ProzessGrossmutter getötet und enthauptet – Täter ist schuldunfähig
ka, sda
25.11.2020 - 16:07
Ein 21-jähriger Mann war schuldunfähig, als er im Oktober 2018 seine Grossmutter tötete und ihr nachher den Kopf abschnitt. Dies hat das Bezirksgericht Frauenfeld in seinem Urteil vom Mittwoch entschieden.
Im Zentrum der Verhandlung stand der Vorwurf der vorsätzlichen Tötung sowie der Störung der Totenruhe. Der in Nordmazedonien geborene und seit 2015 in der Schweiz lebende Mann hatte seine Grossmutter in der Wohnung der Familie getötet und ihr danach mit einem Küchenmesser den Kopf abgeschnitten.
Die Tat selber war unbestritten. Bei der Befragung durch den Vorsitzenden des Gerichts bestätigte der Beschuldigte am Mittwochvormittag die ihm vorgeworfenen Handlungen. Er sei krank gewesen, sagte er dazu.
Stimmen im Kopf
Die Staatsanwältin schilderte, dass der junge Mann schon mehrere Monate vor der Tat Stimmen in seinem Kopf gehört habe. Auf seine Umgebung wirkte er zeitweise apathisch und brach dann grundlos in Gelächter aus. Er wurde ins Spital eingeliefert und abgeklärt, danach aber wieder entlassen.
Die Stimmen hätten ihm befohlen, die Grossmutter, mit der er ein sehr enges Verhältnis hatte, zu töten, so die Anklage. Ein Motiv gab es nicht. Er würgte die im Gebet am Boden kniende Frau zuerst, bis sie bewusstlos war. Danach holte er ein Küchenmesser und tötete sie mit Stichen in die Brust. Den abgeschnittenen Kopf packte er in Plastiksack und Frotteetuch ein und nahm ihn im Rucksack mit.
Der Kopf der Medusa
Die Staatsanwältin zog in ihrem Plädoyer den Bogen bis zur griechischen Mythologie: Der Beschuldigte sei von einem Bildnis des abgeschlagenen Kopfes der Sagenfigur Medusa fasziniert gewesen. Er habe dazu recherchiert und die Darstellung auch in seinem Handy gespeichert. Seine Wahrnehmung sei symbolisch aufgeladen und krankhaft verzerrt gewesen, stellte sie fest.
Nach der Tat wollte er nach Ägypten fliehen und den Kopf der Grossmutter unterwegs in Spanien ins Meer werfen. Der 21-jährige wurde dann allerdings schon am Flughafen Zürich festgenommen, wenige Stunden nach der Tat.
In einem psychiatrischen Gutachten wurde Schizophrenie diagnostiziert. Die Anklage forderte eine stationäre therapeutische Massnahme – auch kleine Verwahrung genannt. Dagegen gab es von der Verteidigung keinen Einspruch. Strittig in der Verhandlung war deshalb vor allem noch die Landesverweisung von 15 Jahren, die von der Anklage gefordert wurde.
Dagegen wehrte sich der Anwalt des Beschuldigten. Der wichtigste Kontakt seines Mandanten – einem Staatsbürger von Nordmazedonien und Italien – sei die Familie und die lebe in der Schweiz. Ein Verbleib sei die Voraussetzung für ein Gelingen der therapeutischen Massnahmen. Es handle sich hier um eine nicht-obligatorische Landesverweisung, die vor allem für Kriminaltouristen gedacht sei.
15 Jahre Landesverweis
Das Bezirksgericht sprach den Beschuldigten in seinem noch nicht rechtskräftigen Entscheid in den beiden Hauptanklagepunkten wegen Schuldunfähigkeit frei und verfügte eine stationäre therapeutische Massnahme. Dazu sprach es eine Landesverweisung von 15 Jahren aus. Er habe ausser der Familie kaum gelebte Kontakte in der Schweiz, hiess es unter anderem in der Begründung des vorsitzenden Richters.
Schuldsprüche gab es in einigen Nebenpunkten. Wegen Widerhandlungen gegen das Waffen- und gegen das Betäubungsmittelgesetz und wegen einer Tätlichkeit erhielt der Beschuldigte eine bedingte Geldstrafe von zehn Tagessätzen à 30 Franken und dazu eine Busse von 475 Franken.
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