Huldigungen für Putin und scharfe Kritik am Westen Jewgeni Prigoschin: Putins Koch und Herr der Trolle

Vladimir Isachenkov, AP

3.3.2018

Jewgeni Prigoschin, rechts, zeigt dem russischen Präsidenten Wladimir Putin seine Fabrik.
Jewgeni Prigoschin, rechts, zeigt dem russischen Präsidenten Wladimir Putin seine Fabrik.
Alexei Druzhinin/POOL SPUTNIK KREMLIN/dpa/AP

Er hat es vom Betreiber einer Imbissbude zum Milliardär geschafft. Aber die Aktivitäten von Jewgeni Prigoschin sollen weit über die Gastronomie hinausgehen.

Sein Hauptgeschäft ist die Gastronomie. Deswegen hat Jewgeni Prigoschin auch den Spitznamen «Putins Koch» erhalten. Doch der Unternehmer aus St. Petersburg betreibt beispielsweise auch noch ein Militär-Unternehmen, das auf den Schlachtfeldern in der Ukraine und in Syrien mitmischt. Ganz besonders interessant für den Kreml ist jedoch Prigoschins wachsendes Medienimperium.

Es heisst, er kontrolliert mehr als ein Dutzend Nachrichtenportale in Russland. Diese ziehen Millionen von Besuchern an und sind ein wichtiges staatliches Propagandamittel mit Blick auf die Wahl am 18. März, bei der Präsident Wladimir Putin für eine weitere Amtszeit bestätigt werden möchte.

Bei den Medienunternehmen hält man sich bedeckt bei Fragen nach ihren Eigentümern. Aber eine Recherche des angesehenen Wirtschaftsmagazins «RBC» und andere Medienberichte zeigten Verbindungen mit Prigoschins Unternehmen, darunter auch die Trollfabrik, eine verdeckte Organisation, die im Auftrag des russischen Staates Manipulationen im Internet betreibt.

Trollfabrik alias Agentur für Internet-Forschung

Prigoschin ist nun einer von 13 Russen, die US-Sonderermittler Robert Mueller angeklagt hat. Die Vorwürfe lauten: Konspiration, Betrug unter Einsatz von Kommunikationsmitteln, Bankbetrug und schwere Fälle von Identitätsdiebstahl.

Die Trollfabrik, die unter dem unscheinbaren Namen Agentur für Internet-Forschung agierte, operierte anfänglich unter dem gleichen Dach in St. Petersburg wie die sogenannte Bundesnachrichtenagentur und andere Medienunternehmen, die mutmasslich Prigoschin gehören.

Nur gut drei Jahre nach ihrer Gründung haben die Bundesnachrichtenagentur und 15 andere Nachrichtenportale, die unter Prigoschins Kontrolle stehen sollen, mehr als 30 Millionen Besucher monatlich und damit die führenden Nachrichtenagenturen des Staates überholt. Die Themen sind breit gefächert, sie reichen von Auslandspolitik über Wirtschaft bis hin zu Prominenten. Aber der Ton ist immer der Gleiche: Huldigungen für Putin und scharfe Kritik am Westen.

«Enge Verbindungen zu den höchsten Rängen der Macht»

«Sie wollen den Informationsraum dominieren und die Nachrichtenagenda bestimmen», sagt der Moskauer Politikanalyst Dmitri Oreschkin. Er verweist darauf, dass Prigoschins Aktivitäten Putin zugutekommen. Umgekehrt habe Prigoschin dafür zuletzt einen 1,2 Milliarden Dollar schweren Auftrag des Verteidigungsministeriums über die Versorgung des Militärs mit Lebensmitteln und anderen Diensten erhalten. «Enge Verbindungen zu den höchsten Rängen der Macht eröffnen den Zugang zu Verträgen mit dem Staat», sagt er. Wer solche Verbindungen habe, habe immer genug Geld.

Die Bundesnachrichtenagentur ist das grösste der mutmasslich 16 Medienunternehmen Prigoschins. Nun, da die Wahl näher rückt, verbreitet sie regelmässig Überblicke und Zitatensammlungen dazu, wie sich das Leben unter Putin verbessert habe. Gerade erschien dort zudem ein langer Beitrag über Probleme beim US-Militär, das demnach von Drogensucht, Verbrechen und niedriger Moral geplagt wird.

Aufsehen hat das Portal mit Dutzenden Berichten von den Fronten in der Ukraine und Syrien generiert, wo Prigoschins Söldner-Truppe, die Wagner-Gruppe, agiert. Die Reporter der Agentur waren unter anderem die ersten, die aus der Stadt Palmyra berichteten, nachdem diese von der IS-Terrormiliz befreit worden war.

Kampf vor Gericht

Prigoschins Medienunternehmen beschäftigen mehrere Hundert Journalisten. Die Gehälter sind dort höher als in anderen Medienhäusern in St. Petersburg. Neben dem Ausbau seines eigenen Imperiums geht Prigoschin auch massiv gegen unliebsame Berichte über seine Geschäfte vor. Vergeblich versuchte er vor Gericht, mehrere Dutzend kritische Beiträge aus den Ergebnislisten von Suchmaschinen löschen zu lassen, die sich mit seinen Geschäften befassten.

Eine Zeitung, die mit Prigoschin in Verbindung gebracht wird, verbreitete einen Artikel über Aktivisten, die sich für die Rechte von Homosexuellen einsetzen und sich angeblich mit dem früheren US-Präsidenten Barack Obama während dessen Besuchs beim G20-Gipfel getroffen hätten. Ein Fake, der mutmasslich als Retourkutsche für die US-Kritik am russischen Gesetz gegen «homosexuelle Propaganda» gedacht war. Ein Doppelgänger des russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny wurde zudem vor dem Hotel Obamas gefilmt - als angeblicher Beleg dafür, dass Nawalny die Interessen der USA vertritt, wie es der Kreml immer wieder betont.

Neun Jahre Gefängnis

Prigoschin selbst äussert sich kaum in den Medien. In einem seiner seltenen Interviews mit einer Zeitung in St. Petersburg aus dem Jahr 2011 berichtete er von einem Märchen, das er selbst geschrieben habe: Es handelte von Zwergen, die einen König vor Missgünstigen schützten.

Prigoschin sass in Sowjetzeiten wegen Raubes und anderer Delikte neun Jahre im Gefängnis. Sein Geschäft begann er mit einem Hot-Dog-Stand, mittlerweile ist er nach eigener Aussage mit mehreren europäischen Royals per Du. Putin schätze an ihm seine Geschicklichkeit im Geschäftsleben ebenso wie sein bescheidenes Auftreten, erklärte er. «Wladimir Putin hat gesehen, wie ich mein Geschäft von dem anfänglichen Imbiss entwickelt habe. Und er hat auch gesehen, dass ich mich nicht scheue, Würdenträgern, die meine Gäste sind, persönlich das Essen zu servieren.»

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