Kuriose Impfaktionen Mit Bratwurst, Joint und Monsterkostüm gegen das Coronavirus

Von Taylan Gökalp, Carola Frentzen/uri

6.8.2021 - 23:30

Falls es im deutschen Sonneberg nach Bratwurst riecht, könnte in der Nähe ein Impfzentrum sein.
Falls es im deutschen Sonneberg nach Bratwurst riecht, könnte in der Nähe ein Impfzentrum sein.
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In der Schweiz steigen die Corona-Zahlen, gleichzeitig macht sich eine gewisse Impfmüdigkeit breit. Während man sich hierzulande jedoch gegen Impfanreize sperrt, locken andere Staaten mit kuriosen Angeboten. 

Von Taylan Gökalp, Carola Frentzen/uri

Gratis-Joints oder Gratis-Wurst – im Kampf gegen das Coronavirus spriessen überall auf der Welt Angebote aus dem Boden, mit denen Menschen für ihre Impfbereitschaft belohnt werden sollen. Ein Überblick über verschiedene Impfaktionen im Ausland:

Deutschland

In Deutschland gibt es etwa in Berlin am 9., 11. und 13. August jeweils von 20 Uhr bis Mitternacht «Lange Nächte des Impfens» mit Club-Atmosphäre in der Arena, einer Eventhalle an der Spree. In Solingen gab es ebenfalls ein «Late-Night-Impfen», bei dem die Spritze zu DJ-Musik und alkoholfreien Cocktails verabreicht wurde. Auch für Frühaufsteher wurde gesorgt: Im Kreis Olpe gab es im Impfzentrum ein Frühschoppenkonzert mit alkoholfreiem Bier.

Der medizinische Leiter des Impfzentrums Dr. Stefan Spieren (links) und Philipp Jung (rechts), der gerade seine Corona-Schutzimpfung erhalten hat, trinken nach der Impfung im deutschen Siegen alkoholfreie Getränke, während die Stimmungskapelle des Musikvereins «Hoffnung» Hünsborn zum Frühschoppen am Impfzentrum aufspielt. 
Der medizinische Leiter des Impfzentrums Dr. Stefan Spieren (links) und Philipp Jung (rechts), der gerade seine Corona-Schutzimpfung erhalten hat, trinken nach der Impfung im deutschen Siegen alkoholfreie Getränke, während die Stimmungskapelle des Musikvereins «Hoffnung» Hünsborn zum Frühschoppen am Impfzentrum aufspielt. 
Bild: dpa

Getreu dem Motto «Wenn die Menschen nicht zu den Spritzen kommen, müssen die Spritzen zu den Menschen gelangen» ging man auch im Südwesten vor. So wurde vor den Sommerferien in Baden-Württemberg etwa auf Wochenmärkten, am Wertstoffzentrum, bei Fussballspielen, am Freilichtmuseum oder im Freizeitpark geimpft. In Bruchsal wurden die Spritzen an einem Riesenrad gesetzt. Belohnung: eine Freifahrt.

Im thüringischen Sonneberg bescherte eine Bratwurst als Belohnung der Impfstelle einen Ansturm auf Covid-19-Impftermine, ebenso in dieser Woche bei einer Aktion im Erzgebirge, in Aue-Bad Schlema.

Thailand

Schwerere Geschütze fährt Thailand auf. Seit Juni wird im ländlichen Bezirk Mae Chaem, wo viele dem Piks in den Arm lange skeptisch gegenüberstanden, jede Woche eine Kuh unter Impfwilligen verlost. Lokalen Medien zufolge soll die Aktion so lange weitergehen, bis 70 Prozent der Bevölkerung in der Region geimpft sind. Der Andrang soll sich seit Beginn der Aktion vervielfacht haben. Kein Wunder: Eine Kuh ist im Königreich 10'000 Baht (rund 270 Franken) wert – das ist viel Geld in dem von Corona und fehlendem Tourismus gebeutelten Land.

Frankreich

Eine Tombola, aber nur für Geimpfte – das hat sich die Stadt Nîmes in Südfrankreich ausgedacht, um die Kampagne gerade bei Jüngeren wieder anzukurbeln. Sie lud im Juli zu einer virtuellen «Impfparty» ein und verloste an 18- bis 25-Jährige mit mindestens einem Piks Konzerttickets, Freifahrtscheine für den Bus oder Eintrittskarten fürs Schwimmbad. Eine ähnliche Aktion gibt es in Argenteuil, nahe Paris. Und auch mit romantischen, nicht materiellen Belohnungen versucht man im sprichwörtlichen «Land der Liebe», Menschen für die Spritze zu gewinnen: Eine Werbekampagne zeigt ein leidenschaftlich knutschendes Paar auf dem Rücksitz eines Autos, dazu den Slogan: «Ja, die Impfung kann erwünschte Nebeneffekte haben.»

Niederlande

Aufs Schäkern für die Spritze setzen die Niederlande. Zwei Fliegen mit einer Klappe, dachte wohl das Gesundheitsamt in Haarlem bei Amsterdam und lockte Singles mit einem Blind Date zum Impftermin. Wer wollte, konnte sich zum arrangierten Flirt anmelden. Die Behörde vermittelte den Partner für das Impfdate in der Viertelstunde Wartezeit nach dem Piks – mit sicherem 1,5 Meter Abstand versteht sich. Gleichzeitig sollte die Aktion auch gegen die Einsamkeit vieler Singles während der Pandemie helfen.

Finnland

In Finnland hat die Stadt Rovaniemi in Lappland zwei ihrer bekanntesten Persönlichkeiten eingespannt: den Weihnachtsmann, der laut finnischem Glauben in der Region lebt, und den Frontmann der Hardrock-Band Lordi, die 2006 den Eurovision Song Contest gewann. Mister Lordi liess sich stilecht im Monster-Bühnenkostüm die zweite Corona-Impfung geben, während auch Santa Claus bei der Impfveranstaltung vorbeischaute – wegen seines hohen Alters hatte der seine Impfdosen aber schon lange Zeit vorher erhalten.

Lordi, Frontmann der finnischen Hardrock-Band Lordi, bekommt von Krankenschwester Paula Ylitalo eine zweite Corona-Impfung.
Lordi, Frontmann der finnischen Hardrock-Band Lordi, bekommt von Krankenschwester Paula Ylitalo eine zweite Corona-Impfung.
Bild: dpa 

USA

In den USA überbieten sich derweil Bundesstaaten, Kommunen und Unternehmen schon seit Monaten mit materiellen Stimuli: Freiflüge, Luxus-Kreuzfahrten, Universitätsstipendien, kostenlose Taxifahrten, Einkaufsgutscheine, Gratis-Tickets für grosse Sportveranstaltungen, Freigetränke, ja sogar Millionengewinne – die Liste der Lockmittel ist lang. Ein Dauerbrenner und viel beachteter PR-Gag: Bei der Donut-Kette Krispy Kreme bekommt schon seit März jeder Geimpfte beim Vorzeigen der Impfkarte einen der süssen Krapfen geschenkt – im Zweifel jeden Tag. Besonderes Aufsehen erregte eine Lobby-Gruppe, die in New York und Washington Joints für Geimpfte ausgab.

Michael Keren raucht bei der «Joints for Jabs»-Veranstaltung (etwa «Joints für eine Injektion») einen Joint. Personen, die einen Corona-Impfnachweis vorzeigten, erhielten einen kostenlosen Joint. Der Konsum von Marihuana war im Bundesstaat New York zuvor legalisiert worden. 
Michael Keren raucht bei der «Joints for Jabs»-Veranstaltung (etwa «Joints für eine Injektion») einen Joint. Personen, die einen Corona-Impfnachweis vorzeigten, erhielten einen kostenlosen Joint. Der Konsum von Marihuana war im Bundesstaat New York zuvor legalisiert worden. 
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Mexiko

In manchen Impfzentren im Nachbarland Mexiko wurde den Menschen in den vergangenen Monaten nicht nur eine Spritze geboten, sondern auch ein Unterhaltungsprogramm. Teils verkleidete Animateure, darunter muskulöse Ringer in voller Lucha-Libre-Montur, tanzten und sangen im Auftrag der Behörden von Mexiko-Stadt mit den Wartenden oder machten mit ihnen Yoga. Damit sollte vor allem den älteren Mexikanern, die in der Impfkampagne des nordamerikanischen Landes als Erste drankamen, das Warten auf die Spritze versüsst und von Ängsten abgelenkt werden.

Menschen, die gerade den Corona-Impfstoff von AstraZeneca erhalten haben, machen Übungen in einer Beobachtungslounge während einer Impfaktion für Menschen zwischen 30 und 39 Jahren. 
Menschen, die gerade den Corona-Impfstoff von AstraZeneca erhalten haben, machen Übungen in einer Beobachtungslounge während einer Impfaktion für Menschen zwischen 30 und 39 Jahren. 
Bild: Marco Ugarte/AP/dpa

Grossbritannien

In Grossbritannien geht es derzeit hingegen vor allem darum, die Jüngeren vom Impfen zu überzeugen. Die Regierung kooperiert daher mit verschiedenen Dienstleistern, um Anreize zu schaffen. So bietet der Fahrservice Uber Rabatte und Mahlzeiten. Bei Konkurrent Bolt sind Fahrten zu Impfzentren kostenlos, Deliveroo verteilt Gratis-Gutscheine, und die Kette Pizza Pilgrims will zwei Filialen in Impfzentren umwandeln und dort kostenlos Pizzastücke verteilen.

Indien

Die Palette der Impfgeschenke in Indien ist hingegen so vielfältig wie das Land selbst. Sie reicht von Benzin über Dreiräder und Saatgut bis hin zu Grundnahrungsmitteln wie Tomaten oder Reis, wie örtliche Medien in den vergangenen Monaten berichteten. In einem Teil von Uttar Pradesh wurden Läden angewiesen, Alkohol nur an Geimpfte zu verkaufen. Und in einem Distrikt im Bundesstaat Madhya Pradesh prüften Polizisten laut «The Indian Express», wer geimpft ist und wer nicht. Geimpfte erhielten eine Plakette mit der Aufschrift: «Ich bin ein echter Patriot, weil ich geimpft worden bin.» Ungeimpfte erhielten ein Blatt mit einem Totenkopf drauf.

Menschen stehen Schlange, um sich in einem «Impfcamp» gegen das Coronavirus impfen zu lassen. 
Menschen stehen Schlange, um sich in einem «Impfcamp» gegen das Coronavirus impfen zu lassen. 
Bild: dpa