TötungsdeliktFrauenfelder Gericht muss sich im Mordprozess auf Indizien stützen
hael, sda
27.2.2024 - 12:56
Im Prozess um ein Tötungsdelikt vor dem Bezirksgericht Frauenfeld TG ist auch am Dienstag der Kampf um die Überzeugungskraft der Anklageschrift weitergeführt worden. Gemäss den beiden Verteidigern bricht «das Beweisfundament» beim kleinsten Windhauch zusammen.
hael, sda
27.02.2024, 12:56
27.02.2024, 14:12
SDA
Beschuldigt sind ein heute 63-jähriger Schweizer Wirt und ein 59-jähriger italienischer Kranführer. Die beiden sollen im Dezember 2007 einen 27-jährigen Ägypter ermordet und im Thurgauer Barchetsee versenkt habe. Beide weisen jegliche Schuld weit von sich. Ihre Verteidiger verlangten vollumfängliche Freisprüche.
Der Staatsanwalt fordert eine Verurteilung der beiden Männer wegen Mordes und eine Bestrafung mit einer je lebenslänglichen Freiheitsstrafe. Das Gericht kann sich einzig auf Indizien stützen. Das Urteil ist für kommenden Montag vorgesehen.
Im Zentrum der Anklage steht eine Aussage, die der Schweizer Anfang 2022 gegenüber verdeckten Ermittlern gemacht hatte. Seine detaillierten Schilderungen von Tatplanung und Ablauf enthielten laut Ankläger «klassisches Täterwissen».
Aussage gegenüber verdeckten Ermittlern zentral
Die Anklage stützt sich auf die Glaubhaftigkeit dieser Aussagen des Schweizers. Beide Verteidiger bemühten sich, diese zu erschüttern. Sie kritisieren die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft scharf. Namentlich beanstandeten sie, der Einsatz verdeckter Ermittler sei unzulässig gewesen, die Aussagen des Schweizers dürften deshalb nicht verwendet werden.
Insgesamt sei die Indizienlage sehr dünn, das Beweisfundament würde bei der ersten unvoreingenommenen Betrachtung zusammenfallen. Schon der aufgeführte Tatablauf sei «widerlegt durch den Bericht der Rechtsmedizin». Der Beschuldigte habe gegenüber den verdeckten Ermittlern einfach fabuliert, habe den starken Macker markiert, habe sein Wissen aus den Medien gehabt.
«Mein Mandant lag im Bett»
Der Verteidiger des Italieners versuchte, diesen zum Vorneherein aus der Schusslinie zu nehmen. Es sei schlicht unmöglich, dass sein Mandant an der Tat hätte beteiligt sein können. Im Zentrum seiner Ausführungen stand ein ärztliches Attest. Es war seinem Mandanten ein paar Tage vor dem Tatzeitpunkt ausgestellt worden.
Der Mann habe schon lange vor dem Tötungsdelikt vom Dezember 2007 an immer wiederkehrenden Rückenproblemen gelitten, die ihn jeweils völlig ausser Gefecht setzten. In jenen Dezembertagen sei das Leiden einmal mehr akut gewesen. Am Transport einer Leiche hätte er sich nie und nimmer beteiligen können.
Sein Mandant habe zudem ein klares Alibi: Er sei mit höllischen Schmerzen in seinem Bett gelegen. Dies habe auch das Obergericht so gesehen und habe im November 2022 die Entlassung des Mannes aus der dreimonatigen Untersuchungshaft angeordnet.
Staatsanwalt kontert Kritik
Der Staatsanwalt schoss scharf zurück. Die Verteidiger hätten, wie es ihnen gerade gepasst habe, Dinge weggelassen, verdreht oder falsch wiedergegeben. Die Aussagen des Schweizers widersprächen keineswegs dem Bericht der Rechtsmedizin. Der Beschuldigte sei nicht einfach ein «Plauderi».
Der Einsatz der verdeckten Ermittler sei gesetzlich fundiert und vom Zwangsmassnahmengericht genehmigt worden. Und das ärztliche Attest sei kein generelles Alibi. Der Arzt habe die sich laufend verändernden Schmerzen des Italieners für den Tatabend nicht verbindlich beurteilen können.
«Liquidierungsauftrag» von Ehefrau
Die beiden Beschuldigten sollen laut Anklage den ihnen bekannten jungen Ägypter erschossen und im Thurgauer Barchetsee versenkt haben. Den Auftrag zu «Liquidierung» sollen sie von der Schweizer Ehefrau des Opfers erhalten haben, die ihren gewalttätigen Mann habe loswerden wollen.
Entdeckt wurde die Leiche am 13. Dezember 2007. Sie war mit einem Betonelement beschwert, das mit Seilen um den Körper gebunden war. Die Rechtsmediziner stellten vier Schussverletzungen fest, eine davon im Kopf.
Trotz umfangreicher Ermittlungen kam die Polizei der Täterschaft nicht auf die Spur. Das Tötungsdelikt wurde zum so genannten «Cold Case». Erst Jahre später rollten die Strafverfolgungsbehörden den Fall neu auf. Dabei wurden auch verdeckte Ermittler eingesetzt. Im August 2022 wurden die beiden Verdächtigen verhaftet. Der Schweizer ist bis heute in Haft.
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