Mit unerwünschten Werbeanrufen haben Telefonverkäufer Kunden in der ganzen Schweiz belästigt - auch solche mit Stern-Eintrag im Telefonverzeichnis. Der verantwortliche Geschäftsführer wurde vom Kantonsgericht St. Gallen verurteilt. Seine Frau wurde freigesprochen.
Die Staatsanwaltschaft und das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) warfen dem Ehepaar am Montag vor Gericht unlauteren Wettbewerb vor. Die Staatsanwältin beantragte für den 54-jährigen Kaufmann eine bedingte Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu 750 Franken, für die 53-jährige Frau eine bedingte Geldstrafe von 15 Tagessätzen.
Zudem sei ein beschlagnahmtes Konto des Geschäftsmanns mit 250'000 Franken einzuziehen, forderte die Staatsanwältin. Die beiden Beschuldigten wiesen die Vorwürfe zurück. Ihre Verteidiger verlangten Freisprüche.
Deutlich tiefere Strafe
Am Dienstag gab das Kantonsgericht sein Urteil bekannt. Die Ehefrau wird freigesprochen. Der Geschäftsführer wird in acht Fällen des mehrfachen Vergehens gegen das Bundesgesetz über den unlauteren Wettbewerb schuldig gesprochen. In den übrigen Anklagepunkten wurde er freigesprochen.
Die Strafe fällt deutlich tiefer aus, als von der Staatsanwaltschaft gefordert: die bedingte Geldstrafe beläuft sich auf 10 Tagessätze zu je 750 Franken. Das beschlagnahmte Geld wird freigegeben. Von den Kosten des Verfahrens muss der Beschuldigte einen Zehntel bezahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Dutzende Beschwerden
Der Kaufmann führt seit dem Jahr 2000 eine Gruppe von Firmen, die Nahrungsergänzungsmittel und kosmetische Produkte vertreiben, hauptsächlich im Direktverkauf per Telefon. Zeitweise beschäftigte das Unternehmen 200 Angestellte. Heute sind es laut dem Geschäftsführer noch rund 60.
Die Staatsanwältin sprach von einem "lukrativen, grossen, gutgehenden Firmengeflecht". Durch die Anrufe aus den Callcentern hätten sich zahlreiche Personen "massiv belästigt" gefühlt. Beim SECO gingen in den Jahren 2012 bis 2014 Dutzende von Beschwerden ein. Das SECO erstattete Strafanzeige.
In gut 50 Fällen sollen die Verkäufer auch Personen mit einem Stern-Eintrag im Telefonverzeichnis angerufen haben, die ausdrücklich keine solchen Anrufe wünschten. Die Beschwerden seien "nur die Spitze des Eisbergs", sagte der Anwalt des SECO. Dies sei kein Bagatellfall.
Nur wenige Anrufe dokumentiert
Der Verteidiger des Geschäftsführers liess kein gutes Haar an der Anklage. In fast allen Beschwerdefällen habe eine Kundenbeziehung zu den Betroffenen bestanden. Nur gerade vier unerwünschte Anrufe an Personen mit Stern-Eintrag seien dokumentiert. Dies sei verschwindend wenig angesichts der täglich Tausenden von Anrufen aus den Callcenter, argumentierte der Verteidiger.
Die mitangeklagte Ehefrau des Geschäftsführers erklärte, sie habe "mit diesen Anrufen nichts zu tun". Tatsächlich habe sie in den Firmen keine Funktion gehabt, betonte ihr Verteidiger.
Das Kantonsgericht beurteilt den Fall in zweiter Instanz. Das Kreisgericht Rheintal hatte die beiden Beschuldigten im April 2016 freigesprochen. Die Vorwürfe seien zu wenig konkret dokumentiert und die Beweise ungenügend, fand es. Staatsanwaltschaft und SECO waren mit dem Urteil nicht zufrieden und zogen den Fall ans Kantonsgericht weiter.
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