Vater und Sohn sind in den Bergen in der norditalienischen Provinz Trentino unterwegs. Auf einmal steht ein Bär vor ihnen. Der 28 Jahre alte Sohn läuft davon, fällt vor Schreck hin. Der Bär steigt auf ihn.
Der Vater greift an, verteidigt den Sohn und attackiert den Bären. «Wie ein Blitz» sei das Tier aus dem Wald gekommen, zitieren lokale Medien den Vater Fabio Misseroni. «Er warf sich auf meinen Sohn, traf ihn an den Beinen. Da bin ich gegen ihn angetreten, um (meinen Sohn) Christian zu verteidigen. Er biss mich in ein Bein, dann in einen Arm, dann in die andere Hand. Dann ging er weg, wie durch ein Wunder. Er hätte uns beide töten können.»
Der 59-jährige Vater zieht sich schwere Verletzungen am Bein zu, teilt die autonome Provinz Trentino mit. Die Männer – beide sind Jäger – kommen ins Krankenhaus. Beim Kampf zwischen Bär und Vater sei es zu «Tritten, Schlägen, Bissen» gekommen, hiess es bei der Provinz. Aber ob der Bär aggressiv war oder die Menschen ihn mit ihrem Verhalten aufgescheucht haben, ist unklar. Geprüft wird, ob es eine Bärin mit Jungen war. «Bären haben normalerweise Angst vor Menschen, sie weichen ihnen aus. Aber wenn eine Bärin Junge hat, dann verteidigt sie diese», erklärt ein Sprecher der Provinz.
In der auch bei Deutschen sehr beliebten Berglandschaft um die Dolomiten gibt es immer wieder Bären-Ärger. Gegner machen die Tiere für das Reissen ihrer Nutztiere verantwortlich und meinen, sie verbreiten Angst und Schrecken und vergraulen Touristen. Naturfreunde hingegen sehen das Problem eher beim Menschen, der sich den Bären leichtsinnig nähert.
Generell gilt: Nicht mit freilaufenden Hunden spazieren, bei einer Begegnung mit dem Bär ruhig bleiben, langsam rückwärts bewegen, mit ruhiger Stimme sprechen. Im seltenen Fall, dass ein Bär angreift: Den Bären nicht anschreien und nicht versuchen, ihn zu treten. Mit verschränkten Fingern im Nacken hinlegen und mit den Armen den Kopf schützen, heisst es in einem Infoblatt der Provinz
Im Trentino leben rund 90 Bären, das ist für ein relativ kleines Gebiet ziemlich viel. Sie wurden Ende der 90er Jahre mit einem EU-Programm in der Alpenregion wieder angesiedelt. Doch der Traum von der friedlichen Existenz zwischen (Wild-)tier und Mensch scheint mittlerweile ausgeträumt.
«Es ist kein einfaches Verhältnis. Der jetzige Vorfall könnte den Konflikt weiter anheizen», sagt Marco Galaverni, wissenschaftlicher Direktor beim Umweltschutzbund WWF. Die Menschen in der Region müssten viel besser aufgeklärt werden, dass sie sich in einem Gebiet mit Bären befinden. Auch Urlauber müssten Bescheid über korrektes Verhalten wissen.
Eines der berühmtesten Trentiner Exemplare war «Problembär Bruno», der bis nach Deutschland wanderte und nach einem riesigen Medienrummel schlussendlich im Sommer 2006 in Bayern erlegt wurde.
Letztes Jahr machte in Italien dagegen «M49» monatelang Schlagzeilen. Der Bär galt als Ausbrecherkönig, weil er sich aus einem Gehege befreit hatte. Erst knapp zehn Monate später, diesen April, tappte er in eine Falle und wurde wieder hinter Absperrungen gebracht. Was dem jetzigen «Problembär» droht, ist unklar. Die Provinz könnte eine Anordnung erlassen, ihn zu fangen oder auch, ihn zu töten, falls er als zu gefährlich eingestuft wird.
Dass eine Begegnung mit einem Bären nicht unbedingt übel ausgehen muss, zeigt ein Video aus dem Trentino, das sich vor wenigen Wochen international verbreitete: Darauf ist ein Junge beim Wandern zu sehen. Hinter ihm steht ein grosser Bär, der sich aufrichtet. Geleitet von den ruhigen Worten seines Vaters zeigt der Junge dem Tier die kalte Schulter, bewegt sich langsam davon – bis das Tier das Interesse verliert und sich abwendet.
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