Neurowissenschaft Belohnungen fördern das Gedächtnis

SDA

17.6.2020 - 11:16

Neurowissenschaftler der Universität Genf haben untersucht, wie sich Belohnung auf die Gedächtnisleistung auswirkt. Das erstaunliche Ergebnis: Belohnung ist gut, aber es darf nicht zu viel sein. (Archivbild)
Neurowissenschaftler der Universität Genf haben untersucht, wie sich Belohnung auf die Gedächtnisleistung auswirkt. Das erstaunliche Ergebnis: Belohnung ist gut, aber es darf nicht zu viel sein. (Archivbild)
Source: Keystone/MARTIN RUETSCHI

Wie optimiert man im Alltag sein Gedächtnis? Eine in «Nature Communications» publizierte Studie der Uni Genf weist nach, dass Belohnungen beim Memorieren hilfreich sind. Soweit nicht erstaunlich. Überraschend aber: Die Belohnung darf weder zu klein noch zu gross sein.

«Der positive Einfluss von Belohnung aufs Gedächtnis ist ein bekanntes Phänomen», sagt Sophie Schwartz, Professorin für neurowissenschaftliche Grundlagenforschung an der medizinischen Fakultät der Universität Genf (Unige), welche die Studie geleitet hat. «Unser Experiment versuchte, diesen Mechanismus zu verstehen, indem auf zwei wichtige Aspekte fokussiert wurde: Ist die Wirkung nachhaltig und welche Rolle spielt die Anhäufung von Belohnungen?»

30 gesunde Versuchspersonen mussten sich während des Experiments Zuordnungen von Sachen und Menschen merken. Für jede korrekte Antwort gab es Punkte, für jede falsche Abzug. Die Punkte konnten in Geld umgetauscht werden. 20 Minuten nach dem ersten Durchgang mussten die Probanden versuchen, sich erneut zu erinnern, um Zusatzpunkte zu erhalten. Mit funktionaler Magnetresonanz-Bildgebung wurden die Abläufe in ihren Gehirnen derweil beobachtet.

«Anders als man erwarten würde, zeigten nicht diejenigen die besten Resultate, die im ersten Durchgang am meisten Punkte erzielt hatten», sagt Kristoffer Aberg vom Weizmann Institute of Science, der Erstautor der Studie. Am wirkungsvollsten waren mittlere Punktzahlen.

Belohnung und Herausforderung

«Unser Hirn benötigt Belohnungen, um uns zu motivieren, aber auch Herausforderungen», erklärt Sophie Schwartz. «Wenn die Aufgabe zu einfach ist, nimmt die Motivation genauso schnell ab, wie wenn sie zu schwierig ist, und das beeinflusst unsere Fähigkeit, Informationen zu codieren.»

Das sei wie Beeren pflücken im Wald: «Wenn sie überall sind, braucht man sich ihren Standort nicht zu merken. Und wenn es nur ein paar gibt, lohnt sich die Gedächtnisleistung nicht. Wenn aber Ansammlungen von Beerenstauden überall im Wald verteilt sind, kann es sich bezahlt machen, diese Plätze im Gedächtnis zu speichern, weil das den höchsten Ertrag verspricht.»

Wichtig für den Schulunterricht

Im Hirn wird das Gedächtnis vorwiegend vom Hippocampus organisiert, eine Region, die verantwortlich ist für die Formung und Speicherung von Erinnerungen. Wenn allerdings eine Belohnung mit im Spiel ist, wird eine weitere Region aktiviert, das ventrale tegmentale Areal, kurz VTA; es ist verantwortlich für die Ausschüttung von Dopamin, welches Befriedigung über Belohnungen auslöst.

Erst der Dialog zwischen diesen beiden Hirnregionen hält die Motivation aufrecht, verbessert das Lernvermögen und verfestigt Erinnerungen sogar über längere Zeit hinweg, erklärt Aberg.

Die Ergebnisse der Studie können nützlich sein für den Schulunterricht. Sie zeigen zum einen, wie wichtig die Motivation ist fürs Gedächtnis und das Lernen. Auf der anderen Seite demonstrieren sie aber auch das subtile und vermutlich individuell-spezifische Gleichgewicht von Herausforderung und Übersättigung. Die Studie legt nahe, dass ein Unterrichts-Kontext geschaffen werden sollte, in dem spezifisch auf die Bedürfnisse der Kinder eingegangen wird.

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