Literatur Dürrenmatts «Stoffe»: Langzeitprojekt wird dem Publikum übergeben

fa, sda

25.5.2021 - 10:39

Friedrich Dürrenmatt (1921-1990) hat mehr als zwanzig Jahre lang dokumentiert, wie er geschrieben und gedacht hat. Das ist sein "Stoffe"-Projekt, welches am heutigen Dienstag in fünf Bänden und online publiziert wird. (Archivbild)
Friedrich Dürrenmatt (1921-1990) hat mehr als zwanzig Jahre lang dokumentiert, wie er geschrieben und gedacht hat. Das ist sein "Stoffe"-Projekt, welches am heutigen Dienstag in fünf Bänden und online publiziert wird. (Archivbild)
Keystone

Friedrich Dürrenmatt (1921-1990) hat über zwanzig Jahre lang seinen Schreibprozess dokumentiert und darüber 30'000 Manuskriptseiten hinterlassen: «Stoffe – zur Geschichte meiner Schriftstellerei» wird am heutigen Dienstag veröffentlicht.

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Dieses sogenannte «Stoffe»-Projekt umfasst fünf Bände, mit Faksimiles illustriert; zeitgleich wird die Edition im Netz zugänglich gemacht. Erstmals ist demnach das gesamte Manuskriptarchiv mit seinen 30'000 handschriftlichen und maschinengeschriebenen Seiten zu Dürrenmatts «Stoffen» zugänglich.

Damit sich die Leserin, der Leser in diesem Konvolut überhaupt orientieren kann, sind editorische Hilfsmittel eingebaut, mit denen sich selbst einen Pfad darin anlegen kann, verspricht in einer Mitteilung von Dienstag die Schweizerische Nationalbibliothek, die hinter diesem Mammutprojekt steht.

Reicher Textfundus

«Ich sehe nur die Masse, die immer wieder geknetet, immer wieder bearbeitet wird», gestand Dürrenmatt einmal zu seinen «Stoffen» und räumte damit ein, selbst daran gescheitert zu sein. Seit seinem Herzinfarkt 1968 hat er immer wieder daran gearbeitet. Inhaltlich hat er autobiographisch seinen Werdegang beschrieben, und dies mit Erzählungen und philosophischen Gedankengängen verbunden.

Entsprechend haben die beiden Dürrenmatt-Forscher und Herausgeber Ulrich Weber und Rudolf Probst jahrelang an der Ausgabe von Dürrenmatts «Stoffen» gearbeitet. In das Werk haben sie neben den Texten Audio-, Foto- und Filmmaterial integriert. Anlässlich des hundertsten Geburtstags von Friedrich Dürrenmatt im letzten Januar räumten die beiden Forscher ein, dass «Die Stoffe» auch für sie eine Zumutung gewesen seien. Aber: Sie seien auch ein ungeheuer reicher Textfundus, der selbst sie immer wieder Neues entdecken liess. «Dürrenmatt ist ein Autor, der viel zu wenig wieder gelesen wird, weil vorab die kanonischen Texte so eingängig wirken», sagte Weber zu Keystone-SDA.

Gesamter Werkkomplex

Mit den fünf Buchbänden veröffentlichen Weber und Probst nun im Diogenes Verlag, der sich schon immer um das Werk Dürrenmatts verdient gemacht hat, den gesamten Werkkomplex mit einer Auswahl aus den Manuskriptfassungen. Das Vorwort hat der deutsch-österreichische Autor Daniel Kehlmann ("Die Vermessung der Welt», «Tyll") beigesteuert. Die Online-Edition, die am heutigen Dienstag aufgeschaltet wird, umfasst das gesamte Manuskriptarchiv.

Herausgeberin ist das Schweizerische Literaturarchiv, das zur Schweizerischen Nationalbibliothek gehört. Das Archiv wurde im Übrigen 1991 auf Initiative von Friedrich Dürrenmatt gegründet; es betreut dessen Nachlass.

Die Buchvernissage findet am heutigen Dienstagabend um 18.15 Uhr statt und wird online übertragen (www.nb.admin.ch/stoffevernissage). Bundesrat Alain Berset wird sich an dieser Veranstaltung mit Dürrenmatts Zeitgenossenschaft und dessen Aktualität des Denkens auseinandersetzen. Darüber hinaus liest die Schauspielerin Marthe Keller aus Dürrenmatts «Das Sterben der Pythia», ein Text über das Orakel als Archiv.

www.fd-stoffe-online.ch