Antifa-Prozess Angriff auf Polterabend – Zürcher Gericht spricht Linksextremen frei

fn, sda

10.3.2021 - 13:57

Der 29-jähriger ETH-Student wurde am Mittwoch vom Zürcher Bezirksgericht freigesprochen. 
Der 29-jähriger ETH-Student wurde am Mittwoch vom Zürcher Bezirksgericht freigesprochen. 
Bild: Keystone

Am Mittwoch kam es in Zürich zu einem viel beachteten Prozess gegen einen Antifa-Anhänger, der bei Gewalteskalationen dabei gewesen war. Wegen fehlenden Beweisen wurde er vollumfänglich freigesprochen. 

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Immer im Schlepptau der Antifa-Szene, aber Gewalt kann ihm nicht bewiesen werden: Das Bezirksgericht Zürich hat am Mittwoch einen 29-jährigen ETH-Doktoranden freigesprochen, obwohl er erwiesenermassen bei zwei Gewalteskalationen dabei war.

In beiden Fällen kam das Gericht zum Schluss, dass der Physiker zwar dabei war – ob er selber auch gewalttätig worden sei, könne aber nicht zweifelsfrei bewiesen werden. Deshalb wurde der langjährige Antifa-Sympathisant vollumfänglich freigesprochen.

Er erhält nun 2600 Franken als Entschädigung für die zwölf Tage in Untersuchungshaft. «Sehen Sie, der so verhasste Staat achtet die Rechtsstaatlichkeit», sagte der Richter deshalb zum Beschuldigten, der beim Prozess jegliche Aussagen verweigert hatte.

Der Staatsanwalt hatte eine bedingte Freiheitsstrafe von 18 Monaten gefordert – und ging nun komplett leer aus. Ob er das Urteil weiterzieht, ist offen.

Angriff auf Polterabend

Beim ersten Vorfall, bei dem der Schweizer «zufällig dabei» war, handelte es sich um einen Angriff auf einen Polterabend im Zürcher Niederdorf. Im September 2019 stürmten 20 bis 30 Vermummte auf eine Männergruppe los und verprügelten sie mit Fahrradketten, Stangen, Flaschen und Steinen. Auch Pfeffersprays setzten sie ein. Mehrere der Polterabend-Teilnehmer wurden verletzt.

Danach brüsteten sich die Angreifer auf einer einschlägigen, linken Plattform damit, dass sie den Polterabend eines Rechtsradikalen erfolgreich beendet hätten. Pech für den Physik-Doktoranden: Er verlor am Tatort Baseballkappe und Sonnenbrille mit DNA-Spuren.

Für den Richter sind diese zwei Gegenstände aber «kein Beweis, dass er selber auch zugeschlagen hat». Niemand habe ihn als Schläger identifizieren können. Auch beim zweiten, gewaltsamen Vorfall kam das Gericht zum Schluss, dass es keine Beweise für Gewalt gebe.

Gewalt beim G20-Gipfel in Hamburg

Der Doktorand war erwiesenermassen bei den gewaltsamen Demonstrationen am Rande des G20-Gipfels in Hamburg im Jahr 2017 dabei. Auch hier hatte er wieder Pech: Er wurde gefilmt, als er sich mit anderen Demonstranten auf einem Firmengelände aufhielt. Die Deutsche Polizei konnte ihn identifizieren, weil sie die Videoaufnahmen mit einer Gesichtserkennungssoftware auswertete.

Aber auch hier gab es für das Zürcher Bezirksgericht keinen stichhaltigen Beweis, dass er selber an der Randale beteiligt war und Polizisten mit Steinen, Flaschen und Böllern angriff. «Vielleicht sind Sie einfach immer dort dabei, wo die Antifa-Szene am Wirken ist. Wir wissen es nicht», sagte der Richter weiter.

«Ich kann das nur gutheissen»

Von den Taten distanzieren wollte sich der Mann aber nicht. Den Angriff auf den Polterabend im Niederdorf könne er «nur gutheissen, wer auch immer das war», sagte er in seinem überlangen Schlusswort. Dieses Schlusswort wurde zu einem regelrechten Vortrag über Antifaschismus, vom 19. Jahrhundert bis hin zur SVP und zur Burka-Initiative.

Zur Verhandlung brachte er Dutzende Antifa-Sympathisanten als Unterstützung mit, die vor dem Gerichtsgebäude demonstrierten. Die Zürcher Stadtpolizei rückte mit einem Grossaufgebot an und führte mehrere Demonstranten ab.