Extrembergsteigen Nur drei Bergsteiger haben tatsächlich alle 8000er-Gipfel erklommen

sda

21.7.2022 - 05:24

Der Dhaulagiri (l.) ist der höchste Gipfel des gleichnamigen nepalesischen Gebirgsmassivs im Himalaja. Mit 8167 Metern ist er unter allen 14 8000er-Gipfeln der siebthöchste Berg der Welt. (Archivbild)
Der Dhaulagiri (l.) ist der höchste Gipfel des gleichnamigen nepalesischen Gebirgsmassivs im Himalaja. Mit 8167 Metern ist er unter allen 14 8000er-Gipfeln der siebthöchste Berg der Welt. (Archivbild)
Bild: Keystone

Grössen des Extrembergsteigens wie Reinhold Messner waren gar nie auf allen 8000er-Gipfeln. Das sagt der Bergchronist Eberhard Jurgalski. Auch Reinhold Messner, der als Erster alle 14 Gipfel erreicht haben will, soll nur auf 13 wahren Gipfeln gewesen sein.

Die Geschichte des Extrembergsteigens muss möglicherweise umgeschrieben werden. Einem Experten zufolge haben in Wahrheit nur drei statt 44 Bergsteigerinnen und Bergsteiger alle 14 Berge über 8000 Meter bis zum eigentlichen Gipfel erklommen. Der Rest sei auf Vorgipfeln gestanden, die teilweise über 100 Meter vom Hauptgipfel entfernt waren, und habe vor der höchsten Stelle kehrtgemacht, sagte Bergchronist Eberhard Jurgalski in einem Interview mit den Tamedia-Zeitungen vom Donnerstag. Der 69-jährige Deutsche analysierte mit einem Team über Jahre Gipfelbilder, Routenbeschreibungen der Protagonisten und Korrespondenzen.

Den Erkenntnissen zufolge stand auch Reinhold Messner, der als Erster alle 14 Gipfel erreicht haben will, nur auf 13 wahren Gipfeln. Gleiches gilt für andere bekannte Alpinisten wie den Schweizer Erhard Loretan. Zudem stand laut Jurgalski noch gar nie eine Frau auf allen 8000er-Gipfeln. Dies behaupteten bislang jedoch vier Frauen von sich.

Der Bergchronist hatte Teile der Erkenntnisse bereits vor drei Jahren veröffentlicht. 2021 und jüngst 2022 legten er und sein Team detailliertere Dossiers über zu Fehleinschätzungen einladenden Gipfelzonen nach. Die Recherchen wurden auf der Website www.8000ers.com publiziert.

«Toleranzzonen» schaffen?

Als «Nestbeschmutzer» sieht sich Jurgalski, der nie höher als auf 2000 Metern stand und im Flachland lebt, nicht. «Wir Chronisten wollen ja niemandem Böses. Wir haben bloss die Fehler entdeckt.» Wenn man bekannte Besteigungen prüfe und herausfinde, dass sie nicht korrekt seien, müsse man das als Chronist sagen dürfen. «Wir machen doch alle Fehler, warum sollten diese Stars der Berge davon ausgenommen sein?»

Die Bergsteiger-Grössen glaubten, ihr Heldenstatus ginge verloren, sagte Jurgalski. «Dabei sind ihre Leistungen ohnehin sensationell. Und keiner betrog mit Absicht.» Der deutsche Extrembergsteiger Ralf Dujmovits hatte in der Vergangenheit dafür plädiert, bei jenen 8000er-Bergen, an denen sich die meisten Bergsteiger vertan haben, «Toleranzzonen» um die eigentlichen Gipfel zu bezeichnen.

sda