand öffnet die Tür.» Obwohl die australische Regierung ausdrücklich davor warnt, Wittenoom zu bereisen, steuern immer wieder sensationshungrige Katastrophen-Touristen den verlassenen Ort an und posten Videos und Fotos davon in den sozialen Medien. McGarrity hat dafür keinerlei Verständnis: «Dass Menschen für Internetruhm hierherkommen, ist einfach widerlich.»

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