Dresdner Millionen-RaubBerliner Clan-Mitglieder stehen vor Gericht
dpa
28.1.2022 - 10:55
Vor zwei Jahren raubten Einbrecher in Dresden Schätze im Wert von über 113 Millionen Euro. Von der Beute fehlt weiterhin jede Spur. Vor Gericht verantworten müssen sich nun sechs junge Männer eines bekannten Clans.
DPA
28.01.2022, 10:55
28.01.2022, 15:55
Aus Sachsens Schatzkammermuseum Grünes Gewölbe werden kostbare historische Juwelen gestohlen. Der Einbruch macht auch international Schlagzeilen – ebenso wie die Jagd nach den Tätern. Nun ist der spektakuläre Fall vor Gericht.
Mehr als zwei Jahre nach dem Juwelendiebstahl aus dem Historischen Grünen Gewölbe in Dresden beginnt am Landgericht der Prozess gegen sechs mutmassliche Täter. Die bei mehreren Razzien gefassten 23- bis 28-Jährigen sind wegen schweren Bandendiebstahls, Brandstiftung und besonders schwerer Brandstiftung angeklagt.
Die Grosse Strafkammer verhandelt aus Sicherheitsgründen im für Terror- und Extremismusverfahren geschaffenen Spezialsaal des Oberlandesgerichts Dresden am Stadtrand. Das Medieninteresse ist gross, die Plätze fürs Publikum sind wegen Corona begrenzt. Zum Auftakt sind keine Zeugen geladen, wie ein Gerichtssprecher sagte.
Sachschaden in Höhe von einer Million Euro
Die Staatsanwaltschaft wirft den jungen Männern vor, für den Einbruch ins Dresdner Residenzschloss am 25. November 2019 verantwortlich zu sein. Sie sollen 21 Schmuckstücke mit insgesamt 4300 Diamanten und Brillanten im Gesamtwert von über 113 Millionen Euro entwendet und im Zuge des spektakulären Coups auch Sachschäden in Höhe von über einer Million Euro hinterlassen haben. Der Anklage zufolge hatten sie einen Stromkasten in Schlossnähe sowie ein Fluchtauto in der Tiefgarage eines Wohnhauses angezündet – und waren bewaffnet.
Zwei Männer drangen demnach am frühen Morgen durch ein präpariertes Fenster in das Residenzschloss in der Altstadt ein, schlugen mit einer Axt Löcher in eine Vitrine und rissen befestigte Schmuckstücke aus dem 17. und 18. Jahrhundert heraus. Die Ermittler sind überzeugt, dass das Verbrechen auf das Konto krimineller Mitglieder eines bekannten Berliner Clans geht, der auch für Straftaten wie den Diebstahl der «Big Maple Leaf»-Goldmünze aus dem Berliner Bode-Museum 2017 in den Fokus geriet.
Die nach und nach in Berlin gefassten Tatverdächtigen sind Brüder und Cousins. Besonders pikant: Zwei von ihnen gehörten zur Tatzeit zu den Angeklagten im Goldmünze-Prozess am Landgericht Berlin, waren aber auf freiem Fuss. Inzwischen sitzen sie jeweils eine mehrjährige Jugendstrafe ab, zu der sie im Februar 2020 verurteilt wurden. Die vier anderen sind seit Monaten in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft ist sicher, dass alle unmittelbar Tatbeteiligten gefunden sind. Die Angeklagten haben sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft bisher nicht zu den Vorwürfen geäussert.
Mehr als weitere 40 Personen verdächtig
Weil zwei Beschuldigte zur Tatzeit in juristischem Sinne Heranwachsende waren, agiert die Strafkammer als Jugendkammer. Sie hat sich auf Monate eingestellt und bis Ende Oktober 50 Verhandlungstage terminiert, Fortsetzung möglich. Die Hauptakte zu dem Fall umfasst 65 Bände, und auch wegen der Zahl der Verfahrensbeteiligten ist es ein besonderer Prozess: Mit dabei sind 14 Verteidiger – Anwälte aus Dresden, Leipzig, Berlin, Hannover und Hamburg -, drei Staatsanwälte, Vertreter der Jugendgerichtshilfe und Dutzende Zeugen.
DNA-Spuren aus Autos und vom Tatort, Videos, Daten und Zeugenaussagen stützen laut Staatsanwaltschaft den ermittelten Ablauf der Tat. Die Arbeit der Sonderkommission «Epaulette», benannt nach einem der Beutestücke, geht unterdessen weiter. Gegen weitere 40 Beschuldigte, darunter vier Wachmänner sowie vier mögliche Helfer der Täter, gebe es einen begründeten Anfangsverdacht.
Kriminalbeamte fordern nachhaltigen Einsatz gegen Clans
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) mahnte, der Einsatz gegen kriminelle Clan-Mitglieder dürfe nicht nur ein kurzer Trend bleiben, sondern es brauche Zeit und kriminalistisches Wissen. «Hier müssen sich dauerhaft Schwerpunkt-Dienststellen entwickeln, die im Verbund mit den Staatsanwaltschaften, Finanzbehörden und dem Zoll noch enger zusammenarbeiten und auch mit den dringend erforderlichen Personalressourcen ausgestattet werden», sagte der BDK-Bundesvorsitzende Dirk Peglow den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Unter anderem sprach er sich für Aussteigerprogramme aus. «Viele Mitglieder dieser Grossfamilien sind nicht kriminell oder wollen raus aus Drucksituationen, in denen sie zur Kriminalität gedrängt werden», erklärte Peglow dazu.
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