Drogenskandal erschüttert US-Atomwaffenstützpunkt Drogenskandal erschüttert US-Atomwaffenstützpunkt

Robert Burns, AP

25.5.2018

Angehörige der US-Luftwaffe auf der F.E. Warren Air Force Base in Wyoming
Angehörige der US-Luftwaffe auf der F.E. Warren Air Force Base in Wyoming
Keystone

Vor mehr als einem Jahrzehnt hat das Pentagon Tests von Soldaten auf LSD abgeschafft. Zu selten waren die Fälle. Die Vorgänge auf einer Atomwaffenbasis im US-Staat Wyoming legen nahe, dass dieser Schritt vorschnell gewesen sein könnte.

Ein Soldat bekam nach eigener Aussage Paranoia. Ein anderer war begeistert von den leuchtenden Farben, die er sah. Und ein dritter räumte ein: «Ich habe es einfach nur gemocht, meine Sinne zu verändern.» Sie alle waren Angehörige der US-Luftwaffe auf der F.E. Warren Air Force Base in Wyoming, betraut damit, Atomraketen zu bewachen. Sie alle konsumierten Drogen, vor allem LSD, aber auch Kokain oder Marihuana, wie aus den Gerichtsakten hervorgeht, die der Nachrichtenagentur AP vorliegen.

«Obwohl das alles wie Stoff aus einem Film klingt - das ist nicht der Fall», sagt Charles Grimsley, Luftwaffenkapitän und Leitender Ermittler in mehreren Fällen. Ans Licht kam die Affäre, weil einer der Piloten sich auf einer sozialen Plattform im Internet verriet. Das war im März 2016. Seitdem wurden gegen 14 Luftwaffenangehörige Disziplinarmaßnahmen eingeleitet, sechs von ihnen wurden von Militärgerichten verurteilt, weil sie LSD konsumiert oder in Umlauf gebracht hatten. Einer entzog sich der Strafe, indem er nach Mexiko floh.

Keinem der Soldaten wurde vorgeworfen, Drogen während des Dienstes konsumiert zu haben. Dennoch ist die Affäre ein schwerer Schlag für das Ansehen der US-Luftwaffe mit ihrem Nuklearwaffenarsenal, dessen Aufstockung Präsident Donald Trump angesichts der Spannungen mit Nordkorea kürzlich angekündigt hatte.

F.E. Warren Air Force Base in Wyoming
F.E. Warren Air Force Base in Wyoming
Keystone

Die Mitglieder der Sondereinheit der US-Luftwaffe sind für rund ein Drittel der 400 amerikanischen Interkontinentalraketen Minuteman 3 zuständig, die in ihren Silos in der Region Great Plains Tag und Nacht einsatzbereit sind. Eigentlich gilt für diese Soldaten angesichts der hohen Sicherheitsrelevanz ihrer Arbeit ein strikter Verhaltenscode.

Auf AP-Anfrage bekräftigte Luftwaffensprecher Uriah L. Orland, dass während der Dienstzeit keine Drogen konsumiert worden seien. «Es gibt verschiedene Checks, um sicherzustellen, dass sich Luftwaffenangehörige bei Dienstantritt nicht unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen befinden und in der Lage sind, ihre Mission sicher, zuverlässig und effizient auszuüben.»

Die Drogen wurden den Ermittlungen zufolge von Soldaten mit Verbindungen zu Dealern aus der Zivilbevölkerung auf den Stützpunkt gebracht. Der Hauptgefreite Tommy N. Ashworth sagte vor Gericht aus, er habe dreimal LSD konsumiert. Beim ersten Mal im Sommer 2015 habe er einen regelrechten Horrortrip gehabt. «Ich wusste nicht, ob ich in dieser Nacht sterben würde», sagte er. Flieger Kyle S. Morrison räumte ein, dass er unter dem Einfluss von LSD nicht in der Lage gewesen wäre, seinen Dienst auszuüben, wenn es einen nuklearen Einsatz gegeben hätte.

Unklar ist, wie lange vor dem Dienst die Soldaten LSD konsumiert hatten. Die synthetische Droge, die in den 60er Jahren populär wurde, kann neben Gesundheitsrisiken auch sogenannte Flashbacks auslösen, bei denen sich ein Rausch längere Zeit nach dem Konsum erneut einstellt.

Weil LSD so selten nachgewiesen wurde, hat das US-Verteidigungsministerium im Jahr 2006 einen Test auf den Wirkstoff aus dem üblichen Drogenscreening genommen. Unter den in den drei Jahren davor genommenen 2,1 Millionen Proben waren nur vier LSD-Fälle gewesen.

Als Kopf des Drogenrings auf dem Stützpunkt gilt der Hauptgefreite Nickolos A. Harris. Er sagte vor Gericht aus, dass es für ihn nicht schwer gewesen sei, LSD und andere Drogen aus «zivilen Quellen» zu beziehen. Er räumte die Vorwürfe ein, LSD, Ecstasy, Kokain und Marihuana konsumiert und weitergegeben zu haben.

Er habe den Rausch genossen. Der Grund für seinen Drogenkonsum sieht er in seiner suchtgefährdeten Persönlichkeit. Harris wurde zu zwölf Monaten Gefängnis und weiteren Strafen verurteilt, konnte aber wegen eines Deals mit dem Gericht vor dem Prozess eine unehrenhafte Entlassung aus der Armee verhindern.

Der Leitende Staatsanwalt vor dem Militärgericht, C. Rhodes Berry, hat 42 Monate Haft für Harris gefordert, darin enthalten neun Monate wegen «besonderer Schwere der Schuld», weil der Angeklagte mit seinem Drogenkonsum das öffentliche Vertrauen in den Atomwaffenstützpunkt erschüttert habe. «Ich kann mir nichts Schwerwiegenderes vorstellen, als der Kopf eines Drogenrings auf der F.E. Warren Air Force Base zu sein», wird Berry in den Gerichtsakten zitiert.

Einen der Angeklagten, Devin R. Hagarty, floh nach Abschluss der Ermittlungen. Er packte seinen Rucksack, steckte etwas Bargeld ein und schrieb seiner Mutter eine SMS, dass er sie liebe. Dann schaltete er das Handy aus und machte sich auf den Weg nach Mexiko. «Ich habe Panik bekommen», sagte er einem Militärrichter, nachdem er sich später gestellt hatte. Jetzt steht er auch als Deserteur vor Gericht.

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