Umstrittener KultDer unheimliche Guru und die Vermissten von Nepal
Philipp Dahm
21.1.2019
Als Kind war er anders, als Jugendlicher suchte er Erleuchtung und wurde zum Guru. Doch das Bild des friedlichen Buddhisten bekommt Risse: Erst wird ihm Gewalt, dann Vergewaltigung – und nun sogar Mord vorgeworfen.
Nepal ist arm: Das Land bietet seinen Bewohnern wenig zum Auskommen. Umso mehr ist das Volk auf kleine Wunder angewiesen – oder auf Menschen, die in der Lage scheinen, solche bewirken zu können. Ram Bahadur Bomjon ist so jemand: Der heute 28-Jährige hat angeblich Dinge vollbracht, die unglaublich klingen.
Schon als Kind soll der Palden Dorje, so sein buddhistischer Name, anders als die anderen gewesen sein. Er sei friedvoll gewesen, habe die Leute beim Beten beobachtet und das Töten von Tieren angeprangert. Seit er fünf ist, soll er sich nur von den Resten anderer ernährt haben. Gab es keine Reste, hungerte der Junge lieber statt etwas anderes zu essen.
«Er will, dass Gott selbst sein Guru ist»
2002 oder 2003 besucht er den Geburtsort Buddhas, lernt zu meditieren und seinen Körper zu beherrschen. Da ist der 1990 geborene Knabe erst zwölf oder 13 Jahre alt. Fünf Monate nach seiner Rückkehr beschliesst der «Buddha Boy» im Mai 2005, dass er sich in den Dschungel zurückziehen und meditieren will. Weil er dabei oft gestört wird, bauen sein Bruder und Helfer einen Zaun um ihn herum. «Er will, dass Gott selbst sein Guru ist», sagt sein Bruder in der Dokumentation «Divine Powers».
Die Dukumentation «Divine Powers» von 2006.
Das Team des «Discovery Channel» filmt den Jugendlichen 2006, als er in einem Baum sitzend meditiert. In dieser Zeit kann das Team nicht feststellen, ob sich Ram Bahadur Bomjon überhaupt bewegt oder gar heimlich etwas zu sich nimmt. Eigentlich kann der Mensch nur vier Tage ohne Wasser überleben und höchstens zweieinhalb Monate auf Nahrung verzichten: Der «Buddha Boy» soll damals schon seit zehn Monaten meditieren, ohne einen Schluck zu trinken oder etwas zu essen. Die Reporter filmen über Stunden, können bei dem Jungen keine Regung feststellen.
Der wiedergeborene Buddhismus-Begründer
Einige Menschen glauben, er sei der wiedergeborene Siddhartha Gautama, der den Buddhismus begründet hat. Das ändert sich auch nicht, als Ram im März 2006 verschwindet und ein Jahr später wieder im Dschungel auftaucht. Sein Image bekommt jedoch Risse: 2008 werden laut der britischen Zeitung «The Independent» Stimmen laut, die dem «Buddha Boy» unterstellen, während seines Meditationsmarathons sehr wohl geschlafen und gegessen zu haben. 2010 macht er dann zum ersten Mal Bekanntschaft mit der Polizei.
Ihm wird vorgeworfen, im Bara Distrikt Dorfbewohner misshandelt zu haben, berichtet «BBC». Ram selbst sagt, die 17 Kläger hätten seine Meditation gestört, weshalb er sie geohrfeigt habe. Die Dorfbewohner wollen dagegen bloss Früchte gesucht haben und behaupten, sie seien stundenlang misshandelt worden. Der Guru lehnt es ab, bei der folgenden Verhandlung zu erscheinen. «Geht ein Tapaswee [ein durchs Meditieren weise gewordener] ins Gericht? Ich befolge das Gesetz, aber nur das richtige. Es gibt auch falsche Gesetze. Ich habe nichts Falsches getan», zitiert ihn eine lokale Zeitung.
Slowakin entführt und malträtiert
2011 ist Ram am Ziel: 2005 hatte er angekündigt, sechs Jahre meditieren zu wollen. Ist er seither erleuchtet? Wohl eher nicht, denn 2012 kommt es zu ernsteren Zwischenfällen. Der «Buddha Boy» soll fünf Journalisten geschlagen und ihre Kameras zerstört haben, als sie seine Anhänger filmen. Schwerwiegender ist jedoch der Fall von Zsuzsanna Takacs: Die Slowakin wird von zwei Anhängern Rams entführt und wochenlang an einen Baum gefesselt, berichten «Newsweek» und «Hindustan Times». Die Jünger werfen der Frau vor, sie habe die Meditation ihres Gurus mit Hexenkraft stören wollen. Sie wird schliesslich mit gebrochenem Arm freigelassen.
Im September 2018 gerät der Guru erneut in die Schlagzeilen: Frauenrechtlerinnen unterstützen eine 18 Jahre alte Nonne, die Ram beschuldigt, sie in einem Kloster seiner Anhänger vergewaltigt zu haben – über einen Zeitraum von zwei Jahren. Sie habe ihn schon eher anzeigen wollen, zitiert «Khabar» das mutmassliche Opfer. «Die Frau des Gurus sagte mir, dass solche Sachen nicht rauskommen sollten. Sie erzählte mir, so eine Enthüllung könnte Angriffe auf unsere Religion nach sich ziehen – und dass es ein Blutbad geben könnte.» Die Anhänger des Gurus erzählen hingegen, die junge Nonne sei wegen Diebstahls verstossen worden.
Im Dschungel nach Leichen gegraben
Und nun ermittelt Nepals Polizei erneut gegen Ram, nachdem mehrere Familien Vermisstenanzeigen aufgegeben haben. Die Behörden haben Rams Klöster in Sindhupalchowk, Nawalparasi und Bara durchsucht, die seither observiert werden, und im Dschungel nach Leichen gegraben. Mindestens vier Mönche und Nonnen sind von ihren Familien zum Teil seit Jahren nicht mehr gesehen worden: Nun wird gegen den Kult ermittelt.
Dieses Video von 2017 zeigt, in welchem Ausmass der Guru verehrt wird.
Rams Lager wäscht die Hände in Unschuld: Die Vermissten seien seit dem schweren Erdbeben im Jahr 2015 verschwunden. Der Grund der Ermittlungen sei ein ganz anderer, wird kolportiert: Der Guru sei in Nepal zu populär geworden, was gewissen Leuten ein Dorn im Auge sei. Angesichts der vorherigen Übergriffe wäre es aber auch nicht überraschend, wenn dem Kult gröbere Straftaten nachgewiesen werden könnten. Die Zeit muss zeigen, wie wahrhaftig der Guru wirklich ist.
Hunziker, Phoenix und Co.: Diese Stars lebten in Sekten
Ihre Autobiografie «Ein scheinbar perfektes Leben» macht Schlagzeilen: Als junge Frau geriet Michelle Hunziker in die Abhängigkeit einer Sekte. Während die Moderatorin einen Ausweg fand, gibt es Stars, die eher unfreiwillig in die Fänge von mehr oder minder verschrobenen Religionsgemeinschaften gerieten - und bis heute Teil von ihnen sind.
Bild: Vittorio Zunino Celotto / Getty Images
Mit Anfang 20 sei sie in die Sekte «Krieger des Lichts» gelockt worden. Die Sektenführerin habe ihr das Rauchen abgewöhnt, danach habe sie ihr jedes Wort geglaubt und ihre strengen Regeln befolgt, da sie sich vor Liebesentzug fürchtete. Erst durch die Liebe zu ihrer Tochter Aurora schaffte Hunziker nach fünf Jahren den Ausstieg.
Bild: Hannes Magerstaedt / Getty Images
Für Oliver Pocher war seine Kindheit bei den Zeugen Jehovas kein Zuckerschlecken – im wahrsten Sinne des Wortes: «Wenn jemand Süssigkeiten mitgebracht hat, durfte ich nichts nehmen», erinnerte er sich einst an seine Schulzeit.
Bild: Andreas Rentz/Getty Images
Viel schlimmer aber war für Pocher aber der Verlust des besten Freundes: Nachdem dessen Familie die Sekte verlassen hatte, durften sich die beiden nicht mehr sehen. Heute hat Pocher sich von den Zeugen Jehovas befreit.
Bild: Getty Images
War es eine verschrobene Sekte oder nur eine harmlose Hippie-Kommune? Das ist nicht ganz klar bei der «Rainbow Family», in der Winona Ryder aufwuchs. Sieben Familien lebten auf einem Gelände zusammen: ohne Gewalt, ohne Status, ohne Strom. Dafür mit Drogen. Ryder blieb ein braver Bücherwurm und laut eigener Aussage clean.
Bild: Ian Gavan/Getty Images
US-Talk-Star Ellen DeGeneres verbrachte ihre Kindheit in der «Kirche Christi, Wissenschaftler», Zuneigung war Mangelware: «Ich sah nie tiefe Gefühle bei meinen Eltern. Es war alles sehr höflich und sehr oberflächlich.» Nachdem ihre Mutter sich von ihrem Vater trennte, war es allerdings vorbei mit der Sekte.
Bild: Scott Barbour/Getty Images
Einen Oscar gewann Patricia Arquette für ihre Rolle als manchmal überforderte, aber immer liebevolle Mutter in Richard Linklaters Meisterwerk «Boyhood». Ihre eigene Kindheit war allerdings nicht von Liebe geprägt ...
Bild: Getty Pascal Le Segretain/Getty Images
Patricia Arquette wuchs in der Skymont-Subud-Kommune auf, die nicht nur neue Wege finden wollte, mit Gott zu kommunizieren, sondern auch eine utopische Gesellschaft errichten wollte. Grundlage dieser utopischen Gesellschaft war allerdings ein Leben ohne Strom oder fliessend Wasser.
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Auch Joaquin Phoenix («Gladiator») wurde in eine Sekte hineingeboren. Doch seine Eltern verliessen die sogenannten «Children of God» (heute nennt sich die Sekte «The Family») bereits, als Joaquin vier Jahre alt war. Nach dem Ausstieg wagten sie den Neustart in Los Angeles.
Bild: Pascal Le Segretain/Getty Images
Glenn Close scheint auf starke Frauenrollen («Gefährliche Liebschaften», die Anwaltsserie «Damages») abonniert. Auch im Privatleben bewies die Schauspielerin Stärke: Nachdem sie durch ihren Vater mit sieben Jahren der «Moralischen Aufrüstung» beitreten musste, verbrachte sie ...
Bild: Alexander Koerner/Getty Images
... ihre Kindheit und Jugend unter einer strikten Führung, «die grundsätzlich diktiert, wie man leben soll, was man sagen soll und wie man sich fühlen soll». Trotzdem schaffte es Close mit 22 Jahren, sich von der Sekte zu lösen und ihren eigenen Weg zu gehen.
Bild: Getty Images
Val Kilmer verbrachte seine Jugend als Mitglied der «Kirche Christi, Wissenschaftler». Er konnte sich nie davon lösen. Da die Sekte nicht an die moderne Medizin glaubt, wollte er auch einen diagnostizierten Tumor im Hals nicht wahrhaben und trug lediglich Schals, um die Symptome zu verdecken.
Bild: WILD LIFE Sydney Zoo via Getty Images
Erst als er aus dem Hals blutete, wurde er ins Krankenhaus gebracht und notoperiert. Trotzdem vertritt Kilmer bis heute die Meinung, die Liebe seiner Familie und ihre Gebete hätten ihn geheilt – und nicht die Ärzte.
Bild: Getty Images
Seit dem Skandal um Harvey Weinstein ist ihr Name in aller Munde: Rose McGowan stellte den Star-Produzenten als eine der Ersten mit Missbrauchsvorwürfen bloss. Vielleicht hatte sie diesen Mut, weil sie schon früh im Leben mit Widrigkeiten zu kämpfen hatte...
Bild: Tim P. Whitby/Getty Images for Sundance London
Als Kind wuchs Rose McGowan in der Sekte «Children of God» auf, in der die freie Liebe propagiert und die sehr nahe Ankunft Jesu auf der Erde vorbereitet wird. Doch als aus der «freien Liebe» allmählich «Sex mit Kindern» wurde, ergriffen McGowans Eltern mit ihrer Tochter die Flucht.
Bild: Getty Images
Ausgerechnet Popmusik war eine Sünde in der evangelikalen Sekte «Säule der Wahrheit», in der Toni Braxton aufwuchs. Auch Filme waren streng verboten. Die Sängerin erklärte später in einem Interview, durch die harschen Regeln ihrer Gemeinde habe sie begonnen, «Religion, Gott und die Kirche mit Verurteilung, Angst und Schuld zu verbinden».
Bild: Tom Shaw/Getty Images
Immerhin im Kirchenchor fand ihre musikalische Begabung ein Ventil. Später begann Braxton, heimlich nachts mit einem Produzenten zu arbeiten – und entkam so der Sekte.
Bild: Getty Images
Als Dumpfbacke Jake amüsierte Angus T. Jones in der Sitcom «Two and a Half Men» das Publikum mit seiner Faulheit und Fleischeslust. Doch der Kinderstar wandte sich in seiner Teenagerzeit den «Siebenten-Tags-Adventisten», einer protestantischen Freikirche, zu. Schliesslich veröffentlichte er sogar ...
Bild: Warner Bros. Entertainment Inc.
... ein Statement, in dem er erklärte, die Show sei Mist und widerspreche seinem persönlichen Glauben. Ein Jahr später verliess er die Serie und zog sich danach aus der Öffentlichkeit zurück.
Bild: Getty Images
Schauspielerin Leah Remini («King of Queens») wuchs in New York auf - bis sich ihre Mutter der Scientology-Sekte anschloss, als Remini zehn Jahre alt war. Plötzlich musste das Mädchen in einer Wohnanlage in Florida leben und Tag und Nacht arbeiten.
Bild: Koch Media
«Es war nicht möglich, Nein zu sagen oder müde zu sein», erzählte Remini später über ihre Jugend. «Es gab nur 'Erledige das'.» Erst als erwachsene Frau konnte Remini sich von der Sekte lösen und spricht sich seitdem offen gegen Scientology aus.
Bild: Getty Images
Juliette Lewis hingegen steht bis heute zu Scientology, sie wurde in die Sekte hineingeboren: Schon ihr Vater Geoffrey Lewis war Mitglied. Lewis rechnet es Scientology an, dass sie nach früheren Experimenten mit Marihuana und Kokain heute clean ist: «Scientology gibt mir Wurzeln und Halt – es war ein unglaublicher Einfluss in meinem Leben.»
Bild: Getty Images
Schon sein Vater war für Scientology aktiv, und auch Giovanni Ribisi («Avatar») ist fest in der Sekte verwurzelt. Einem Statement auf der Homepage der Seite nach könnte er der Sekte sogar seinen Erfolg in Hollywood zuschreiben: «Scientology hat mir Selbstsicherheit gegeben. Ich habe die Fähigkeit, mit jedem in jeder Situation zu kommunizieren und mir meiner Ziele sicher zu sein.»
Bild: Michael Buckner/Getty Images
Dass das nicht die ganze Wahrheit sein könnte, ist erst bekannt, seit Giovanni Ribisis Tochter Lucia Scientology verlassen hat: Sie erzählte in einem Interview, dass ihr Vater durchaus immer wieder mal Zweifel an der Organisation hegte.
Bild: Getty Images
Zuvor schon als Peggy Olson in «Mad Men» erfolgreich, hat Elisabeth Moss mit der Serie «The Handmaid's Tale» ihre Paraderolle gefunden: Als Offred führt sie die Zuschauer durch ein totalitäres System, das Frauen unterdrückt. Bemerkenswert dabei: Auch im wahren Leben lebt Moss in einem laut Aussteigern strengem System - sie ist Scientologin.
Bild: Pascal Le Segretain/Getty Images
Schon als Kind wurde Peggy Olson durch ihre Eltern mit der Glaubensgemeinschaft in Berührung gebracht; im Hollywood-Netzwerk der Sekte hat sie beste Verbindungen: Ihre Managerin etwa ist Gay Ribisi, Giovanni Ribisis Mutter.
Bild: Getty Images
Zugegeben: Michelle Pfeiffer ist nicht in einer Sekte aufgewachsen. Trotzdem ist die Geschichte der Schauspielerin zu schräg, um sie hier nicht zu erzählen. Vor ihrer Hollywoodkarriere geriet sie an ein Paar, das sie in den «Breatharianism» einführte... Noch nie gehört?
Bild: John Phillips/Getty Images
Demnach braucht der Körper kein Essen, sondern kann sich alleine durch Sonnenlicht ernähren. Auch Pfeiffer wurde dazu gedrängt, einer strengen Diät zu folgen. Erst, als sie ihrem ersten Mann dabei half, sich auf die Rolle eines Sektenanhängers vorzubereiten, wurde ihr klar, dass sie sich längst selbst in einer Sekte befand – und beendete die Diät.
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