Prozess Fussgänger von hinten zu Tode gefahren

SDA

13.2.2020 - 11:11

Markierungen der Spurensicherung der Polizei am Tatort vor der Kehrichtverbrennungsanlage Ibach bei Luzern. (Archivbild)
Markierungen der Spurensicherung der Polizei am Tatort vor der Kehrichtverbrennungsanlage Ibach bei Luzern. (Archivbild)
Source: KEYSTONE/ALEXANDRA WEY

Der Mann, der 2017 beim Strassenstrich in Luzern mit dem Auto auf drei Polen zusteuerte und einen von ihnen tötete, soll acht Jahre ins Gefängnis. Die Staatsanwältin erhöhte vor Gericht das Strafmass um zwei Jahre. Der Verteidiger forderte 18 Monate Freiheitsstrafe.

Bei der Befragung vor dem Luzerner Kriminalgericht sagte der 26-jährige Beschuldigte am Donnerstag, er und sein Cousin seien vor der Tat aus heiterem Himmel von den drei Polen als «Schlampen» beschimpft und angegriffen worden. «Wir waren beide verängstigt und wollten so schnell wie möglich nach Hause.»

Als er mit 60 bis 80 Stundenkilometern von hinten auf die Gruppe der drei Polen zufuhr, die sich auf dem Trottoir entfernt hatte, habe er das Gefühl gehabt, einer der dreien wolle etwas auf das fahrende Auto werfen. Da habe er erschrocken das Lenkrad losgelassen.

Das Auto fuhr in der Folge auf das Trottoir und kollidierte dort mit den drei Männern. Einer verstarb auf der Unfallstelle, ein zweiter wurde schwer verletzt, ein dritter am Bein verletzt. «Ich kann mich erinnern, dass es geknallt hat», sagte der Beschuldigte. Er habe aber nicht gewusst, was der Grund dafür gewesen sei. Er habe keine Personen festgestellt und sei nach Hause gefahren.

«Es war dumm»

«Es war dumm. Ich hätte wenigstens zurückfahren sollen, um zu schauen, was passiert ist.» Natürlich fühle er sich schuldig. «Ein Mensch ist tot wegen mir», sagte der Inhaber einer Lüftungsbaufirma.

Die Staatsanwältin sprach von einer Schutzbehauptung. Ein verkehrstechnisches Gutachten weise auf eine aktive Lenkbewegung hin. «Widersinnig ist die Behauptung des Beschuldigten, er habe Angst vor den Polen gehabt.» Diese seien daran gewesen, sich zu entfernen. Als unglaubwürdig taxierte sie auch die Aussage, dass er nicht gewusst habe, dass er eine Person angefahren habe.

Er sei mit voller Absicht auf die Gruppe zugefahren. Es sei dem Beschuldigten zugute zu halten, dass er vor der Kollision den Entschluss fasste, wieder nach links zu lenken. «Er versuchte im letzten Moment, die Kollision zu verhindern, was ihm aber nicht mehr gelang und fatale Folgen hatte.»

«Keine Reue»

Er habe die lebensgefährliche Verletzung, die zum Tode führen kann, in Kauf genommen. Daher sei er schuldig der vollendeten und der versuchten eventualvorsätzlichen Tötung. Zwar sei die Tat spontan geschehen, das Wegfahren zeuge aber von krimineller Energie.

Auch bagatellisiere er den Vorfall, zeige weder Einsicht noch Reue. Eine Gefängnisstrafe von acht Jahren sei angemessen. Die Tat stehe in keinem Verhältnis zum vorangegangenen Streit.

«Ich finde es erschreckend, dass der Angeklagte bis heute keine richtige Reue zeigt», sagte der Vertreter der Privatkläger. Er zeige ein absolutes Desinteresse. Mit einer angemessenen Bestrafung sei dieser Entwicklung entgegenzuwirken.

Fahrlässige Tötung

Der Verteidiger bestritt den Eventualvorsatz. «Ein Nachweis, dass er absichtlich auf die drei Polen zusteuerte, ist nicht erbracht», sagte er. Es sei nicht auszuschliessen, dass der grossgewachsene Beschuldigte allenfalls mit seinen langen Beinen das Steuerrad berührt habe.

Mit Verweis auf die Reaktionszeit sagte der Verteidiger, der Beschluss, wieder nach links zu lenken, müsse der Beschuldigte, der vor der Tat rund 1,5 Liter Bier getrunken hatte, bereits gefasst haben, als er auf das Trottoir fuhr.

Er plädierte daher auf fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung, weil der Beschuldigte mit der überhöhten Geschwindigkeit und dem Alkoholkonsum die Sorgfaltspflichten verletzte. Er forderte eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten bedingt.

Das Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt schriftlich eröffnet.

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