China Kein Platz mehr: Auf chinesischen Friedhöfen wird es eng

tsha

19.4.2019

In Peking kümmert sich ein Mann um das Grab seiner Angehörigen. In Zukunft könnten solche Szenen seltener werden.
In Peking kümmert sich ein Mann um das Grab seiner Angehörigen. In Zukunft könnten solche Szenen seltener werden.
Bild: Keystone

Auf Chinas Friedhöfen herrscht akuter Platzmangel. Die Regierung propagiert deswegen eine Lösung, die eigentlich der Kultur des Landes widerspricht.

Auf der Liste der bevölkerungsreichsten Länder der Erde steht China nur auf Platz 26, noch hinter der Schweiz. Es gibt viel Platz in dem Riesenreich – zumindest in der Theorie. Denn während der Westen Chinas nur wenig besiedelt ist, wird es in den Metropolen an der Ostküste immer enger. Das bekommen seit Jahren nicht nur die dortigen Bewohner zu spüren – sondern auch die Toten. 

So ist es heute in manchen Städten fast unmöglich, auf dem Friedhof einen Platz für eine Erdbestattung zu bekommen. Besonders dramatisch ist die Lage in der Hauptstadt. «In Peking gibt es insgesamt 43 offizielle Friedhöfe», erklärt der Pekinger Bestatter Wang Xianfa gegenüber dem «Deutschlandfunk». «Wenn die Regierung den Platz für Gräber nicht weiter beschränkt, reicht es für die Pekinger vielleicht nur noch für etwa zwei Jahre.» Andere Experten rechnen damit, dass in sechs Jahren der Platz ausgeht.

Auf chinesischen Friedhöfen, wie hier in Peking, sieht man immer häufiger Urnenwände.
Auf chinesischen Friedhöfen, wie hier in Peking, sieht man immer häufiger Urnenwände.
Bild: Keystone

Ein Grab für 150'000 Franken

So oder so: Es wird eng. Und das bekommt vor allem die ärmere Bevölkerung zu spüren. «In Städten wie Peking oder Schanghai kostet ein Grab mehr als 100'000 Yuan, fast 13'000 Euro», zitiert der «Deutschlandfunk» Liu Peng, dem eines der grössten Bestattungsunternehmen in Peking gehört. «Auf den Quadratmeter gerechnet ist das teurer als eine Immobilie. Auf dem sehr beliebten Tianshou-Friedhof kosten die teuersten Gräber etwa eine Million Yuan.» Das sind umgerechnet fast 150'000 Franken.

Die chinesische Regierung propagiert deswegen seit Jahren Feuerbestattungen. Denn Urnen benötigen weniger Platz als Särge. Doch eigentlich widerspricht diese Form der Bestattung der chinesischen Kultur. So wurden früher Menschen nur in Ausnahmefällen kremiert, da der Konfuzianismus die Verbrennung des Leichnams der Eltern als Verletzung der Kindespflicht ansieht. Feuerbestattet wurden traditionell nur buddhistische Mönche oder Angehörige mancher ethnischer Minderheiten.

Die kommunistische Partei fördert zwar schon seit Jahren wieder die alten konfuzianischen Werte. Dennoch will sie, dass in Zukunft jeder Vestorbene verbrannt wird. Sogar in den aktuellen Fünfjahresplan hat es dieses Ziel geschafft. Da aber auch Urnen Platz brauchen, geht die Regierung nun noch einen Schritt weiter: Laut einem neuen Gesetzesentwurf darf ein Urnengrab nicht grösser als einen halben Quadratmeter sein.

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