Brauchtum Im Januar segnen Tessiner Dörfer ihre Nutztiere

SDA

22.1.2018 - 12:59

Pfarrer Don Olivero Bernasconi (Mitte) der Tessiner Gemeinde Genestrerio gibt Pferden und Hunden den Segen des Heiligen Antonius Abate, des Schutzpatrons der Nutztiere. (Archiv)
Pfarrer Don Olivero Bernasconi (Mitte) der Tessiner Gemeinde Genestrerio gibt Pferden und Hunden den Segen des Heiligen Antonius Abate, des Schutzpatrons der Nutztiere. (Archiv)
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Derzeit begegnet man in Tessiner Dörfern oft derselben Szenerie. Eine Gruppe Menschen in Begleitung ihrer Hunde oder Katzen, Ziegen oder Pferden nehmen vor einer Kirche die Segnung ihres Priesters entgegen.

Das Bildchen des Heiligen Antonius Abate, des Heiligen der Bauern und ihrer Nutztiere, der Schweinehirten und Metzger, begleitet die Gruppe danach durchs Jahr. Der Heilige Antonius, der von Mitte des dritten bis zur Mitte des vierten Jahrhunderts gelebt haben soll und dessen Gedenktag in fast allen christlichen Religionen auf den 17. Januar fällt, war ein begüterter Bauernsohn aus Mittelägypten, der seinen Hof verkaufte und als Einsiedler und Asket lebte.

Im Tessin, wie in allen südlichen Regionen wird Antonius verehrt und sein Jahrestag mit Tiersegnungen begangen. Was heutzutage angesichts der vielen Meerschweinchen und Kaninchen bei diesen Segnungen nach einer Modeerscheinung aussehen mag, hat eine lange Tradition in den agrarischen oder ehemals agrarischen Gesellschaften.

Antonius war als Bauernsohn ein Pragmatiker, dennoch ehrte er das Wesen des Tieres, das den Menschen als Nahrung dient oder bei schweren Arbeiten hilft.

Segnung zum eigenen Schutz

Motiv der Segnung ist die zentrale Rolle der Nutztiere in der Landwirtschaft. Das Leben der Menschen war so eng mit den Tieren verknüpft, dass man sie segnen liess, hoffend, dass man dann auch selber besser geschützt sei.

So beschrieb der Tessiner Schriftsteller Plinio Martini in seinem Roman "Nicht Anfang und nicht Ende", wie viele Bauern und Hirten auf der Suche nach ihren auf den Alpweiden verunglückten Tieren selber abstürzten, "so dass man schon froh war, wenn man einen noch vom Berg herunterbrachte. Da konnte man dann sagen, man habe ihn wenigstens noch in seinem Bett sterben sehen".

Zudem war der Wert eines Rindes grösser als der Wert einer Frau. Ein armer Bauer fand leichter wieder eine Frau, wenn seine abgestürzt war, als dass er ein abgestürztes Rind hätte ersetzen können.

Tiersegnung im Herbst

Auch im Herbst gibt es Tiersegnungen: am 4. Oktober im Namen von Franziskus von Assisi. Er war - als Sohn eines begüterten Tuchhändlers - nicht so pragmatisch wie Antonius, sondern eher der Schöngeist unter den tierschützenden Heiligen.

Für Franziskus ist die ganze Schöpfung Gottes Gabe - Tiere sind Mitgeschöpfe und sollen behandelt werden wie die Familie oder Freunde. Deshalb war für den Heiligen neben der menschlichen Fürsorge auch die für alle Tiere ein besonderes Anliegen.

Verfasserin: Barbara Hofmann, sfd

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