Gewaltverbrechen Horrorfilme als Vorbild: «Killer-Paar» soll Rentnerin erstochen haben

dpa

7.2.2018

Der Eingang des Landgerichts im hessischen Darmstadt. Foto: Christoph Schmidt
Der Eingang des Landgerichts im hessischen Darmstadt. Foto: Christoph Schmidt

In der Psychiatrie verlieben sich zwei Menschen ineinander und beschliessen, Serienmörder zu werden. So sieht es die Anklage. Das Paar aus Südhessen (D) soll kurz darauf eine vermeintlich reiche Frau getötet haben - und steht nun wegen Mordes vor Gericht.

Nach den tödlichen Stichen auf eine 81-Jährige fühlten sich die Angeklagten laut Gutachter zeitweilig wie das berühmte Verbrecherpaar Bonnie und Clyde. Ein knappes Jahr später würdigen sie sich vor dem Darmstädter Landgericht fast keines Blickes mehr. Die 38 Jahre alte Frau und ihr zehn Jahre jüngerer Ex-Freund stehen seit Mittwoch wegen gemeinschaftlichen Mordes vor dem Schwurgericht. Zur Anklage äussern sich beide am ersten Verhandlungstag nicht. Dafür haben der Verteidiger der Frau, der psychiatrische Gutachter des Mannes und zahlreiche Zeugen das Wort.

Vorbilder aus dem TV

Angeregt von Horrorfilmen und einer Fernsehserie über echte «Killer-Paare» sowie aus Geldnot sollen sich die beiden im März 2017 entschieden haben, Serienmörder zu werden. Als erstes Opfer wählten sie laut Staatsanwaltschaft die dem Angeklagten als grosszügig bekannte Rentnerin aus dem hessischen Dieburg aus - eine Nachbarin seiner Mutter.

Das Paar soll bei der alten Frau im März 2017 geklingelt und in der Wohnung elfmal auf sie eingestochen haben; der Angeklagte von hinten, seine mutmassliche Komplizin von vorne. Die Frau starb noch am Tatort, kurz zuvor wählte sie offenbar noch schwer atmend den Notruf, konnte aber nicht mehr sprechen.

Der 28-Jährige suchte laut Anklage nach den tödlichen Stichen im Schlafzimmer der Frau unter der Matratze nach Geld, fand aber keins. Die Täter flüchteten anschliessend lediglich mit den Eheringen der alleinstehenden Witwe und ihres gestorbenen Mannes.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass beide Angeklagte gemeinschaftlich und heimtückisch handelten, vorrangig aus Tötungswillen, aber auch aus Habgier. «Ihr soziales Umfeld war nicht mehr bereit, ihnen Geld zu leihen oder schenken», sagte Staatsanwalt Nico Kalb.

Das arbeitslose Paar hatte sich Anfang 2017 in einer psychiatrischen Klinik in Gross-Umstadt (D) gefunden. Der Angeklagte sei wegen einer schizophrenen Erkrankung behandelt worden, die Frau wegen Depressionen und Alkoholabhängigkeit. Wegen ihrer Beziehung hätten sie die Klinik verlassen müssen, seien aber zusammengeblieben. Dabei hätten sie sich regelmässig Horrorfilme und online die Serie «Killer-Paare» angeschaut und «nach einer Aufwertung ihres erheblich reduzierten Selbstwertgefühls gesucht», sagte der Staatsanwalt. «Spätestens am Nachmittag des Tattags beschlossen sie, Serienmörder zu werden.»

Flucht nach Spanien

Am Tag nach der mutmalichen Tat besuchten sie die Mutter des Angeklagten in der Nachbarwohnung des Tatorts und sahen den Ermittlungen der Polizei zu. Schliesslich flüchteten sie mit dem Auto der 38-Jährigen über Frankreich nach Spanien. In der südspanischen Hafenstadt Algeciras wurden sie eine Woche später festgenommen und bald darauf nach Deutschland ausgeliefert.

Die 38-Jährige werde sich im Laufe des Verfahrens äussern, kündigte ihr Anwalt am Mittwoch an. Die Anklage stütze sich lediglich auf allgemeine Indizien und Aussagen des Angeklagten, der die Tatbeteiligung seiner Mandantin dabei immer mehr erhöht habe. Die Angeklagte habe ihm zwar bei der Flucht geholfen und sich insofern nicht rechtens verhalten; das Paar sei aber auch nach ihrem Anruf festgenommen worden.

Der Angeklagte, der wegen seiner psychischen Erkrankung in einer Forensischen Psychiatrie untergebracht ist, hatte mehrfach mit dem Gutachter Ernst-Ulrich Vorbach über die Tat gesprochen und diese auch gestanden. Der psychiatrische Sachverständige sprach vor der Strafkammer von «elementaren Widersprüchen». So habe der Beschuldigte zunächst gesagt, seine frühere Freundin sei bei der Tat nicht anwesend gewesen. Später habe er behauptet, sie habe auch zugestochen und er wisse nicht, wer von ihnen beiden die Rentnerin letztlich umgebracht habe. Um einer Auslieferung zu entgehen, hätten sie nach der Tat nach Afrika fliehen wollen. Auf dem Weg dorthin hätten sie sich wie Bonnie und Clyde gefühlt.

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