Fischsterben in der OderVerseuchtes Wasser könnte Mündungsbereich vor der Ostsee erreichen
dpa
17.8.2022 - 06:47
Oder-Fischsterben: Bundesumweltministerin fordert «vollständige Aufklärung und Transparenz» von Polen
STORY: Die deutsche Bundesumweltministerin fordert von Polen eine umfassende Aufklärung der Gewässerverunreinigung in der Oder, die zu einem massiven Fischsterben geführt hat. Am Samstag machte sich Steffi Lemke in Frankfurt/Oder selbst ein Bild der Lage. Vor allem Untersuchungsdaten seien die polnischen Behörden bisher schuldig geblieben, so Lemke. «Das heisst, das, was auf Brandenburger Seite als Erstanalyse vorliegt, gibt es von der polnischen Seite bisher nicht. Ich plane gegenwärtig, einen Termin morgen Abend in Stettin mit der polnischen Kollegin gemeinsam noch mal zu machen. Hoffe dann weitere Erkenntnisse dort zu haben und erwarte natürlich von der polnischen Seite eine vollständige Aufklärung und vollständige Transparenz darüber, was passiert ist, was zu dieser Katastrophe geführt hat.» Sie wisse nicht, wann sich die Belastung der Oder so weit verdünnt haben wird, dass sie für Natur und Menschen nicht mehr gefährlich sei, sagte Lemke. Das deutsche Umweltministerium erklärte, es könne mehr als eine Ursache geben, und verwies auf niedrige Wasserstände und hohe Temperaturen aufgrund der jüngsten Hitzewellen.
14.08.2022
Das massenhafte Fischsterben in der Oder trifft ein Naturidyll. Die Sorge wächst, dass verseuchtes Wasser das Stettiner Haff erreichen könnte – und somit auch die Mündung in die Ostsee.
Man setze alles daran, dass kein toter Fisch im Stettiner Haff ankomme, hatte der Umweltminister von Mecklenburg-Vorpommern, Till Backhaus (SPD), gesagt. Mit Stand Dienstag seien im deutschen Teil des Haffs keine toten Fische gesichtet worden. Die Oder fliesst in das Stettiner Haff, durch das die Grenze von Deutschland und Polen verläuft, und von dort aus in die Ostsee.
Die Tourismusbranche in der Region im östlichen Mecklenburg-Vorpommern zeigt sich besorgt. «Es ist eben noch eine Situation, in der sehr vieles unklar ist», sagte der Geschäftsführer des Landestourismusverbands, Tobias Woitendorf. Die Landesregierung in Schwerin rät vorsichtshalber vom Baden im Stettiner Haff ab. Gesundheitliche Risiken könnten bislang nicht ausgeschlossen werden. Auch vom Angeln, Fischen und der Wasserentnahme haben Behörden abgeraten.
Auch südlich der Hafenstadt Stettin sind mittlerweile nach Angaben polnischer Behörden in Kanälen, die mit der Oder verbunden sind, tote Fische gefunden worden. Dies bedeute, dass sich die verseuchten Wassermassen auf Stettin zubewegten, sagte der Chef der Gebietsadministration für die Woiwodschaft Westpommern, Zbigniew Bogucki, am Dienstag.
Ursache und Untersuchung
Die Ursache für die Umweltkatastrophe ist weiter offen. Das Fischsterben in der Oder beunruhigt seit Tagen die Menschen, die in Polen und Deutschland an dem Fluss leben.
In untersuchten Wasserproben sind nach Angaben von Polens Regierung bislang keine toxischen Substanzen entdeckt worden, die das Fischsterben verursacht haben könnten. In den Proben toter Fische seien zudem keine Hinweise auf Pestizide gefunden worden, sagte Polens Umweltministerin Anna Moskwa am Dienstag in Warschau. Bei den Untersuchungen würden derzeit drei Hypothesen in Betracht gezogen.
Die erste Hypothese ist das mögliche Eindringen eines giftigen Stoffes ins Wasser, entweder beim Produktionsprozess in einem an der Oder ansässigen Industriebetrieb oder durch eine illegale Einleitung in den Fluss. Die zweite Hypothese besagt, dass die Ursachen natürlicher Natur waren: hohe Temperaturen, niedrige Wasserstände und erhöhte Schadstoffkonzentrationen. Die dritte Hypothese sei die Einleitung einer grossen Menge chlorhaltigen Brauchwassers in die Oder.
Zahl der toten Fische
Allein die polnische Feuerwehr hat nach eigenen Angaben bislang fast hundert Tonnen toter Fische aus dem Grenzfluss und einem kleineren Fluss geborgen, der keine Verbindung zur Oder hat. Auch in Brandenburg sammelten Helfer die Fischkadaver an der Oder ein. Die verendeten Tiere werden in speziellen Verbrennungsanlagen vernichtet. Über die in Deutschland eingesammelten Mengen gab es vorerst keine Angaben.
Das Brandenburger Landesumweltamt hat erste Laborergebnisse ausgewertet. Die am Montagabend vom Landeslabor Berlin-Brandenburg in einer ersten Tranche übermittelten Ergebnisse hätten keine besonders hohen Werte für Metalle wie Quecksilber gezeigt, hiess es am Dienstag vom Umweltministerium des Landes Brandenburg. Eine einzelne Ursache für die Umweltkatastrophe lasse sich nicht erkennen.
Auf der Webseite des Landesumweltamts lässt sich ablesen, dass sich die Werte im Fluss vom 7. August an dramatisch veränderten. So schnellten der Sauerstoffgehalt, der pH-Wert, die Trübung und andere Werte schlagartig nach oben, während die Menge von Nitrat-Stickstoff deutlich abfiel.
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