UnwetterHochwassergefahr verschärft sich diese Woche
dor, sda
12.7.2021 - 05:19
Die Flüsse und Seen der Schweiz drohen wegen der Wassermassen über die Ufer zu treten. Bereits heute Abend könnte es wieder brenzlig werden.
Keystone-SDA, dor, sda
12.07.2021, 05:19
12.07.2021, 11:53
dor/SDA
Die Schweizer Seen und Flüsse sind nach immer neuen Unwettern randvoll und drohen angesichts der Wassermassen über die Ufer zu treten. In Bern etwa haben die Einsatzkräfte erste Massnahmen gegen drohende Überschwemmungen getroffen. Und in den kommenden Tagen ist keine Entspannung in Sicht. Die Hochwassergefahr, aber auch die Gefahr von Erdrutschen und Murgängen werde sich «noch verschärfen», sagte die SRF-Meteorologin Daniela Schmuki am Sonntagabend im SRF.
Am Montagabend und in der Nacht auf Dienstag sei mit den nächsten Unwettern zu rechnen: teilweise heftige Gewitter dürften aufziehen, es drohe Hagel, Sturm und erneut Starkregen, sagte Schmucki weiter. Die Regenfälle werden bis Dienstag andauern. «Da kommen regional grosse Regenmengen zusammen», so die Meteorologin.
Auch am Mittwoch, Donnerstag und Freitag sei zeitweise mit Niederschlägen zu rechnen, zum Ende der Woche hin möglicherweise «noch in grösseren Mengen».
Im ersten Julidrittel fielen auf dem #Gütsch bereits über 180 Liter Regen, dies entspricht 150% der durchschnittlichen Monatssumme! In unserem #Meteobloghttps://t.co/aQ4C1EM7Yh blicken wir u.a. auf die kommende, erneut sehr niederschlagsreiche Woche. Bild: D. Gerstgrasser pic.twitter.com/fRCsIzOZUm
Für den Brienzer- und Thunersee, den Vierwaldstättersee und den Zürichsee wurden laut Schmucki bereits die Gefahrenstufe 3 von 5 ausgerufen. Diese Seen seien «randvoll». Die Schleusen seien aber offen, damit möglichst viel Wasser abfliessen kann. In der Folge seien auch die Pegelstände der Flüsse aktuell sehr hoch.
Am Zürichsee galt Gefahrenstufe 3 von 5. Letztmals ist das Wasser Anfang Juni 2013 so hoch gestanden. Der Pegelstand des Vierwaldstättersees ist laut Angaben der Kantonspolizei ebenfalls hoch. Die Seegemeinden beobachten die Lage und halten sich für geeignete Massnahmen bereit.
Dem Thunersee fehlten am Wochenende nur noch zwei Zentimeter bis zur Hochwassergrenze. Für eine gewisse Entspannung sorgte die Tatsache, dass die technischen Probleme beim Hochwasser-Entlastungsstollen in Thun behoben werden konnten.
Schifffahrt auf Thunersee eingestellt
Die Schifffahrt auf dem Thunersee wurde gemäss Angaben der Bahninformation der SBB und der BLS am Sonntag wegen Hochwassers für den ganzen Tag eingestellt. Auf dem Brienzersee dagegen verkehrten die Schiffe.
Angespannt präsentierte sich die Lage auch an der Aare in der Stadt Bern. Der Abfluss war am Sonntag wieder leicht steigend. Die Einsatzkräfte gingen davon aus, dass er sich bei rund 400 Kubikmetern pro Sekunde einpendeln dürfte. Am Samstagnachmittag hatten die Einsatzkräfte im Altenberg, in der Matte, im Marzili und im Dählhölzli Vorkehrungen gegen drohende Überschwemmungen getroffen.
Auf dem Rhein in Laufenburg AG gerieten am Sonntagmorgen drei Fischer auf Grund der starken Strömung in eine Notlage und mussten von deutschen Rettungskräften geborgen werden. Die Kantonspolizei Aargau riet dringend davon ab, derzeit fliessende Gewässer zu befahren oder darin zu baden.
Engelberg von Aussenwelt abgeschnitten
Am Wochenende war Engelberg im Kanton Obwalden nach heftigen Gewittern über mehrere Stunden von der Aussenwelt abgeschnitten. Das von heftigen Niederschlägen begleitete Unwetter hatte zur Folge, dass die Kantonsstrasse zwischen Wolfenschiessen NW und Engelberg OW sowie die Kantonsstrasse zwischen Wolfenschiessen und Grafenort OW am Samstagabend ab 21 Uhr geschlossen werden mussten. Feuerwehr, Zivilschutz und die Polizei standen im Dauereinsatz.
Der Eltschenbach war im Bereich Parketterie in Wolfenschiessen über die Ufer getreten und hatte die Kantonsstrasse in Richtung Engelberg mit Geröll, Schutt und Kies zugedeckt. Dieses türmte sich teilweise bis drei Meter hoch.
Die Engelberger Aa trat «glücklicherweise knapp nicht über die Ufer», wie die Kantonspolizei Nidwalden schrieb. In der Region Oberrickenbach waren verschiedene Wanderwege durch Erdrutsche verschüttet und nicht passierbar.
In Wolfenschiessen kam es zu zahlreichen Evakuationen. Dutzende Personen mussten in der Nacht aus ihren Wohnungen in eine Zivilschutzanlage evakuiert werden. In Oberrickenbach musste auch ein Pfadilager mit 44 Personen für eine Nacht in eine Zivilschutzanlage untergebracht werden.
Am Sonntagmorgen um 9 Uhr konnte eine notfallmässige Verkehrsverbindung zwischen Wolfenschiessen und Engelberg geöffnet werden. Die Verbindung erfolgte bis 16:40 Uhr über eine Umfahrungsstrasse. Seither war die Hauptstrasse gemäss Kantonspolizei Nidwalden wieder einspurig befahrbar. Der Verkehr wurde mittels Ampel geregelt. Die vorherige Gewichtsbeschränkung für Fahrzeuge bis 3.5 Tonnen aufgrund der temporären Verkehrsführung wurde aufgehoben.
Bahnlinie bis Freitag gesperrt
Die Bahnlinie zwischen Wolfenschiessen und Engelberg bleibt hingegen mindestens bis kommendem Freitag gesperrt, wie die Zentralbahn mitteilte. Das Bahntrassee in Wolfenschiessen, der Kabelkanal sowie ein Bahnübergang wurde auf rund 150 Metern Länge mit Schutt überlagert und unterspült.
Sobald die Kantonsstrasse mit Bussen befahrbar ist, wollte die Zentralbahn einen Bahnersatz mit Bussen anbieten. Sie bat jedoch Reisende, wegen der eingeschränkten Kapazität auf nicht dringliche Fahrten zu verzichten.
Auch die Kantone Schwyz und Glarus wurden durch das heftige Gewitter mit Starkregen in Mitleidenschaft gezogen. Bei der Kantonspolizei Schwyz gingen bis Mitternacht rund zwei Dutzend Meldungen wegen Wassereinbrüchen in Häuser und überfluteten Strassen ein.
Heikle Situation im Kanton Bern
Stark getroffen wurden die Gemeinden Lauerz, Steinen und Goldau. Die Strasse zwischen Lauerz und Seewen war bis am Sonntagmorgen früh gesperrt. In Steinerberg wurde ein Jungwachtlager in eine Zivilschutzanlage evakuiert.
Heftige Regenfälle suchten am Samstagabend auch das Berner Oberland heim. Bei der Kantonspolizei gingen rund 30 Meldungen ein, wie eine Sprecherin auf Anfrage sagte. Wasser sei in Häuser und Keller eingedrungen, vor allem in der Region von Brienz, Meiringen-Hasliberg und Schattenhalb.